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Fa|bel ['fa:bl̩], die; -, -n:1. [kurze] von Tieren handelnde Geschichte mit belehrendem Inhalt:
die Fabel vom Fuchs und dem Raben.
Zus.: Tierfabel.
2. (Literaturwiss.) Handlung (2):
die Fabel des Romans wiedergeben.
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Fa|bel 〈f. 21〉
1. 〈i. e. S.〉 lehrhafte, oft witzig-satir. Erzählung, in der die Tiere so wie Menschen handeln u. in der eine allgemeine Wahrheit od. Moral zum Ausdruck gebracht wird
2. 〈i. w. S.〉
2.1 der einfache Handlungsablauf einer Dichtung ohne Nebenhandlungen, Grundplan einer Dichtung
2.2 erdichtete, unglaubl. Geschichte
● das gehört ins Reich der \Fabel das ist unglaubhaft, ist erfunden [<mhd. fabele „(unwahre) Erzählung, Märchen“ <afrz. fable <lat. fabula; zu idg. *bha- „sprechen“; verwandt mit Bann]
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Fa|bel , die; -, -n [mhd. fabel(e) < (a)frz. fable < lat. fabula = Erzählung, Sage, verw. mit fari, ↑ Fatum]:
1. lehrhafte, oft satirische Erzählung in Vers od. Prosa, in der Tiere nach menschlichen Verhaltensweisen handeln u. in der eine allgemein anerkannte Wahrheit, eine praktische Lebensweisheit o. Ä. veranschaulicht wird:
eine lehrreiche F.;
die F. vom Fuchs und den Trauben.
2. erfundene, fantastische Geschichte:
jmdm. eine F. auftischen.
3. (Literaturwiss.) einer Dichtung zugrunde liegende Handlung in ihren wesentlichen Zügen:
die F. des Romans ist nicht gerade neu.
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Fabel
[von lateinisch fabula »Erzählung«, »Sage«],
1) Stoff- und Handlungsgerüst, das einem epischen oder dramatischen Werk zugrunde liegt.
2) epische Kurzform, eine in Vers oder Prosa abgefasste, kurze Erzählung mit lehrhafter Tendenz, in der zumeist Tiere menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen verkörpern. In ihrem antithetischen Aufbau (gegensätzliche Einstellungen oder Verhaltensweisen zweier oder mehrerer Tiere), der Darstellung einer dramatischen Handlungsumkehr und der Ausrichtung auf eine wirkungsvolle Schlusspointe zielt die Fabel auf die Versinnbildlichung einer allgemein gültigen Sentenz, auf religiöse, moralische oder praktische Belehrung oder Kritik.
Tierdichtungen gehören von jeher zum volkstümlichen Erzählgut aller Völker. Die ältesten Fabeln stammen aus Mesopotamien. Tierfabeln finden sich schon in sumerischen Texten des frühen 2. Jahrtausends v. Chr. Als Vorbild der europäischen Fabeln gelten die äsopischen Fabeln (Aisopos). Entscheidend für die inhaltliche und formale Ausbildung der äsopischen Fabeln wurden die griechischen Umdichtungen des Babrios (2. Jahrhundert v. Chr.), die lateinischen Sammlungen des Phaedrus (1. Jahrhundert n. Chr.), des Avianus (um 400 n. Chr.) und die Prosasammlung »Romulus« (entstanden zwischen 350 und 500). Dieser Fabelbestand wurde als mittelalterliche Schullektüre in ganz Europa verbreitet, immer wieder neu bearbeitet und durch außereuropäische Fabeln (u. a. aus dem indischen »Pancatantra«, vor 500 n. Chr., und aus dem orientalischen »Kalila und Dimna«) und anderes Erzählgut (besonders Schwänke) erweitert; wichtigste Sammlung dieser Art für die volkssprachliche Überlieferung ist der in Distichen abgefasste lateinische »Anonymus Neveleti« aus dem 12. Jahrhundert. Volkssprachliche Fabeln finden sich seit dem 12. Jahrhundert zunächst vereinzelt (bei den Spruchdichtern) und integriert in größere literarische Werke (bei Hugo von Trimberg u. a.) gemäß einer seit der Antike (Hesiod, Horaz) üblichen Tradition. Besonders in der Predigtliteratur (Abraham a Sancta Clara; Predigtmärlein, Exempel) war die volkssprachliche Fabel bis ins 18. Jahrhundert üblich. In Frankreich entstand zwischen 1170 und 1190 eine eigenständige Fabelsammlung (»Ésope« der Marie de France), in Deutschland erreichten Fabelsammlungen nach vereinzeltem Auftreten seit dem 13. Jahrhundert (Stricker) ihren Höhepunkt in Humanismus und Reformation (H. Steinhöwels »Vita Esopi et fabulae. ..«, lateinisch und deutsch; B. Waldis' »Esopus«, 1548, sowie Sammlungen von Erasmus Alberus, 1534 und 1550, Luther, S. Brant, H. Sachs, J. Fischart). Im 17. Jahrhundert ging die Beliebtheit der Fabel in Deutschland zurück, in Frankreich erreichte sie durch J. de La Fontaine höchste künstlerische Verwirklichung. La Fontaine und A. Houdar de la Motte beeinflussten die Entwicklung der englischen Fabel (J. Gay: »Fables«, 1727-38; E. Moore), später der russischen Fabel (Im Allgemeinen Krylow: »Basni«, 1809 ff.), ebenso der deutschen Fabel in ihrem letzten Höhepunkt als bevorzugte Gattung der deutschen Aufklärung. Neben die Übersetzung und Herausgabe von Fabeln (z. B. U. Boners »Edelstein« von 1324) trat auch die poetologische Fixierung (z. B. durch J. J. Bodmer und J. J. Breitinger sowie J. C. Gottsched). Typisch für die zahlreichen Fabeln des 18. Jahrhunderts (F. von Hagedorn, C. F. Gellert, M. G. Lichtwer, J. W. L. Gleim und G. K. Pfeffel) waren die Betonung der bürgerlichen Lebensklugheit anstelle der mittelalterlichen moralischen Belehrung und die Erweiterung und Erfindung von Motiven, Situationen und Figuren. Im Unterschied zur ausführlich erzählten Versfabel La Fontaines forderte G. E. Lessing in seiner wieder an der äsopischen Tradition anknüpfenden Neudefinition epigrammatische Zuspitzung, wie sie auch seine eigenen Fabeln zeigen. Lessing schloss zugleich die Entwicklung der Fabel des 18. Jahrhunderts ab. Die Fabeln des 19. Jahrhunderts richteten sich v. a. an Kinder (J. H. Pestalozzi, 1803; W. Hey, 1834).
K. Doderer: F. (Neuausg. 1977);
Die F., hg. v. P. Hasubek (1982);
E. Leibfried: F. (1984);
R. Dithmar: Die F. (71988);
N. Holzberg: Die antike F. (1993).
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Fa|bel, die; -, -n [mhd. fabel(e) < (a)frz. fable < lat. fabula = Erzählung, Sage, verw. mit fari, ↑Fatum]: 1. lehrhafte, oft satirische Erzählung in Vers od. Prosa, in der Tiere nach menschlichen Verhaltensweisen handeln u. in der eine allgemein anerkannte Wahrheit, eine praktische Lebensweisheit o. Ä. veranschaulicht wird: eine lehrreiche F.; die F. vom Fuchs und den Trauben; -n von Lessing nach Äsop; was lehrt diese F. von La Fontaine? Am Ende jeder moralischen F. pflegt sich des Zuhörers eine gewisse Befriedigung zu bemächtigen (Bamm, Weltlaterne 184). 2. erfundene, fantastische Geschichte: sich eine F. ausdenken; jmdm. eine F. auftischen; Ihrem über diesen Erwerb erstaunten Mann war die F. aufgebunden worden, sie habe beides von einer Freundin für fünf Mark gekauft (Bredel, Väter 121). 3. (Literaturw.) einer Dichtung zugrunde liegende Handlung in ihren wesentlichen Zügen: die F. des Romans ist nicht gerade neu; der Film hat eine dürftige F.; Sie (= die Dramaturgie) lässt das Stück einen Perspektivenreichtum und ein Nebeneinander von Geschehnispartikeln gewinnen, die es schwer machen, eine F. wiederzugeben (Bund 9. 8. 80, 3).
Universal-Lexikon. 2012.