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Gewerbesteuer
Ge|wẹr|be|steu|er 〈f. 21Steuerabgabe der Gewerbetreibenden

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Ge|wẹr|be|steu|er, die:
Steuer, die ein Gewerbebetrieb abführen muss.

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Gewerbesteuer,
 
eine Ertragsteuer, der alle inländischen Gewerbebetriebe unterliegen. Die Gewerbesteuer ist bundeseinheitlich im Gewerbesteuergesetz und in der Gewerbesteuerdurchführungs-VO geregelt. Der Ertrag der Gewerbesteuer steht den Gemeinden zu. Bund und Länder werden seit 1970 am Aufkommen durch eine Gewerbesteuerumlage beteiligt, die (200) rd. 20 % des Steueraufkommens betrug (Art. 106 GG und Gemeindefinanzreformgesetz, Gemeindefinanzen). Besteuerungsgrundlage ist der Gewerbeertrag. Die Besteuerung der Lohnsumme ist seit 1980 weggefallen (Lohnsummensteuer), die Gewerbesteuer nach dem Gewerbekapital (Gewerbekapitalsteuer) zum 1. 1. 1998.
 
Ausgangsgröße für die Berechnung des Gewerbeertrages ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb; der Gewinn wird um bestimmte Hinzurechnungen und Kürzungen vermehrt beziehungsweise vermindert. Diese Korrekturen sollen einerseits entsprechend dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer die »subjektiven« Ausgangsgrößen in »objektive«, von den Eigentumsverhältnissen und den Finanzierungsformen unabhängige Größen umformen; das Gewerbesteuergesetz hat dabei gewissermaßen einen fiktiven Betrieb vor Augen, der nur mit eigenen Wirtschaftsgütern und ohne langfristiges Fremdkapital arbeitet. Zum anderen soll eine mehrfache Ertragsbesteuerung einzelner Gewinnteile vermieden werden. Hinzugerechnet werden z. B. 50 % der Dauerschuldzinsen. Abgezogen werden u. a. 1,2 % des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes (mit Rücksicht auf die Besteuerung durch die Grundsteuer) sowie bestimmte Gewinne aus Beteiligungen an anderen Unternehmen.
 
Der Gewerbeertrag als das Resultat dieser Hinzurechnungen und Kürzungen wird dann mit einer Steuermesszahl multipliziert. Sie beträgt bundeseinheitlich 5 %. Für natürliche Personen und Personengesellschaften gelten ermäßigte Steuermesszahlen von 1 bis 4 % für die ersten 48 000 nach Abzug eines Freibetrages von 24 5000. Werden Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhalten, so wird der Steuermessbetrag nach dem Maßstab der gezahlten Löhne und Gehälter auf die einzelnen Gemeinden zerlegt. Für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und für die Festsetzung und Zerlegung des Steuermessbetrages sind die Finanzämter der Länder zuständig. Die Gewerbesteuerschuld ergibt sich dann durch Multiplikation des Messbetrages mit dem Hebesatz, dessen Höhe die hebeberechtigte Gemeinde bestimmt (kommunale Hebesatzautonomie). Die Gewerbesteuer ist eine Kostensteuer, sodass die Gewerbesteuerschuld als Betriebsausgabe bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns für die Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer abgesetzt werden kann. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer betrugen (2000) 52,9 Mrd. DM oder 6 % aller kassenmäßigen Steuereinnahmen. Die Gewerbesteuer ist damit nach der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer und der Mineralölsteuer die viertwichtigste Steuer in Deutschland Nach Abzug der Gewerbesteuerumlage verblieben den Gemeinden netto 42,1 Mrd. DM. Die Gewerbesteuer ist immer noch die wichtigste originäre Steuerquelle der Gemeinden (Gemeindesteuern).
 
Die Gewerbesteuer in der bestehenden Form wird seit längerem von der Finanzwissenschaft, aber auch von den steuerzahlenden Unternehmen und von den Gemeinden selbst kritisiert. Wichtigste Kritikpunkte: 1) Aus steuersystematischer Sicht führt die Gewerbesteuer neben der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu einer Mehrfachbelastung des Einkommens. 2) Die Existenz von Freibeträgen ist mit einer Objektsteuer nicht vereinbar. Zudem führten die in der Vergangenheit vorgenommenen Erhöhungen dieser Freibeträge zu einer Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage (Gewerbesteuer als »Großbetriebsteuer«). 3) Die Rechtfertigung der Gewerbesteuer mit Argumenten des Äquivalenzprinzips als Ausgleich für kommunale (Infrastruktur-)Leistungen ist schon im Hinblick auf die Steuerfreiheit der nichtgewerblichen Produktionsaktivitäten (z. B. Landwirtschaft, freie Berufe) und im Hinblick auf die problematische Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und selbstständiger Tätigkeit kaum haltbar. 4) Die Gewerbesteuer wirkt in mehrfacher Hinsicht allokationsverzerrend; sie diskriminiert die gewerbliche Tätigkeit gegenüber den übrigen Produktionsaktivitäten und kapitalintensive Produktionen gegenüber arbeitsintensiven Produktionen, und sie begünstigt Kapitalgesellschaften gegenüber Personengesellschaften. In räumlicher Hinsicht entstehen aus der kommunalen Hebesatzautonomie standortbedingte Belastungsunterschiede. 5) In internationaler Hinsicht wird in der Gewerbesteuer eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit gesehen, da nur wenige andere Länder eine vergleichbare Abgabe erheben und da eine steuerliche Entlastung der Exporte nach dem Muster der Umsatzsteuer steuertechnisch nicht möglich ist. 6) Als Gemeindesteuer hat die Gewerbesteuer u. a. den Mangel einer starken horizontalen und vertikalen Streuung im Pro-Kopf-Aufkommen zwischen Gemeinden gleicher und unterschiedlicher Größenklassen. Auch wird die hohe Konjunkturabhängigkeit der Gewerbeertragsteuer als nachteilig für die gemeindliche Finanzwirtschaft empfunden; eine Verringerung dieser Konjunkturabhängigkeit würde allerdings eine Verstärkung der gewinn- und ertragsunabhängigen Elemente voraussetzen und damit das erwähnte Problem einer eventuellen Substanzbesteuerung verschärfen. 7) Kommunalpolitisch umstritten ist die Gewerbesteuer als Instrument der Gemeinden im Rahmen der Industrieansiedlung sowie der Unternehmen für die Durchsetzung von Sonderinteressen.
 
In der Diskussion der Reform der Gewerbesteuer wurden v. a. vier Reformmodelle erörtert: 1) Ersetzung der Gewerbesteuer durch eine Beteiligung der Gemeinden am Aufkommen der Umsatzsteuer bei gleichzeitiger Erhöhung der Umsatzsteuersätze; 2) Beibehaltung der Gewerbesteuer, aber Verrechnung mit der vom Unternehmer abzuführenden Umsatzsteuer; 3) Ersatz der Gewerbesteuer durch eine kommunale Wertschöpfungsteuer auf alle Produktionsaktivitäten (mit kommunalem Hebesatzrecht); 4) Ersatz der Gewerbesteuer durch eine kommunale Einwohnersteuer in Form eines Zuschlags zur Einkommensteuer. In der praktischen Steuerpolitik wurden in den letzten Jahren verschiedene Schritte zu einem Abbau der Gewerbesteuerbelastung der Betriebe unternommen. Bei der Gewebeertragsteuer wurden zum 1. 1. 1993 der Freibetrag für Einzelunternehmen und Personengesellschaften von 36 000 DM auf 48 000 DM erhöht und für kleine und mittlere Unternehmen abgesenkte Steuermesszahlen eingeführt. Seit 1994 wurde der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer bei gewerblichen Einkünften im Hinblick auf die zusätzliche Belastung dieser Einkommensteile durch die Gewerbesteuer abgesenkt. Die Vorschriften zur Gewerbekapitalsteuer wurden in den neuen Bundesländern bis 1996 nicht angewendet. Die Absicht, die Gewerbekapitalsteuer überhaupt abzuschaffen und die Gewerbeertragsteuer zu senken, scheiterte 1996 v. a. am Widerstand der Mehrheit der Länder. Da mit Einspruch der EU-Kommission gegen eine weitere Aussetzung zu rechnen war, wurde die Gewerbekapitalsteuer zum 1. 1. 1997 auch in den neuen Ländern eingeführt. Auf die tatsächliche Erhebung der Abgabe wurde jedoch zunächst verzichtet, bis dann eine Einigung über die Abschaffung zum 1. 1. 1998 erreicht wurde. - Die Gewerbesteuer war ursprünglich Landessteuer, wurde später jedoch z. B. in Preußen durch die miquelsche Finanzreform 1893 den Gemeinden zugewiesen. Seit 1936 ist die Gewerbesteuer reichs- beziehungsweise bundeseinheitlich geregelt.
 
In Österreich wurde die Gewerbesteuer zum 1. 1. 1994 abgeschafft. An die Stelle der daneben erhobenen Lohnsummensteuer der Gemeinden trat die Kommunalabgabe. - In der Schweiz gibt es keine Gewerbesteuer.
 
Literatur:
 
A. Pfaffernoschke: Die Diskussion um die G. Eine Analyse ihrer gegensätzl. Positionen u. Ansatzpunkte zu einer Problemlösung (1990);
 G. Petzold: G. (41991);
 
G.-Ges. Komm., bearb. v. P. Glanegger u. G. Güroff (41999).
 

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Ge|wẹr|be|steu|er, die: Steuer, die ein Gewerbebetrieb abführen muss.

Universal-Lexikon. 2012.