Tapisserie
* * *
Bild|wir|ke|rei 〈f. 18; unz.〉 künstler. Herstellung von gewirkten Stoffen (bes. Wandbehängen) mit bildl. Darstellungen
* * *
Bildwirkerei,
die Herstellung von Woll- oder Seidenstoffen, besonders von Wandteppichen, in ornamentaler oder bildhafter Ausführung. Dabei werden im Unterschied zu gewebten Stoffen die verschiedenfarbigen Schussfäden nicht von Webkante bis Webkante, sondern durch eine so große Anzahl von Kettfäden hin- und hergeführt, wie es die gewünschte Gestaltung der Farbflächen erfordert. Wo verschiedene Farben aneinander grenzen, entstehen vertikale Schlitze (Kelim), oder es wird verbunden gewebt (Gobelinwirkerei): Die Schlitze werden vermieden durch Verschlingung der zwei von rechts und links aufeinander treffenden verschiedenfarbigen Schussfäden oder auch durch Herumführen beider Schussfäden um ein und denselben Kettfaden.
Aus vorchristlicher Zeit wurden Fragmente von Bildwirkerei in Ägypten gefunden. Griechische Vasenbilder zeigen Webstühle mit gewirkten Stoffen in Arbeit. Aus spätantiker Zeit mehren sich Funde von Wollwirkerei mit roten, grünen und violetten Farben in Kleinasien und Ägypten. Die koptische Stoffe (5.-8. Jahrhundert) sind hauptsächlich schmückende Besatzstücke auf Gewändern gewesen. Etwa aus derselben Zeit stammen die persisch-sassanidischen Bildteppiche (die auch nach Europa gelangten). In Byzanz wurden die Paläste mit seidenen Wandbehängen, die mit großen Tiermotiven versehen waren, ausgestattet. Solche Stoffe dienten ebenso dem Kleiderluxus. Im fatimidischen Ägypten gab es besonders dichte Seidenwirkerei (als Kleiderbesatz verwendete Schriftbordüren). Im mittelalterlichen Europa dienten Bildwirkereien als kirchliche, v. a. aber weltliche Wand- oder Möbelbehänge (z. B. Bank, Chorstuhl, Altar). Zu den ältesten Bildwirkereien gehören hier die Fragmente eines Teppichs aus Sankt Gereon in Köln (11. Jahrhundert; u. a. Lyon, Musée Historique des Tissus) und die im Dom zu Halberstadt aufbewahrten Bildteppiche des späten 12. und frühen 13. Jahrhunderts. Im 14. Jahrhundert entstanden große Zyklen in Frankreich, v. a. in Arras und Paris (Apokalypse von Angers), sowie kleinere Arbeiten auch in Deutschland (am Oberrhein und in Franken). Hauptkunden waren seit dem Ende des 14. Jahrhunderts die Herzöge von Burgund, die in Arras bestellten, aber auch in Flandern, besonders in Tournai und zunehmend in Brüssel, das in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Zentrum der Bildwirkerei wurde.
Seit Ende des 14. Jahrhunderts wurde Wolle für Kett- und Schussfaden, aber auch Seide und Goldfäden verwendet. In flämischen Werkstätten, die Generationen hindurch den gleichen Familien gehörten, entstanden die bekanntesten Tapeten, ab 1528 mit Meister- und Stadtmarke bezeichnet, seit dem 16. Jahrhundert vornehmlich nach Kartons der großen Maler wie Raffael (für die Sixtinische Kapelle), Bildwirkerei van Orley, J. C. Vermeyen, P. P. Rubens und D. Teniers der Jüngere (oder auch nach Gemälden). Auch in anderen flämischen Städten befanden sich angesehene Werkstätten, so in Oudenaarde, Brügge oder Antwerpen. Durch Emigration der flämischen Bildwirker wurden auch sonst in Europa im 15. wie im 16. Jahrhundert zeitweilig ansehnliche Manufakturen ins Leben gerufen. Stilistische Beziehungen nach Brügge weist z. B. die Teppichfolge der »Dame mit dem Einhorn« auf (Ende 15. Jahrhundert; Paris, Musée de Cluny).
In Frankreich wurden im 16. Jahrhundert in Fontainebleau (1539-52) in der ersten königlichen Manufaktur kostbare Stücke gewirkt. Europäische Bedeutung erreichte dann die auf Gebot des Ministers J.-B. Colbert 1662 gegründete Manufaktur im »Haus der Gobelins« in Paris (früher im Besitz der Färberfamilie Gobelin). Dem Bedürfnis höfischer Barockräume entsprechend, entstanden nun Serien von Gobelins, wie die Bildteppiche bald allgemein hießen, nach Entwürfen von C. Lebrun u. a. namhaften Künstlern. Daneben blühten v. a. Manufakturen in Aubusson sowie seit Ende des 17. Jahrhunderts in Beauvais, die im 18. Jahrhundert unter Leitung von W. Oudry (Landschaften) stand. In Paris leitete seit Mitte des 18. Jahrhunderts F. Boucher die königliche Manufaktur. Außer nach dessen eigenen Entwürfen im Rokokostil wurde viel nach Vorwürfen von C.-A. Coypel gearbeitet. Das 19. Jahrhundert suchte durch immer mehr chemische Farben (die schnell verblassten) immer getreuer die historische Malerei nachzuahmen. - Erst im 20. Jahrhundert sind durch die Zusammenarbeit der Manufakturen (z. B. in Aubusson) mit Malern wie M. Gromaire, J. Lurçat, H. Matisse u. a. künstlerisch wertvolle Wirkteppiche entstanden. Die moderne kunstgewerbliche Teppichkunst, die sich der tradierten wie neuer Techniken bedient, mit modernen, zum Teil abstrakten Motiven oder der Objektkunst verwandten Gestaltungen, wird heute allgemein mit dem französischen Begriff für Teppichkunst, Tapisserie, belegt.
D. Heinz: Europ. Wandteppiche (1963);
Das große Buch der Tapisserie, hg. v. J. Jobé (a. d. Frz., 1965);
M. Viale Ferrero: Gobelins (a. d. Ital., 1974);
D. Heinz: Europ. Tapisseriekunst des 17. u. 18. Jh. (Wien 1994).
* * *
Bịld|wir|ke|rei, die: Herstellung von gewirkten Stoffen, bes. Wandteppichen in ornamentaler od. bildhafter Ausführung.
Universal-Lexikon. 2012.