Akademik

Dogma
Lehre; Lehrmeinung; Glaubenssatz

* * *

Dọg|ma 〈n.; -s, Dọg|men〉 Glaubenssatz, Lehrsatz [grch., „Meinung, Verordnung, Lehrsatz“]

* * *

Dọg|ma [österr. auch: 'do:…], das; -s, …men [lat. dogma < griech. dógma, zu: dokeúein, dokeĩn = meinen]:
a) (bes. kath. Kirche) verbindliche, normative Glaubensaussage:
christliche Dogmen;
b) (bildungsspr., oft abwertend) den Anspruch der absoluten Gültigkeit, Wahrheit erhebende Aussage, Lehrmeinung:
ein politisches, philosophisches D.;
ein D. aus etw. machen;
etw. zum D. machen, erheben.

* * *

Dọgma
 
[griechisch »Meinung«, »Verfügung«, »Beschluss«, »Lehrsatz«] das, -s/...men, allgemein die lehrhafte Formulierung von Grundwahrheiten, feststehenden Lehrsätzen oder -systemen, deren Voraussetzungen außerhalb der Möglichkeit wissenschaftlicher Nachprüfung liegen. Doch sind auch innerhalb dogmatischer Systeme (z. B. im positiven Recht) wissenschaftliche Untersuchungen möglich. - Gewöhnlich versteht man unter Dogma religiöse Glaubenssätze und -systeme, v. a. im Christentum. - Im übertragenen Sinn gilt als Dogma auch eine Grundüberzeugung, die gegen Zweifel nicht durch Beweis, sondern nur durch autoritative Erklärung gesichert ist (Dogmatismus).
 
Im Sprachgebrauch der katholischen Kirche und der katholischen Theologie heißt Dogma jede von Gott in der Bibel und durch die Überlieferung geoffenbarte Wahrheit, soweit sie vom kirchlichen Lehramt als geoffenbart verkündigt wird. Diese Verkündigung begründet die Unabänderlichkeit des Dogmas und die Glaubenspflicht der Mitglieder der Kirche. Die Formulierung eines Dogmas hat an dessen Unabänderlichkeit nicht teil und kann dem jeweiligen kulturellen Wandel angepasst werden, sofern der Inhalt des Dogmas der gleiche bleibt. Ein Dogma vermag die Offenbarung selbst nie auszuschöpfen; es kann daher grundsätzlich ergänzt oder genauer gefasst werden (Dogmenentwicklung). Nach Aussage des 2. Vatikanischen Konzils besteht zwischen den einzelnen Dogmen eine Abstufung (Hierarchie der Wahrheiten) je nach ihrer engeren oder weiteren Verbindung mit den Grundaussagen des Glaubens.
 
Das Dogma kommt zustande durch die verbindliche Lehre der Kirche. Diese kann durch das ordentliche, allgemeine Lehramt erfolgen, also durch das einhellige Zeugnis aller Bischöfe, oder durch einen außerordentlichen Akt seitens des Bischofskollegiums, des Papstes (»Ex-cathedra-Entscheidung«) beziehungsweise eines Konzils (Definition eines Dogmas beziehungsweise Dogmatisierung). Die katholische Kirche ist der Überzeugung, dass ihr bei der Verkündung der Dogmen der von Jesus verheißene Heilige Geist beisteht und ein im Wesentlichen irrtumsloses Zeugnis ermöglicht (»Unfehlbarkeit«). - Am Werden eines ausdrücklichen Dogmas sind in der Regel viele Faktoren beteiligt: Mit dem grundlegenden Offenbarungsgeschehen verbinden sich Leben und Lehre der gesamten Kirche; dazu zählen neue (theoretische) Probleme und (praktische) Frage- und Aufgabenstellungen, die öffentliche Liturgie und das persönliche Gebet, die Verkündigung und das wissenschaftliche Bemühen der Theologie und anderer Disziplinen.
 
In den von Rom getrennten orthodoxen Kirchen gelten als Dogmen nur Lehrentscheidungen der ersten sieben ökumenischen Konzilien (325-787); die nichtchalkedonischen (»monophysitischen«) Kirchen haben die Dogmabildung nur bis zum Konzil von Chalcedon 451 (ausschließlich) mitvollzogen. Die weitere Dogmabildung der westlichen Kirche wird abgelehnt, weil sie nicht als »ökumenisch«, d. h. alle umfassend, betrachtet wird.
 
Nach Auffassung der reformatorischen Kirchen ist Dogma ein kirchlich verbindlicher Lehrsatz, der für die Verkündigung fundierende Bedeutung hat. Im Unterschied zu der katholischen Auffassung kennt die evangelische Kirche jedoch keine Lehrautorität, die Dogmen verpflichtend definieren oder gar eine neue Erkenntnis zum Dogma erklären könnte, sodass Glaube und Glaubensbekenntnis stets an dem einzigen Offenbarungszeugnis, der Bibel, auszurichten sind. Dennoch fanden Luther und Calvin in den Hauptaussagen der altkirchlichen Konzilien den Inhalt der Schrift zutreffend ausgesprochen und haben deshalb die altkirchlichen Bekenntnisschriften (auch in ihrer Heilsnotwendigkeit) verteidigt.
 
Die nichtchristlichen Religionen kennen keine kirchenartige Lehrinstitution mit dem Anspruch der Autorität, also auch kein eigentliches Dogma; wohl gibt es Lehrtraditionen, die auf heilige Schriften beruhen und von Schulen und theologischen Lehrern vertreten werden, so etwa in Indien die sechs orthodoxen Systeme des Hinduismus. Als dogmaähnliche Lehre kennt der Buddhismus die vier heiligen Wahrheiten vom Leiden, im Islam ist - dem Dogma ähnlich - verbindlich das Glaubensbekenntnis »Es gibt keinen Gott außer Allah«.
 
Literatur:
 
F. Flückiger: Der Ursprung des christl. D. (Zollikon 1955);
 K.-H. Ohlig u. H. Schuster: Blockiert das kath. D. die Einheit der Kirchen? (1971);
 J. Finkenzeller: Glaube ohne D.? (1972);
 W. Kern u. F.-J. Niemann: Theolog. Erkenntnislehre (1981).
 

* * *

Dọg|ma, das; -s, ...men [lat. dogma < griech. dógma, zu: dokeúein, dokeĩn = meinen]: a) (bes. kath. Kirche) verbindliche, normative Glaubensaussage: Wir meinen den, der die ausgebrannte Schlacke toter christlicher Dogmen wieder zu einer glühenden Lava macht (Thielicke, Ich glaube 290); b) (bildungsspr., oft abwertend) den Anspruch der absoluten Gültigkeit, Wahrheit erhebende Aussage, Lehrmeinung: ein politisches, philosophisches D.; Das D. beherrscht dort (= in der DDR) jedes Gespräch ...; es verstellt den Kommunisten den Zugang zur Wirklichkeit (Zeit 5. 6. 64, 3); Es widersteht mir, ... eine Art D. daraus zu machen (Nossack, Begegnung 158); Der sowjetische Verteidigungsminister ... hat ... die Strategie der nuklearen Abschreckung als D. bezeichnet, von dem man sich ... trennen müsse (Freie Presse 30. 4. 88, 4); etw. zum D. machen, erheben.

Universal-Lexikon. 2012.