Sikhs
[Hindi sikh, eigentlich »Schüler«, zu altindisch śiksati »Studien«], die Anhänger des Sikhismus, einer Ende des 15. Jahrhunderts in Nordindien (Pandschab) von dem Wanderlehrer (Guru) Nanak begründeten religiösen Reformbewegung mit dem Anliegen, Hindus und Muslime auf der Grundlage eines bilderfreien Monotheismus zu einigen. Unter seinen neun Nachfolgern, den Gurus, breitete sich der Sikhismus im Pandschab aus. Unter dem vierten Guru erfolgte die Gründung des »Goldenen Tempels« in Amritsar, der als Aufbewahrungsort des Adigrantha das Hauptheiligtum des Sikhismus bildet. Nach dem Adigrantha, der heiligen Schrift der Sikhs, haben für die Sikhs Gültigkeit: die Karmalehre und der Geburtenkreislauf (Samsara), aus dem der Gläubige durch ein auf Ausgleich zwischen irdischen und jenseitigen Dingen bedachtes Handeln und durch Gottesliebe (Bhakti-Frömmigkeit) erlöst wird; Gott wird als der »wahre Name« (Punjabi sat nam) verehrt. - Die Sikhs gewannen großen politischen Einfluss im Pandschab. Der letzte (zehnte) Guru Govind Singh (* 1675, ✝ 1708) erhob den Adigrantha zum »Schriftguru« der Gemeinde; er gab den Sikhs eine straffe militärische Organisation und ließ alle männlichen Sikhs ihrem Namen das Wort Singh (»Löwe«) zufügen. Govind suchte das Kastenwesen abzuschaffen und gründete die Khalsa (Vereinigung der Reinen), deren Mitglieder in einer besonderen Zeremonie aufgenommen werden; seitdem tragen alle männlichen Mitglieder ein Schwert und ungeschnittenes Haar unter dem Turban. Im Gefolge der Reform bildeten sich verschiedene sikhistische Gruppierungen (z. B. die Akali). Unter Govind wurden die Sikhs zu einer weithin militärisch organisierten Gemeinschaft, die im 18. Jahrhundert schweren Verfolgungen mit kriegerischen Verwicklungen ausgesetzt war, bis im Pandschab unter Ranjit Singh ein starkes Sikh-Reich entstand, das nach dem zweiten Sikh-Krieg 1849 eine Provinz Britisch-Indiens wurde. 1947 mussten die Sikhs den an Pakistan gefallenen Teil des Pandschab verlassen.
Für die Sikhs wurde 1966 ein eigener indischer Bundesstaat (Punjab) geschaffen. In den 1970er-Jahren verbreitete sich ein Sikh-Fundamentalismus unter der Führung von Jarnail Singh Bhindranwale (* 1946, ✝ 1984) und der vorherrschenden politisch-religiösen Partei der Akali (Shiromani Akali Dal). Wachsende Spannungen zwischen Sikhs und Hindus angesichts der Forderung der Sikhs nach einem unabhängigen Sikh-Staat eskalierten 1984 in der Erstürmung des von Sikhs besetzt gehaltenen »Goldenen Tempels« in Amritsar durch die indische Armee, wobei mehrere Hundert Sikhs (auch Bhindranwale) das Leben verloren, und der Ermordung der indischen Premierministerin I. Gandhi kurze Zeit darauf. - Weltweit beträgt die Zahl der Sikhs rd. 23,3 Mio. Außerhalb Indiens (rd. 22,2 Mio. Sikhs) bestehen die größten Gemeinschaften der Sikhs in Nordamerika (rd. 530 000) und in Großbritannien (230 000); kleinere Sikh-Gemeinschaften gibt es in mehreren asiatischen Staaten (z. B. Philippinen, Singapur) sowie in Hongkong. In Deutschland leben (2002) rd. 5 000 Sikhs.
K. Singh: The S. today (Delhi 31985);
G. S. Dhillon: Perspectives on Sikh religion and history (Delhi 1996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Jainas, Sikhs, Muslime
Universal-Lexikon. 2012.