BGB
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Bürgerliches Gesetzbuch,
Abkürzung BGB, das am 18. 8. 1896 für das Deutsche Reich erlassene, am 1. 1. 1900 in Kraft getretene Gesetzbuch zur Regelung der Grundmaterien des bürgerlichen Rechts, besonders des Vertrags-, Eigentums-, Familien- und Erbrechts. Die Systematik des Aufbaues des BGB in fünf Büchern beruht auf Ergebnissen der Rechtswissenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts. Im »Allgemeinen Teil« (Buch I) sind Rechtsgrundsätze aufgestellt, die für alle Rechtsgebiete des BGB gelten, z. B. über Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Rechtsgeschäfte, Stellvertretung und Verjährung; sie enthalten Rechtsgedanken, die in ihrer Grundsätzlichkeit auch auf andere Rechtsgebiete ausstrahlen. Das Vermögensrecht wird, nach der rechtstechnischen Eigenart getrennt, im »Recht der Schuldverhältnisse« (Buch II, das eine Anzahl beschriebener, also typisierter Schuldverhältnisse umschließt und regelt, z. B. Miete, Kauf, Werkvertrag) und im »Sachenrecht« (Buch III; z. B. Besitz, Sacheigentum, Hypotheken) abgehandelt. Anschließend werden in Buch IV das »Familienrecht« und in Buch V das »Erbrecht« geregelt.
Die leitenden Gesichtspunkte des BGB sind die seit Jahrhunderten geltenden Grundsätze des Privatrechts wie Achtung der Einzelperson und ihrer persönlichen Autonomie, der gesetzmäßig erworbenen Rechte, Vertragstreue, Schadensersatzpflicht bei Rechtsverletzung, Verbot von Arglist und Rechtsmissbrauch sowie im Erbrecht die Testierfreiheit.
Das Gesetzeswerk des BGB erfüllte in seinem Ursprung die Aufgabe, auf dem Gebiet des Deutschen Reichs die Einheit des bürgerlichen Rechts herzustellen, ist als solches eine bedeutende wissenschaftliche Leistung des 19. Jahrhunderts und spiegelt insoweit das herrschende gesellschaftliche Gedankengut jener Zeit wider, dem gegenüber es sich folglich nicht neutral verhält (z. B. in Bezug auf die Ehe), sondern zu seiner Festigung beiträgt. Gleichwohl schließt es sozial- oder ordnungspolitische Änderungen nicht aus, sondern überlässt sie der Regelung durch Spezialgesetze, die im Übrigen auch solche Materien des bürgerlichen Rechts behandeln, die das BGB nicht erfasst (z. B. HGB, Aktiengesetz, Höfeordnung).
Die größten Eingriffe in das BGB wie die Reform des Ehe- und Familienrechts (Gesetze von 1957, 1969 und 1976), dem zunächst eine patriarchalisch-christliche Auffassung zugrunde lag, und die häufige Novellierung des Miet- und Wohnrechts beruhen auf Wandlungen sittlicher Anschauungen und sozialer Verhältnisse. - In der DDR wurde das BGB durch das 1965 erlassene Familiengesetzbuch und das 1975 ergangene Zivilgesetzbuch (in Kraft seit 1. 1. 1976) abgelöst. Auf der Grundlage des Einigungsvertrages trat das BGB ab 3. 10. 1990 in den neuen Ländern wieder in Kraft. Dem Einführungsgesetzes zum BGB wurde ein »sechster Teil« angefügt, der Übergangsrecht zu den Bestimmungen des BGB für die neuen Länder enthält.
In Österreich entspricht dem BGB inhaltlich das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, in der Schweiz entsprechen ihm das Zivilgesetzbuch mit dem Obligationenrecht. - Auch ausländische Gesetzgebungen wurden vom BGB beeinflusst, z. B. das japanische und das siamesische (thailändische) Gesetzbuch, das schweizerische ZGB von 1907 und das griechische Gesetzbuch von 1946.
Eine Kodifikation des zersplitterten deutschen bürgerlichen Rechts, die u. a. schon von G. W. Leibniz und 1814 von dem Heidelberger Rechtslehrer A. F. J. Thibaut gefordert wurde, konnte erst nach der Gründung des Deutschen Reichs von 1871 durchgeführt werden. 1873 wurde die Zuständigkeit des Deutschen Reichs, die sich nach der Reichsverfassung von 1871 zunächst nur auf die Gesetzgebung über das Handels- und Obligationenrecht erstreckte, auf das gesamte bürgerliche Recht ausgedehnt. Nach den Vorschlägen einer Vorkommission, die sich über Plan und Methode der Aufstellung eines bürgerlichen Gesetzbuches gutachtlich geäußert hatte, wurde ein erster Entwurf des BGB in den Jahren 1874-87 ausgearbeitet und 1888 veröffentlicht. An diesen Vorarbeiten hat neben Richtern und Ministerialbeamten v. a. der Rechtslehrer B. Windscheid mitgewirkt. Aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen Diskussion wurde dieser erste Entwurf des BGB 1895 umgearbeitet und als zweiter Entwurf 1896 von Bundesrat und Reichstag mit einigen Änderungen angenommen, am 18. 8. 1896 verkündet.
Mit seinem In-Kraft-Treten am 1. 1. 1900 war die deutsche Rechtseinheit auf dem Gebiet des Privatrechts hergestellt. Vorher galten: in den altpreußischen Provinzen, Friesland, Ansbach und Bayreuth das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, links des Rheins der Code civil von 1804, in Baden und Sachsen eigene Gesetzbücher von 1809 und 1863, im übrigen Deutschland das gemeine (römisches) Recht.
D. Stauder: Grundstudium des bürgerl. Rechts (1980);
B. G. Mit Einführungs-Ges. u. Nebengesetzen, begr. v. H. T. Soergel, hg. v. W. Siebert, auf 10 Bde. u. Erg.-Bde. ber. (121987 ff.);
E. Krebs: Leitfaden durch das BGB, 4 Tle. (4-121988-89);
H. Schulte-Nölke: Das Reichsjustizamt u. die Entstehung des B. G.s (1995);
Universal-Lexikon. 2012.