May,
1) Angelica, Violoncellistin, * Reutlingen 17. 9. 1938; studierte u. a. bei L. Hoelscher und P. Casals und wurde 1975 Professor an der Musikhochschule in Düsseldorf; bildete mit dem Pianisten Leonard Hokanson (* 1931) ein Duo und mit diesem und dem Violinisten Kurt Guntner (* 1939) das Odeon-Trio.
2) Ernst, Architekt, * Frankfurt am Main 27. 7. 1886, ✝ Hamburg 11. 9. 1970; studierte in München (bei F. von Thiersch und T. Fischer) und London (bei R. Unwin); Vertreter des Funktionalismus. May führte die Montagebauweise in Deutschland ein und trat besonders auf den Gebieten des Siedlungs-, Wohnungs- und Städtebaus hervor: 1925-30 Stadtbaurat in Frankfurt am Main (Trabantensiedlungen, u. a. Römerstadt, 1927/28), 1930-33 in der UdSSR (Planung neuer Industriestädte, Generalstadtplan für Moskau), 1934-54 in Afrika (Kampala, Daressalam); ab 1954 als Stadtplaner mit dem Wiederaufbau beziehungsweise Ausbau deutscher Städte befasst (Mainz, Wiesbaden, Bremerhaven). 1956-61 Leiter der Planungsabteilung der Neuen Heimat (u. a. Großsiedlung Neue Vahr in Bremen, 1957-61). Ab 1957 Professor an der TH in Darmstadt.
J. Buekschmitt: E. M. (1963);
E. M. u. das Neue Frankfurt: 1925-1930, hg. vom Dt. Architekturmuseum Frankfurt, Ausst.-Kat. (1986);
D. W. Dreysse: M.-Siedlungen (1987);
Das Obere M.-Haus in Bern, hg. v. B. Furrer (Bern 1990);
Architekten - E. M., bearb. v. H. Fritsch (31995; Bibliogr.).
3) Gisela, Schauspielerin und Chansonsängerin, * Wetzlar 31. 5. 1924; wurde 1962 Mitglied des Berliner Ensembles, außer als Brecht-Darstellerin (u. a. »Mutter Courage«, 1978)wurde sie v. a. bekannt als Interpretin von Liedern mit Texten von B. Brecht, K. Tucholsky und E. Kästner sowie Chansons von J. Brel; auch Darstellerin bei Film und Fernsehen sowohl in tragischen wie in komischen Rollen.
4) Karl, Pseudonym Karl Hohenthal u. a., Schriftsteller, * Ernstthal (heute zu Hohenstein-Ernstthal) 25. 2. 1842, ✝ Radebeul 30. 3. 1912; wuchs als fünftes von 14 Kindern eines erzgebirgischen Webers in ärmlichsten Verhältnissen auf, war bis zum fünften Lebensjahr blind; wurde Lehrer, musste jedoch wegen verschiedener, teils aus finanzieller Not, teils aus Geltungsdrang begangener Delikte zwischen 1862 und 1874 mehrere Freiheitsstrafen (insgesamt sieben Jahre) verbüßen. 1875-77 war er Redakteur in Dresden, dann freier Schriftsteller. Schrieb zunächst v. a. erzgebirgische Dorfgeschichten, Humoresken und (pseudonym) fünf Kolportageromane (u. a. »Das Waldröschen«, 1882-84; »Der verlorene Sohn«, 1884-86), dann zunehmend abenteuerliche Reiseerzählungen, deren Buchausgaben (in größerem Umfang ab 1892) ihn bald zu einem der bis heute meistgelesenen deutschen Schriftsteller machten (Gesamtauflage über 80 Mio. Bände). Schauplätze dieser durch das exotische Kolorit, die glänzende Erzählbegabung und die Fantasie des Autors fesselnden Romane, die immer mit dem Sieg des Guten enden, sind v. a. der Wilde Westen Nordamerikas und der Vordere Orient; an die Schauplätze sind die handelnden Personen gebunden: im Wilden Westen Old Shatterhand als Erzähler und der edle Indianerhäuptling Winnetou, im Orient Kara Ben Nemsi als Erzähler und sein Diener Hadschi Halef Omar.
Die erzieherische Moral dieser v. a. dem jugendlichen Bedürfnis nach Freiheit und »großem Leben« entgegenkommenden Romane bewegt sich auf dem Boden einer christlichen Weltanschauung, die sowohl durch ihre gründerzeitliche Prägung wie auch durch Mays Eintreten für unterdrückte Völker (besonders die Indianer) gekennzeichnet ist. Erst nach der Veröffentlichung dieser Werke (bis 1899 mehr als 30 Bände) hat May den Orient (1899/1900) und Amerika (1908) besucht; frühere außereuropäische Reisen, die lange Zeit vermutet wurden, gelten heute als ausgeschlossen. Das Spätwerk Mays (»Im Reiche des silbernen Löwen«, Band 3 und 4, 1902-03; »Und Friede auf Erden!«, 1904; »Ardistan und Dschinnistan«, 2 Bände, 1909) fand in den letzten Jahren zunehmende Beachtung; es handelt sich dabei um vielschichtige, auch formal wesentlich ausgereiftere, dem Surrealismus nahe stehende Symbolromane von pazifistischer Tendenz. May schrieb neben einem Drama (»Babel und Bibel«, 1906) auch geistliche Gedichte (»Himmelsgedanken«, 1900); autobiographisch ist »Mein Leben und Streben« (1910). - Die außergewöhnliche Breitenwirkung und Faszinationskraft der in über 25 Sprachen übersetzten Werke Mays sind auch in der Gegenwart ungebrochen; zahlreiche Romane wurden verfilmt oder sind Gegenstand von Karl-May-Festspielen.
Weitere Werke: Durch die Wüste (1892; mit fünf Folgebänden: Durchs wilde Kurdistan, Von Bagdad nach Stambul, In den Schluchten des Balkan, Durch das Land der Skipetaren, Der Schut; alle 1892); Winnetou, 4 Bände (1893-1910); Der Schatz im Silbersee (1894); Old Surehand, 3 Bände (1894-96); Im Lande des Mahdi, 3 Bände (1896); Satan und Ischariot, 3 Bände (1897); Am Jenseits (1899).
Ausgaben: Mein Leben und Streben (1910; Nachdruck bearbeitet von H. Plaul 1975); Gesammelte Werke, herausgegeben von Euchar A. Schmid, 65 Bände (1913-39); Gesammelte Werke, herausgegeben von demselben und anderen, 74 Bände (1961-85); K. Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe, herausgegeben von H. Wollschläger und anderen, auf 99 Bände berechnet (1987 folgende).
Jb. der K.-M.-Gesellschaft, hg. v. C. Roxin u. a. (1970 ff.);
K. M. Biogr. in Dokumenten u. Bildern, hg. v. G. Klussmeier u. a. (1978);
K. M., hg. v. H. L. Arnold (1987);
K. M. der sächs. Phantast. Studien zu Leben u. Werk, hg. v. H. Eggebrecht (1987);
K.-M.-Hb., hg. v. G. Ueding (1987);
M. Lowsky: K. M. (1987);
H. Stolte: Der schwierige K. M. (1989);
H. Plaul: Illustrierte K.-M.-Bibliogr. (1989);
H. Wollschläger: K. M., Grundr. eines gebrochenen Lebens (Neuausg. 1990);
Helmut Schmiedt: K. M. Leben, Werk u. Wirkung (31992);
Arno Schmidt: Sitara u. der Weg dorthin. Eine Studie über Wesen, Werk u. Wirkung K. M.s (Neuausg. 1993);
H. Wohlgschaft: Große K.-M.-Biogr. (1994).
Universal-Lexikon. 2012.