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Delphine
I
Delphine
 
Delphine gehören zu der Unterordnung der Zahnwale und stellen innerhalb der Ordnung Wale (Cetacea) mit 13 Gattungen und ca. 30 verschiedenen Arten die größte Walfamilie dar. Wie alle Wale sind Delphine Säugetiere, deren Körperfunktionen sich an das Leben unter Wasser angepasst haben. Obwohl sie oft fälschlicherweise den Fischen zugeordnet werden, sind Delphine Luft atmende, warmblütige Säugetiere, die keine Eier legen, sondern ihre Jungen über mehrere Monate mit Milch ernähren. Sie verfügen über ein ausgeprägtes Sonarsystem, mit dessen Hilfe sie jagen, kommunizieren und navigieren. Schon im klassischen Altertum erzählte man sich faszinierende Geschichten über Delphine, die Menschen aus Seenot retten. Obwohl sie den Menschen nicht als Bedrohung betrachten, da er kein Teil ihres Lebensraumes ist, verkörpert er zugleich den größten Feind des Delphins. Der Große Tümmler mit einer Körperlänge von bis zu 4 m ist wohl der bekannteste Delphin. Er ist als »Showstar« in zahlreichen Delphinarien zu bewundern und gilt als die wissenschaftlich am gründlichsten erforschte Art.
 
 Physiologie
 
Im Laufe der Evolution (das älteste bekannte Fossil eines Delphins stammt aus dem Jungtertiär) konnten sich die Delphine perfekt an ihre Umwelt anpassen. Die aerodynamische Körpergestalt und die besonders elastische Körperbedeckung, unter der sich eine isolierende Fettschicht (Blubber) befindet, gehören zu ihren typischen Merkmalen. Bis auf den Glattdelphin besitzen alle Delphine eine stabilisierende Rückenflosse (Finne), die waagerechte Schwanzflosse (Fluke) dient ihnen als Hauptantriebsorgan. Um im Wasser hohe Geschwindigkeiten erreichen zu können, verfügen Delphine neben ihrem stromlinienförmigen Körperbau über einen kurzen Hals sowie über zwei oder mehr miteinander verschmolzene Halswirbel. Während sich die Hinterbeine vollständig zurückgebildet haben, entwickelten sich die ehemaligen Vorderbeine zu Flossen. Eine weitere anpassungsbedingte Veränderung stellen die Nasenöffnungen des Delphins dar, welche sich vom vorgezogenen Schnabel aus auf den Kopf verlagert haben, um ein schnelleres Luftholen zu ermöglichen. Der Vorgang des Luftholens dauert bei Delphinen oft weniger als eine halbe Sekunde, jedoch wird der eingeatmete Sauerstoff im Vergleich zu den an Land lebenden Säugetieren wesentlich effizienter genutzt. Wie bei allen Walen öffnen sich die Blaslöcher beim Auftauchen, wonach ein plötzliches Ausatmen sowie ein sofortiges Einatmen erfolgen, bevor sich die Blaslöcher wieder schließen. Gewöhnlich atmen alle Wale nur einmal aus und wieder ein, bevor sie wieder tauchen. Die Großen Tümmler können ca. 20 Minuten unter Wasser bleiben. In der Regel halten sich die meisten Delphine in geringen Wassertiefen bis zu 100 m auf und jagen ihre Beute nahe der Wasseroberfläche. Während die durchschnittliche Schwimmgeschwindigkeit von Delphinen 8 km/h beträgt, können sie eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40 km/h erreichen.
 
 Sinnesorgane und Verhalten
 
Neben einem ausgeprägten Gehörsinn, mit dem sie die natürlichen Geräusche der Unterwasserwelt auffangen, verfügen Delphine über ein den Fledermäusen ähnliches Sonarsystem. Schallwellen bewegen sich unter Wasser erheblich schneller und über größere Entfernungen als in der Luft. Während an Land die Schallwellen größtenteils vom Schädelknochen der Lebewesen zurückgeworfen werden, durchdringen diese in der Unterwasserwelt die Schädelknochen. Um die Richtung von Schallwellen unter Wasser zu orten, ist die Schnecke im Innenohr von Delphinen daher von ihrem Umsystem isoliert. Delphine kommunizieren untereinander durch den Austausch von Signalen mit einer Stärke von bis zu 150 kHz, welche durch den Kiefer aufgenommen werden. Ihre Echoorientierung benutzen sie darüber hinaus, um zu navigieren sowie um Objekte jeder Art wie z. B. ihre Beute näher bestimmen und orten zu können. Anhand der Zeitdauer, die der zurückgeworfene Schall benötigt, erhalten sie so u. a. Informationen über die Entfernung des Objektes. Über die Art und Weise, wie die verschiedenen Laute erzeugt werden, besteht unter Wissenschaftlern keine Einigkeit. Die Laute bewegen sich in einem breiten, hohen Frequenzspektrum und sind nur von kurzer Dauer ( 1 Millisekunde), werden jedoch mehrmals wiederholt. Menschen erinnern die Klicklaute von Delphinen dadurch an das Knarren einer Tür.
 
Diese Fähigkeiten gleichen den fehlenden Geruchssinn und die eingeschränkte Sehfähigkeit mehr als aus. Im Gegensatz zu den an Land lebenden Säugetieren sind Delphine nicht unbedingt auf den Geruchssinn als Informationsquelle angewiesen. Man nimmt an, dass Delphine aufgrund ihrer anatomischen sowie verhaltensspezifischen Ausprägungen über gar keinen Geruchssinn mehr verfügen. Da das Sonnenlicht nicht bis in große Wassertiefen reicht, ist das Sehvermögen von Delphinen ab einer bestimmten Tiefe stark eingeschränkt. Aufgrund ihres Sonarsystems finden sie sich jedoch auch in völliger Dunkelheit zurecht und können problemlos navigieren. Die Augen von Delphinen sind dahin gehend ausgelegt, sich sowohl an die Gegebenheiten unter Wasser als auch an die der Luft anzupassen. Man nimmt an, dass sie sich wie alle Wale dicht unter der Wasseroberfläche visuell orientieren, d. h. insbesondere bei der Nahrungssuche sowie der Erforschung von Objekten. Wale verfügen darüber hinaus über sensible Körperstellen. Grund dafür ist u. a. die Notwendigkeit, im richtigen Moment das Blasloch zu öffnen.
 
Ein Phänomen, das immer wieder für Aufsehen sorgt, sind Strandungen von Walen an Küsten, für die man lange keine Erklärung gefunden hat. Heute geht man davon aus, dass Wale ihr Verhalten am Magnetfeld der Erde ausrichten und mit dessen Hilfe navigieren. In küstennahen Gewässern kann dieser Magnetsinn durch die dortigen magnetischen Strukturen gestört werden, was dazu führt, dass oftmals ganze Rudel an den Stränden verenden.
 
 Die Illusion von der menschenähnlichen Intelligenz
 
Schon seit der Antike existieren Berichte, wonach Delphine Menschen aus Seenot retten oder Fischern helfen, indem sie deren Beute in die Netze treiben. Aufgrund derartiger Vorkommnisse, die nicht bloße Fiktion sind, wird Delphinen oft eine Art menschenähnlicher Intelligenz unterstellt. Ob es sich dabei jedoch um bewusstes Verhalten gegenüber Menschen handelt, ist fraglich. So treiben Delphine etwa Fische auf das Ufer nicht um den Menschen das Fischen zu erleichtern, sondern um selbst bequemer an ihre Beute zu gelangen. Oft handelt es sich dabei auch um fehlgeleitete Instinkte. Die Fähigkeit zu einer gezielten Koordination von gemeinsamen Handlungen liegt in der hervorragenden Anpassung an ihren Lebensraum, dessen spezifische Anforderungen keinen Vergleich mit dem des Menschen zulassen. Dem Menschen, der nicht Teil ihres Lebensraumes ist, stehen sie jedoch nicht abwehrend gegenüber, obwohl er ohne Zweifel zum größten Feind der Delphine geworden ist.
 
 Nahrungsaufnahme
 
Man unterscheidet anhand der unterschiedlichen Ausstattung der Mundwerkzeuge grob zwei Hauptgruppen von Walen. Zum einen die Bartenwale, zum anderen die Zahnwale (Odontoceti), zu denen die Delphine zählen. Im Gegensatz zu den meisten Säugetieren besitzen Zahnwale keine Mahl- oder Schneidezähne. Alle Zähne sind identisch, lediglich zwischen den Arten gibt es aufgrund unterschiedlicher Lebensräume Differenzen bezüglich Anzahl (bis zu 260 Stück), Beschaffenheit und Größe. Delphine benutzen ihre Zähne nicht zum Kauen und Losreißen von Nahrungsstücken, sondern zum Ergreifen und Festhalten ihrer Beute. Bei dieser handelt es sich hauptsächlich um Fische und Kopffüßer, wobei die benötigte Nahrungsmenge von zahlreichen Faktoren wie der Jahreszeit, dem Fortpflanzungsstatus oder dem Energiegehalt der Nahrung abhängig ist. Obwohl sich Delphine meist ständig in nahrungsreichen Gewässern aufhalten, können sie aufgrund des schwankenden Nahrungsbedarfs Energie (Fett) speichern, um darauf bei einer Verknappung der Nahrungsmittel zurückzugreifen.
 
Delphine können aufgrund ihres Echolotsystems Objekte orten und aufspüren. Die Geräusche, die sie dabei ausstoßen, helfen ihnen, die künftige Beute bei der Nahrungssuche zu verwirren und sie auf diese Weise leichter zu fangen. Einige Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass Delphine in der Lage sind, eine enorm starke Schallwelle auszulösen, mit der sie ihre Opfer lähmen.
 
 Die größte Gefahr für Delphine - der Mensch
 
Die größte Gefahr für die Delphine liegt in der Zerstörung ihres Lebensraumes durch den Menschen, der die zunehmende Verschmutzung der Meere und die Dezimierung der für Delphine wichtigen Nahrungstiere zu verantworten hat. Die Jagd auf Delphine spielt eine weitere bedeutende Rolle. Delphine werden aus unterschiedlichen Gründen gejagt. In einigen Ländern der Welt ist es das Fleisch, das als gewöhnliches Nahrungsmittel angesehen wird. Auch wird versucht, Delphine als Konkurrenten im Fischfang auszuschalten. Ein großes Problem für Delphine sind Treibnetze, die vor allem zum Thunfischfang ausgelegt werden. Noch bis in die 90er-Jahre stellten diese eine ernsthafte Gefahr dar, die ganze Arten an den Rand der Ausrottung brachten. Obwohl in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte zum Schutz von Delphinen erzielt wurden, verenden noch immer Zehntausende Delphine jährlich in Fangnetzen. Erheblich gefährdet sind der Amazonas- und der Gangesdelphin. Einige Flussdelphine wie der Indusdelphin oder der Chinesische Flussdelphin, dessen weltweiter Bestand auf unter 300 Tiere geschätzt wird, sind fast gänzlich ausgerottet.
 
 Großer Tümmler
 
Der Große Tümmler (Tursiops truncatus), auch unter der Bezeichnung Flaschennasendelphin bekannt, kann eine Größe bis zu 4 m erreichen. Seine Art ist weit verbreitet und mit einem geschätzten Bestand von über fünf Millionen Tieren sowohl in warmen Küstengewässern als auch auf hoher See häufig anzutreffen. Sie bewegen sich je nach Gewässerart in großen Gruppen von einigen Dutzend bis zu mehreren Hundert Tieren. Oft unterstützen sie sich gegenseitig bei der Fischjagd und dem Großziehen der Jungtiere. Dem Großen Tümmler gilt die höchste Aufmerksamkeit in der Forschung und der Öffentlichkeit. Seine typischen Attribute sind seine fast einheitlich graue Farbe und seine fast weiße, manchmal auch rosarote Unterseite. Der kräftige Schnabel ist rundlich und kurz. Durch den Großen Tümmler konnten nicht nur zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, auch die Film- und Fernsehgeschichte wäre ohne »Flipper« um einiges ärmer. Er gilt als kontaktfreudig und ist leicht zu trainieren. Mehrere Hundert Große Tümmler können in ozeanischen Einrichtungen auf der ganzen Welt bewundert werden.
 
Große Tümmler haben eine Lebenserwartung von über 30 Jahren. Sie beginnen mit der Fortpflanzung relativ spät, üblicherweise sind die Weibchen ca. 10, die Männchen ca. 12 Jahre alt, wenn sie ihren Nachwuchs zeugen. Das neugeborene Kalb ist nach einer Tragzeit von 12 Monaten ungefähr einen Meter lang und wiegt um die 30 kg. Seine Mutter und andere Delphine helfen dem Neugeborenen, nach der Geburt zum ersten Luftholen an die Wasseroberfläche zu kommen. Das Kalb wird von seiner Mutter noch 12-18 Monate mit Milch gesäugt, bevor es sich selbst um die Nahrungsaufnahme kümmert.
 
 Der Delphin zwischen Mythos und Wahrheit
 
Schon im klassischen Altertum galt der Delphin als Symbol der Götter, um den sich zahlreiche Geschichten und Legenden ranken. Vor allem im römisch-griechischen Kulturkreis trifft man auf Berichte, wonach Delphine Fischern helfen, Menschen retten oder Kinder auf ihrem Rücken reiten lassen. Der hier geschilderte klassische Delphin der Antike ist unter der Bezeichnung Gewöhnlicher Delphin (Delphinus delphis) bekannt. Er erreicht eine Länge von ca. 2 m und zeichnet sich durch einen schlanken, von der Stirn klar abgesetzten Schnabel aus. Man kann ihn in allen gemäßigten oder wärmeren Meeren antreffen. Er gilt als ausgezeichneter Schwimmer und Springkünstler. Schnelligkeit und Anmut zeichnen ihn gleichermaßen aus.
 
II
Delphine
 
[zu griechisch delphýs »Gebärmutter« (wohl aufgrund eines Vergleichs der Körperform)], Delfine, Delphinidae, weltweit verbreitete und mit etwa 20 Arten artenreichste Familie der Zahnwale. Delphine besitzen eine typische stromlinienförmige Gestalt. Die Körperlängen reichen von 1,3 m bis 4 m, die Körpergewichte von 40 kg bis 600 kg. Die Kiefer mancher Delphine sind mit bis zu 260 kleinen, spitzen und kegelförmigen Zähnen ausgestattet. Die Nahrung besteht meist aus Krebsen, Weichtieren und Fischen. Delphine leben in Gruppen von fünf bis zu mehreren Hundert Tieren. Hilfeverhalten unter Gruppenmitgliedern wurde öfter beobachtet, besonders Jungtiere genießen den Schutz der Gruppe. So wird z. B. nach der Geburt das Jungtier an die Oberfläche gestoßen, damit es schneller zum Atmen kommt. Eindringlinge werden oft von der ganzen Gruppe gemeinsam abgewehrt, sogar große Haie werden zuweilen angegriffen und gerammt, auch getötet. - Eine vielfältige Lautgebung dient der Verständigung unter Wasser.
 
Alle Arten der Delphine sind Bewohner der offenen Meere oder der Küstengewässer. Der etwa 2 m lange, in allen warmen und gemäßigten Meeren vorkommende Gewöhnliche Delphine (Delphinus delphis) hat einen dunkelbraunen bis schwarzen Rücken, hellere wellige Flankenbänder, einen weißen Bauch und eine schnabelartige, deutlich von der Stirn abgesetzte Schnauze. Ebenfalls in allen warmen und gemäßigten Meeren verbreitet ist der Große Tümmler. Viele Delphine sind wegen der Meeresverschmutzung, des Rückgangs der Nahrungstiere und des Einsatzes langer Treibnetze bei der Fischerei, in denen sich auch Delphine verfangen, stark gefährdet. Sie zählen zu den intelligentesten Säugetieren. Besonders erwähnenswert ist die Befähigung zur Echolotung von Objekten, die schon 1958 beim Tümmler nachgewiesen wurde. Sie und die Fähigkeit, anspruchsvolle Aufgabenstellungen zu lösen, machen Delphine zu begehrten Objekten der Forschung.
 
Die mit den Delphinen verwandten Flussdelphine oder Süßwasserdelphine werden in eine eigene Familie (Platanistidae) gestellt.
 
Früheste bekannte Funde stammen aus dem unteren Miozän in Nordamerika und Europa sowie aus dem oberen Pliozän in Japan.
 
Kulturgeschichtliches:
 
Im Altertum war der Delphin Symbol der Götter, ihrer Herrschaft über die See (Poseidon) oder ihres Schutzes der Seefahrt (Dionysos, Apollon Delphinos). Viele Sagen der griechischen und römischen Antike wie auch solche der Maori sowie christliche Legenden schildern, wie Delphine mit Badenden spielten und Menschen aus Seenot retteten. Am bekanntesten ist die Sage von der Rettung des griechischen Dichters Arion.
 
Literatur:
 
E. J. Slijper: Riesen des Meeres. Eine Biologie der Wale u. D. (1962);
 K. S. Norris: Die Zeit der D. Leben u. Überleben einer bedrohten Art (a. d. Amerikan., 1994).
 

Universal-Lexikon. 2012.