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Windkraftwerk
Wịnd|kraft|werk, das:
Windkraftanlage.

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Windkraftwerk,
 
Windkraftanlage, Wind|energiekonverter, Anlage zur Gewinnung elektrischer Energie aus der natürlichen Strömungsenergie des Windes. Wichtigstes Bauelement eines Windkraftwerks ist der Rotor (»Windrad«, »Windturbine«), der an einer Welle befestigt ist und dem Wind geeignet geformte und positionierte Angriffsflächen (Flügel, Schaufeln oder Ähnliches) bietet, sodass er von der zuströmenden Luft in Drehung versetzt wird. Über die Welle und zum Teil über ein Getriebe wird die Drehung auf einen Generator übertragen, der mechanischen Energie in elektrischen Strom umwandelt. Die maximale Leistung eines Windkraftwerks steigt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit, die wiederum mit der Höhe über dem Boden zunimmt. Die kinetische Windenergie lässt sich aus strömungsphysikalischen Gründen selbst bei verlustfreier Umwandlung nur zu höchstens 59,3 % in Rotationsenergie umsetzen; diese Betz-Zahl cB = 16/27 = 0,593 ist das Verhältnis der theoretischen maximalen Leistung der Anlage und der Windleistung über den Rotorquerschnitt.
 
Als häufigste Bauart von Windkraftwerken anzutreffen sind Anlagen mit schnell laufenden Rotoren und waagerecht, d. h. parallel zum Erdboden angeordneter Rotorwelle (Horizontalmaschinen) und zwei oder drei senkrecht dazu stehenden Rotorblättern (in der Regel aus Faserverbundwerkstoff gefertigt); die die Windenergie aufnehmende Welle wird in Windrichtung gedreht. Eine optimale Ausnutzung des Windes setzt aerodynamisch entsprechend gestaltete Blattprofile und eine effiziente Regelung voraus. Letztere wird z. B. durch in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit verstellbare Blattanstellwinkel ermöglicht, sodass die Rotordrehzahl auf einen konstanten Wert geregelt werden kann (Pitch-Regelung); die Drehzahlbegrenzung kleiner Rotoren erfolgt hingegen durch konstruktionsbedingten Strömungsabriss an den Blättern (Stall-Regelung). Eine effektive Energieerzeugung ist je nach Anlagentyp von 3-4 m/s möglich (Anlaufwindgeschwindigkeit). Bei zu hohen Windgeschwindigkeiten (etwa ab 25 m/s, d. h. Windstärke 10) muss aus Schutz vor mechanischen Überlastung der Rotor gebremst oder stillgesetzt und gegebenenfalls die Blätter aus dem Wind gedreht werden. Nach der Generatorleistung unterscheidet man kleine Windkraftwerke mit Rotordurchmessern bis 16 m und bis 50 kW elektrische Leistung, mittlere bis 45 m Durchmesser und 500 kW Leistung und große bis 100 m Durchmesser und mit mehreren MW Leistung. Die drehbare Rotorgondel (zur Ausrichtung in den Wind) wird von einer Turmkonstruktion aus Stahl oder Beton getragen, die bis zu 100 m hoch (meist das ein- bis zweifache des Rotordurchmessers) sein kann.
 
Weitere, noch nicht sehr verbreitete Bauarten sind Horizontalmaschinen mit langsam laufenden vielblättrigen Rotoren (»Westernturbinen«), die in ihrem Aufbau dem herkömmlichen Windrad ähneln, sowie Vertikalmaschinen, deren Rotorwelle senkrecht zum Wind und zum Erdboden steht. Hierzu gehört der Darrieus-Rotor (nach dem Franzosen Georges Darrieus, * 1888, ✝ 1979) mit zwei oder drei senkrechten Rotorblättern, die als Mantellinien einer Rotationsfigur ausgebildet sind. Ähnlich konzipiert ist der Savonius-Rotor (nach dem Finnen Sigurd Savonius) aus zwei senkrecht stehenden schaufelförmigen Blättern. Eine jüngere Entwicklung ist eine dem Darrieus-Rotor ähnliche, konstruktiv einfache Vertikalmaschine mit zwei oder drei geraden Blättern (»H-Rotor«). Vorteile besitzen die Vertikalmaschinen wegen der Unabhängigkeit von der Windrichtung, der konstruktiven Einfachheit und der Unterbringung der mechanischen und elektrischen Baugruppen am Boden; Nachteile sind beim Darrieus-Rotor und beim H-Rotor die Nichtselbstanlauffähigkeit und die eingeschränkte Eignung nur für Starkwindgebiete (dafür aber Einsatz in Extremlagen möglich, z. B. im Hochgebirge).
 
In Deutschland begann die Zeit der modernen Windenergienutzung Mitte der 80er-Jahre. Die 1984 in Betrieb genommene 3-MW-Großanlage Growian im Kaiser-Wilhelm-Koog wurde 1988 wegen Dauerfestigkeitsproblemen wieder abgebaut. An gleicher Stelle befindet sich heute der »Windenergiepark Westküste«, bestehend aus 32 kleineren Windkraftwerken mit einer Gesamtleistung von etwa 1 200 kW. Weitere Windparks mit mittleren Windkraftwerken befinden sich in Nordfriesland (12,5 MW Leistung), im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog (8,75 MW) und in Krummhörn (4,8 MW Leistung). Als Nachfolgeprojekt von Growian wurde 1990 auf Helgoland die Windkraftanlage »WKA 60« (Turmhöhe 44 m, Rotordurchmesser 60 m, Leistung 1,2 MW) in Betrieb genommen. Heute sind Windparks mit Gesamtleistungen von über 50 MWüblich (z. B. 52,5 MW bestehend aus 35 Anlagen je 1,5 MW in der ostfriesischen Gemeinde Holtriem). Eine Sonderentwicklung eines größeren Windkraftwerks ist die Einblattmaschine »Monopteros 50« mit einem asymmetrischen (einblättrigen) Rotor (Turmhöhe 60 m, Rotordurchmesser 56 m, Leistung 650 kW), von der drei Anlagen seit 1989 im »Jade-Windpark« in Wilhelmshaven betrieben werden. 1993 wurde dieser Windpark durch ein Windkraftwerk vom Typ »AEOLUS II« (Turmhöhe 92 m, Rotordurchmesser 80 m, Leistung 3 MW) auf rd. 5 MW erweitert. Nachdem sich die spezifische Leistung der einzelnen Windkraftwerke von im Mittel 60 kW im Jahr 1990 auf 650 MW im Jahr 2000 erhöht hat, sind heute Anlagen bis zu 5 MW Generatorleistung von verschiedenen Herstellern in der Entwicklung. Insgesamt gab es Ende 2000 in Deutschland 9 375 Windkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 6 113 MW (Jahresproduktion etwa 12,5 TWh). Deutschland ist damit weltweit die Nation mit der höchsten installierten Leistung, gefolgt von Dänemark und der USA. Der Boom der Windenergie in den 1990er-Jahren ist v. a. auf die Einführung des Stromeinspeisunggesetzes (1991) zurückzuführen, das durch ein zusätzliches Förderprogramm (200 MW-Windenergieprogramm) ergänzt wurde. Mit dem Stromeinspeisungsgesetz wurde den meist privaten Windenergiebetreibern eine feste Vergütung für die von diesen in das Stromnetz eingespeisten kWh Windstrom zugesichert. Im April 2000 wurde das Gesetz durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz abgelöst, das noch einmal verbesserte Bedingungen für die Netzeinspeisung garantiert.
 
Das maximal für die Windenergie ausschöpfbare Potenzial wird in Dtl auf rd. 50 000 MW geschätzt. Damit könnten mehr als 80 TWh Strom bereitgestellt werden, mehr als 15 % der heutigen Nettostromerzeugung. Unberücksichtigt bleibt dabei das viel größere Nutzungspotenzial von im Meer installierten Windkraftwerken, das auf etwa 240 TWh beziffert werden kann (unter Einbeziehung von Standorten bis 40 m Wassertiefe und 30 km Entfernung von der Küste). Der hohe Installationsaufwand für die Anlagen wird an diesen offshore-Standorten durch deutlich höhere mittlere Windgeschwindigkeiten kompensiert.
 
Der Beitrag der Windenergie zur gesamten Stromversorgung liegt heute bei rd. 2,5 %, mit steigender Tendenz. Regional liegt der Anteil deutlich höher (z. B. rd. 17 % in Schleswig-Holstein). An günstigen Standorten mit ständig in ausreichender Stärke wehendem Wind, v. a. in Küstenregionen, arbeiten Windkraftwerke heute schon wirtschaftlich, wobei mittelgroße Anlagen die zurzeit beste Rentabilität bieten. Aufgrund der starken Zunahme der in den letzten Jahren installierten Anlagen hat die Windenergie immer mehr mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Dies gilt v. a. für den Landschaftsschutz. Mit des Ausweisung von Tabuzonen für die Errichtung von Windkraftwerken und speziellen Vorranggebieten auf kommunaler Ebene konnte dieser Streit Ende der 90er-Jahre größtenteils entschärft werden. Entspannung wird zudem durch die Erschließung von offshore-Standorte erwartet. Abgesehen von landschaftlichen Gesichtspunkten (Erscheinungsbild »Verspargelung«, Flächenbedarf), Geräuschentwicklung und Schattenwurf (so genannter Discoeffekt) erweisen sich Windkraftwerke als äußerst umweltverträgliche Energielieferanten. (Sonnenenergie)
 
Literatur:
 
J. Seidel: Elektr. Energie aus dem Wind (1992);
 Heinz Schulz: Kleine Windkraftanlagen (21993);
 E. Hau: Windkraftanlagen. Grundl., Technik, Einsatz, Wirtschaftlichkeit (21996);
 
Windkraftanlagen, hg. v. R. Gasch (31996);
 S. Heier: Windkraftanlagen im Netzbetrieb (21996);
 V. Quaschning: Regenerative Energiesysteme (1998, mit CD);
 M. Fischedick u. a.:Nach dem Ausstieg: Zukunftskurs erneuerbare Energien (2000);
 
Jahrbuch erneuerbare Energien, hg. v. Frithjof Staiß(2000)
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Windkraftwerk: Der Wind erzeugt Energie
 
erneuerbare Energien: Windenergie
 

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Wịnd|kraft|werk, das: Anlage zur Gewinnung elektrischer Energie aus der natürlichen Energie der Strömung des Windes mithilfe von Rotoren, Turbinen, Windrädern o. Ä.

Universal-Lexikon. 2012.