Rhọ|dos; Rhodos':
griech. Insel im Mittelmeer.
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Rhodos
[neugriechisch 'rɔȓɔs],
1) Hauptstadt der Insel Rhodos und des Verwaltungsbezirkes (Nomos) Dodekanes, Griechenland, an der Nordspitze der Insel Rhodos, gegenüber dem kleinasiatischen Festland, 42 400 Einwohner; griechisch-orthodoxer Bischofs- und katholischer Erzbischofssitz; archäologisches Museum, hydrobiologisches Institut mit Aquarium; Fremdenverkehr; Handels-, Passagierhafen, Flughafen.
Die antike Stadt Rhodos war mit rechtwinklig sich kreuzenden Straßen (hippodamischem System) angelegt. Von der hellenistischen Bebauung zeugen u. a. Reste des kleinen ionischen Aphroditetempels (3. Jahrhundert v. Chr.) im Nordwesten des Hafens, des dorischen Apollon-Pythios-Tempels (teilweise restauriert) am Hang der antiken Akropolis sowie nahebei das wiederhergestellte Auditorium (für 800 Zuhörer der Redner) und das Stadion mit sechs restaurierten Sitzreihen. Ein Großteil der Kunstwerke der Insel, zum Teil von einheimischen Künstlern geschaffen (Rhodische Bildhauerschule), wurde schon von Gaius Cassius Longinus (42 v. Chr.) geraubt; der Koloss von Rhodos war damals bereits eingestürzt. An den Ausfallstraßen der Stadt liegen hellenistische Felsgräber, u. a. das »Ptolemäergrab« (mit 21 dorischen Halbsäulen). - Die mittelalterliche Befestigung der Stadt geht auf byzantinischer Zeit zurück und wurde vor 1400 durch den Johanniterorden erneuert. Durch eine Mauer war die Festung in das Viertel der Ritter und die Vorstadt (Händlerviertel mit Basar) geteilt. An der Ritterstraße befinden sich alte »Herbergen« (Versammlungshäuser der acht Ritter-Landsmannschaften). Im Mittelpunkt des Viertels steht das 1440-89 erbaute Ritterhospital (im 1. Stock ein 50 m langer Krankensaal mit Kreuzgewölbe; heute archäologisches Museum). Der nach alten Stichen von den Italienern nach dem Ersten Weltkrieg neu aufgebaute Großmeisterpalast (Einbau von Teilen anderer Burgen aus dem Dodekanes) ist jetzt Gouverneurspalast und Museum. Nach der türkischen Besetzung (1523) wurden zahlreiche Moscheen errichtet und byzantinische Kirchen in Moscheen umgewandelt (Marienkirche des 13. Jahrhunderts, Georgskirche u. a.; in der Ilk-Mihrab-Moschee byzantinische Fresken der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts). Die mittelalterliche Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Seit der Gründung von Rhodos 408/407 v. Chr. ist die Geschichte der Stadt Teil der Geschichte der Insel Rhodos.
2) größte Insel des Dodekanes, Griechenland, vor der Südwestküste der Türkei, 78 km lang, bis 35 km breit, 1 398 km2, 98 200 Einwohner; Hauptstadt ist Rhodos. Die hügelige (200-600 m über dem Meeresspiegel), aus tertiären Ablagerungen aufgebaute Insel wird von einigen Gebirgsstöcken aus mesozoischem Kalkstein überragt (Ataviros 1 215 m über dem Meeresspiegel). Die Küste ist wenig gegliedert; neben Felsküsten gibt es ausgedehnte, von kleineren Kaps unterbrochene Sandstrände. Begünstigt durch Wasserreichtum und mildes Mittelmeerklima ist die Vegetation üppig. Die Gebirge sind waldbedeckt (v. a. Macchie). Ausgedehnte Olivenpflanzungen, in den Tälern Anbau von Wein, Zitrus- u. a. Früchten, in den Küstenebenen, besonders im Westen, v. a. Gemüsebau, zum Teil mit künstlicher Bewässerung. Hauptanziehungspunkte des bedeutenden internationalen Fremdenverkehrs sind die Badestrände, die Stadt Rhodos, die antiken Stätten Ialysos, Kamiros und Lindos sowie das »Tal der Schmetterlinge« im Norden.
Die Insel war schon in mykenischer Zeit dicht besiedelt und wurde um 1000 v. Chr. von Dorern besetzt, die drei Stadtstaaten gründeten: Lindos, Ialysos und Kamiros; sie bildeten mit Halikarnassos, Knidos und Kos einen Bund (»dorische Hexapolis«, Doris). Rhodos wurde erneut ein Handelsmittelpunkt. Mehrere Kolonien wurden von hier aus gegründet (z. B. Gela auf Sizilien). Nach den Perserkriegen traten die rhodischen Städte dem 1. Attischen Seebund bei (bis 411 v. Chr.) und gründeten 408/407 durch Synoikismos die Stadt Rhodos. Im 4. Jahrhundert v. Chr. fiel Rhodos zunächst unter persischer, unter Alexander dem Großen unter makedonischer Herrschaft. Nach dessen Tod (323 v. Chr.) behauptete es seine Unabhängigkeit und wehrte die Belagerung durch Demetrios Poliorketes (305/304 v. Chr.) ab. Mit Rom seit etwa 200 v. Chr. verbündet, entwickelte sich Rhodos zu einer Handelsmacht ersten Ranges; das »rhodische Seerecht« erlangte Weltgeltung durch Rom, das den Inselfreistaat gegen die hellenistischen Großmächte bis 168 v. Chr. begünstigte und durch Besitzungen an der kleinasiatischen Küste (Karien, Lykien) erweiterte. Der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung entsprach eine kulturelle Blüte. Ein bedeutender Gelehrter war Apollonios von Rhodos. Bis zum Ende der römischen Kaiserzeit blieb Rhodos geistiges Zentrum und Studienort vornehmer Römer (berühmte Schule der Rhetorik).
Seit der Eroberung durch den Caesarmörder Cassius 42 v. Chr. war die Macht der Insel gebrochen. Später teilte sie das Schicksal des Byzantinischen Reiches, war in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts eine Zeit lang arabisch. Zwischen Byzanz, Venezianern und Genuesen umstritten, wurde Rhodos 1309 Sitz des Johanniterordens (Rhodiser), der die Insel durch zahlreiche Burgen sicherte. Aus der byzantinischen und der Kreuzfahrerzeit stammt eine Reihe von Kirchen. Nach einer vergeblichen Belagerung durch die Türken (1480) fiel Rhodos 1522/23 unter osmanischer Herrschaft. 1912 wurde es mit den Inseln des Dodekanes von Italien besetzt, im Friedensvertrag von Lausanne (24. 7. 1923 förmlich durch die Türkei an Italien abgetreten. 1943-45 war Rhodos von deutschen Truppen besetzt. Im Frieden von Paris (10. 2. 1947 musste Italien Rhodos mit den Inseln des Dodekanes an Griechenland abtreten.
W. J. Eggeling: R., Naxos, Syros (1984);
N. Rochford: Landschaften auf R. (a. d. Engl., London 1987);
R. Speich: R. (1987);
K. Gallas: R. (41988);
H. Zusanek: R. u. Helios. Mythos, Topos u. Kultentwicklung (21996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Hellenismus: Griechische Zivilisation weltweit
Pergamon und Rhodos
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Rhọ|dos; Rhodos': griech. Insel im Mittelmeer.
Universal-Lexikon. 2012.