Kriegs|ge|fan|ge|ne(r) 〈m. 29〉 kriegsgefangener Soldat
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Kriegs|ge|fan|ge|ne, die:
Soldatin, die im Krieg vom Feind gefangen genommen wird, in die Hand des Gegners gerät.
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Kriegsgefangene,
während eines internationalen bewaffneten Konflikts in Feindeshand geratene Angehörige der Streitkräfte und Personen mit dem Status von Kombattanten. Die Kriegsgefangenschaft ist ein kriegsvölkerrechtlicher Status von Einzelpersonen. Es gibt rechtlich keine Kriegsgefangenschaft von Personengesamtheiten. Dieser Status dient dem Schutz der Einzelperson, die bis zu ihrer Gefangennahme an Kriegshandlungen teilgenommen hat. Der Kriegsgefangene unterscheidet sich insoweit grundlegend vom Strafgefangenen, als die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit nur den Zweck verfolgt, ihn von einer weiteren Teilnahme an Feindseligkeiten fern zu halten.
Im Altertum waren die Kriegsgefangenen rechtlos. Im Mittelalter bildeten sich Ansätze zum späteren kriegsrechtlichen Begriff der Ritterlichkeit, der aber vornehmlich die Kampfführung selbst betraf. Erst in der Haager Landkriegsordnung von 1907 (Abkürzung HLKO) wurde die bis heute geltende Grundregel aufgestellt, dass die Kriegsgefangenen der feindlichen Regierung, aber nicht der Gewalt der Personen oder Abteilungen, die sie gefangen genommen haben, unterstehen; sie sollen mit Menschlichkeit behandelt werden. Ferner garantiert die HLKO den Kriegsgefangenen ihr persönliches Eigentum, die Religionsausübung und andere Vergünstigungen. Art. 20 HLKO bestimmt ferner, dass Kriegsgefangene nach Friedensschluss binnen kürzester Frist in ihre Heimat entlassen werden sollen. Diese Grundsätze sind durch spätere Konventionen ergänzt worden, nämlich durch die Genfer Konvention vom 27. 7. 1929 sowie das III. Genfer Abkommen vom 12. 8. 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen (»Kriegsgefangenenkonvention«). Namentlich Letztere gilt für die Mitglieder von Streitkräften der am Konflikt beteiligten Parteien und von Milizen und Freiwilligenkorps, die in diese Streitkräfte eingegliedert sind, ferner für die Mitglieder von organisierten Widerstandsbewegungen, die zu einer am Konflikt beteiligten Partei gehören, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, aber auch für das Gefolge von Streitkräften und für die Bevölkerung eines unbesetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen.
Neben der Bekräftigung der Grundregel menschlicher Behandlung, der Verankerung des Verbots von Gewalttätigkeiten und öffentlichen Zurschaustellung, des Anspruchs auf Achtung der Person und ihrer Ehre regelt die Konvention Einzelheiten von Behandlung und Unterbringung, Arbeitspflicht und -entgelt, Verpflegung, Bekleidung und ärztliche Betreuung. Bei Ausbruch des Konflikts und in allen Fällen einer Besetzung muss jede Konfliktpartei ein amtliches Auskunftsbüro für die in ihrer Hand befindlichen Kriegsgefangenen einrichten.
Die Grundsätze der HLKO und der Genfer Konvention wurden von den meisten der in den Zweiten Weltkrieg verwickelten Staaten missachtet; mehrere Mio. Kriegsgefangene starben in den Gefangenenlagern.
Im Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland konnten nach dem Kriegsgefangenenentschädigungs-Gesetz in der Fassung vom 4. 2. 1987 Deutsche, die Kriegsgefangene waren (auch Internierte oder Verschleppte) und die nach dem 31. 12. 1946 aus dem ausländischen Gewahrsam entlassen wurden und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt am 31. 12. 1961 in der Bundesrepublik Deutschland gehabt haben oder nach diesem Zeitpunkt als Aussiedler, Heimkehrer, Sowjetzonenflüchtling oder im Wege der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland gelangt sind, eine Entschädigung in Anspruch nehmen, sofern sie spätestens drei Jahre nach Rückkehr beziehungsweise Übersiedelung einen entsprechenden Antrag stellten. Das Kriegsgefangenenentschädigungs-Gesetz wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1993 aufgehoben. Für die vor dem 31. 12. 1993 beantragten Leistungen gelten Übergangsvorschriften.
Im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung werden Zeiten der Kriegsgefangenschaft als Ersatzzeiten berücksichtigt. (Heimkehrer)
J. Hinz: Das K.-Recht (1955);
M. Lang: Stalins Strafjustiz gegen dt. Soldaten (1981);
J. Bacque: Der geplante Tod. Dt. Kriegsgefangene in amerikan. u. frz. Lagern 1945-1946 (a. d. Engl., 1989).
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Kriegs|ge|fan|ge|ne, der u. die: (männlicher od. weiblicher) Soldat, der im Krieg vom Feind gefangen genommen wird, in die Hand des Gegners gerät: Die Belegschaft besteht bei Kriegsende zu 60 % aus Fremdarbeitern und -n (Chotjewitz, Friede 150).
Universal-Lexikon. 2012.