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Festkörperphysik
Fẹst|kör|per|phy|sik 〈f.; -; unz.〉 Teilgebiet der Physik, das sich mit dem Aufbau der Festkörper u. ihrem Verhalten befasst

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Fẹst|kör|per|phy|sik, die:
Teilgebiet der Physik, das die Eigenschaften von Festkörpern untersucht.

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Festkörperphysik,
 
Teilgebiet der Physik, das sich mit den physikalischen Eigenschaften fester Körper, besonders der Kristalle, sowie mit der theoretischen Deutung dieser Eigenschaften beschäftigt. Wichtige Aufgabenstellungen der Festkörperphysik sind Aufklärung der Kristallstrukturen, Bestimmung der Bindungsverhältnisse zwischen benachbarten Atomen sowie die Messung, Interpretation und technische Anwendung der mechanischen, thermischen, elektrischen, magnetischen, optischen u. a. physikalischen Eigenschaften von ein- und polykristallinen sowie amorphen Festkörpern. Die Festkörperphysik versucht, diese makroskopischen Phänomene aus den Eigenschaften der am Aufbau der Körper beteiligten Atome, ihrer Anordnung und ihren Wechselwirkungen zu erklären. Viele Eigenschaften, z. B. die Piezoelektrizität oder nichtlineare optische Eigenschaften, sind an die Existenz gewisser Symmetrien im Kristallaufbau geknüpft, sodass schon die Bestimmung der Kristallsymmetrie (Kristallklasse, Symmetrieoperation) z. B. mithilfe der Röntgenstrukturanalyse wertvolle Informationen über das physikalische Verhalten liefert.
 
Die theoretischen Modelle gehen meist von Einkristallen mit einer hohen räumlichen Symmetrie aus. Da ein Festkörper vom Volumen 1 cm3 ein aus rd. 1023 miteinander wechselwirkenden Partikeln aufgebautes Vielteilchensystem darstellt, ist eine theoretische Beschreibung nur mit Methoden der Quantenfeldtheorie, statistischen Mechanik und Quantenstatistik möglich. Schon die Vorhersage der stabilsten und energetisch bevorzugten räumlichen Anordnung der Atome im dreidimensionalen Kristallgitter ist ein äußerst kompliziertes quantenmechanisches Problem, von dessen allgemeiner Lösung die Festkörperphysik noch weit entfernt ist. Durch Messung der physikalischen Eigenschaften bei Temperaturen T nahe dem absoluten Nullpunkt der Temperaturskala ist aber eine hinreichend genaue empirische Beschreibung dieses für jeden Festkörper bei T = 0 die niedrigste Energie aufweisenden Grundzustands möglich. Seine theoretische Beschreibung geht von der Annahme aus, dass die Kristallgitter von positiv geladenen Atomrümpfen (Ionen) gebildet werden, für deren Bindung die von den Atomen abgelösten, sich mehr oder weniger frei durch das Gitter bewegenden Valenzelektronen verantwortlich sind: Die durch die Schrödinger-Gleichung des Elektronensystems zu bestimmende negative Bindungsenergie sämtlicher Elektronen ist eine Funktion der momentanen Ionenkoordinaten; sie geht als negative, eine Anziehung zwischen den Ionen hervorrufende potenzielle Energie in die Schrödinger-Gleichung des Ionensystems ein. - In dieser Näherung lässt sich dann der Grundzustand des Elektronensystems mit Standardmethoden der Quantenmechanik (z. B. der Hartree-Fock-Methode und ihrer Weiterentwicklungen) berechnen.
 
Die Berechnung der vom Grundzustand verschiedenen angeregten Zustände des Festkörpers verlangt im Allgemeinen andere mathematische Methoden. Die Anregungen des Festkörpers durch verschiedenste äußere Einflüsse (Druck, Wärmezufuhr, Licht, elektrische oder magnetische Felder u. a.) führen zu Übergängen in höhere Energiezustände, die durch das Konzept der Elementaranregungen, d. h. die Erzeugung und Vernichtung von Quasiteilchen, erfasst werden. Die wichtigsten Modelle zur quantitativen Behandlung der quasifreien Elektronen und zur Berechnung ihrer Energiezustände sowie der von ihnen bewirkten physikalischen Eigenschaften und Effekte sind das quantenmechanische Bändermodell und die Elektronengastheorie. Die komplizierten Einzelbewegungen der Atome im Kristall (Gitterschwingungen), z. B. bei der Wärmezufuhr oder Schallausbreitung, werden durch Zerlegung in Elementarschwingungen (Phononen) mit wohldefinierter Energie, Wellenlänge und Ausbreitungsrichtung beschrieben. Wenn die Anregung des Kristalls hinreichend schwach ist, können die Quasiteilchen einer Art wie ein ideales Gas behandelt werden, bei dem die Wechselwirkung zwischen mehreren Teilchen vernachlässigbar ist. Viele physikalische Phänomene werden aber erst aufgrund der Wechselwirkungen zwischen Elektronen, Defektelektronen (Löcher), Phononen und weiteren Quasiteilchen (z. B. Exzitonen und Plasmonen) verständlich, wobei diese Kopplungen bewirken, dass die Anregungsenergie sich im thermischen Gleichgewicht auf alle Quasiteilchensysteme des Festkörpers verteilt. Z. B. kommt der elektrische Widerstand der Metalle durch Streuung der Elektronen an Phononen zustande. Die Supraleitung bei tiefen Temperaturen kann durch den Austausch virtueller Phononen zwischen Elektronen beschrieben werden. Die thermische Ausdehnung der Kristalle hängt mit der Wechselwirkung von Phononen untereinander zusammen.
 
Großes Interesse im Hinblick auf die Anwendung findet die Untersuchung von Störstellen im Kristall (Versetzungen, Leerstellen im Kristallgitter, Einbau von Fremdatomen) sowie deren Auswirkung auf die physikalischen Eigenschaften, da durch die kontrollierte Erzeugung derartiger Störstellen in Einkristallen z. B. die elektrische Leitfähigkeit von Halbleitern (Dotierung), die Elastizität oder die Lumineszenz von Festkörpern beeinflusst werden können. Aktuelle Themen der Festkörperphysik sind die Halbleiterphysik, die Metallphysik, die Supraleitung, die Eigenschaften von Festkörperoberflächen (Oberflächenphysik), die Physik dünner Schichten und Schichtsysteme sowie die Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie, die bei der Entwicklung von Halbleiterlasern, Lumineszenzdioden, Photodetektoren, Solarzellen u. a. optoelektronischen Bauelementen technische Anwendung finden.
 
Literatur:
 
O. Madelung: Festkörpertheorie, 3 Bde. (1972-73);
 K.-H. Hellwege: Einf. in die F. (31988, Nachdr. 1994);
 K. Kopitzki: Einf. in die F. (31993);
 J. R. Christman: F. Die Grundlagen (a. d. Engl., 21995);
 C. Weissmantel u. C. Hamann: Grundlagen der F. (41995);
 H. Ibach u. H. Lüth: F.. Einf. in die Grundlagen (51999);
 C. Kittel: Einf. in die F. (a. d. Amerikan., 121999);
 G. Czycholl: Theoretische F.. Von den klass. Modellen zu modernen Forschungsthemen (2000);
 E. Jäger u. M. I. Kaganow: Grundlagen der F. (Thun 2000).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Werkstoffe: Struktur, Kristalldefekte, Körner
 

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Fẹst|kör|per|phy|sik, die: Teilgebiet der Physik, das die Eigenschaften von Festkörpern untersucht.
festkrallen
fẹst|kral|len, sich <sw. V.; hat: (bes. von Tieren) sich [krampfhaft] mit den Krallen festhalten: die Katze krallt sich am Vorhang, im Sofakissen fest; Er (= ein kleiner Junge) konnte sich auf den Boden legen, im Teppich f. und brüllen (Bachmann, Erzählungen 118); ihre kleinen Hände krallten sich an ihm fest (Kirst, 08/15, 733); Ü sich an einem Standpunkt f.; die lehmigen Unterstände von Jenan ..., wo sich ... die Überreste der Armee ... zuletzt festgekrallt hatten (Kantorowicz, Tagebuch I, 570); Niemand kümmerte sich mehr um die Efeu- und Strauchwurzeln, die sich in den Mauerfugen festkrallten (Ransmayr, Welt 219).

Universal-Lexikon. 2012.