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Synkretismus
Vermischung; Verschmelzung

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Syn|kre|tịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. Verschmelzung mehrerer Religionen, verschiedener Auffassungen, Standpunkte usw.
2. 〈Sprachw.〉 Zusammenfall von mehreren ursprünglich unterschiedl. Formen (Kasus\Synkretismus)
[zu grch. synkretizein „verbinden“]

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Syn|kre|tịs|mus, der; - [spätgriech. sygkrētismós = Vereinigung zweier Streitender gegen einen Dritten] (bildungsspr.):
Vermischung verschiedener Religionen, philosophischer Lehren o. Ä.
Dazu:
Syn|kre|tịst, der; -en, -en;
Syn|kre|tịs|tin, die; -, -nen;
syn|kre|tịs|tisch <Adj.>.

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Synkretịsmus
 
[griechisch »Vereinigung zweier Streitender gegen einen Dritten«] der, -,  
 1) allgemein: die Verschmelzung unterschiedlicher Lehren oder Kulte. - Der Begriff bezeichnete zunächst bei Plutarch den Zusammenschluss der sonst uneinigen Kreter gegen äußere Feinde. Erasmus von Rotterdam wandte ihn durch die (andere) Ableitung vom griechischen Verb synkerannynai (zusammenmischen) auf die Bemühungen um ein friedliches Verhalten religiöser Gegner an.
 
 2) Philosophie: die unkritische Übernahme (Kompilation) verschiedenartiger philosophischer Ansätze oder Lehren und ihre Verschmelzung zu einem nicht in sich geschlossenen, vom Zeitgeist oder Ähnlichem abhängigen Zusammenhang.
 
 3) Religionswissenschaft und Theologie: aus der Theologie in die Religionswissenschaft übernommener Begriff, mit dem - häufig abwertend - die eklektizistische Verbindung oder Vermischung von doktrinären oder kultischen Elementen verschiedener (zweier oder mehrerer) religiöser Traditionen bezeichnet wird. In der Theologie wurde der Begriff ursprünglich im Zusammenhang mit den »irenischen« Tendenzen innerhalb des Luthertums im 17. Jahrhundert gebraucht (synkretistischer Streit). - Aus religionsgeschichtlicher Sicht ist jede Religion synkretistisch, da jede neue Religion Teile ihrer Herkunftsreligion übernimmt und mit neuen oder anderen Komponenten verbindet, wodurch letztlich ein neues Religionssystem entsteht (neue Religionen). - Eine andere Art von Synkretismus zeigt sich in der Ausbreitungsgeschichte von Stammes-, Volks- oder Staatsreligionen (Staatskulten), wobei Teile der (meist kriegspolitisch) überlagerten religiösen Systeme nicht ausgerottet, sondern integriert werden (z. B. chinesischer Universalismus, Hinduismus, ägyptische oder römische Staatsreligion), ein Vorgang, der auch bei missionierenden Religionen (Buddhismus, Christentum, Islam) im Zusammentreffen mit Gesellschaften anderer Kulturen (Inkulturation) geschieht. - Eine dritte Art von Synkretismus begegnet in den »synthetischen« Religionen, deren Gründer oder Gemeinschaft bewusst eine Harmonisierung und Verschmelzung unterschiedlicher Anschauungen und Traditionen herbeizuführen suchen (z. B. Manichäismus, antike Mysterienreligionen, Sikhismus). - In besonderem Maß sind innerhalb der Volksfrömmigkeit synkretistische religiöse Vorstellungen und Praktiken lebendig. Als »Überreste« früherer Religionen sind sie in das religiöse Brauchtum (z. B. die Heiligenverehrung) eingegangen und werden im Rahmen der »offiziellen« Religionen gepflegt und in ihrem Sinne gedeutet, auch wenn sie im strengen (theologischen) Sinne nicht beziehungsweise nur schwer in Einklang mit deren Glaubenslehren zu bringen sind.
 
Literatur:
 
G. Lanczkowski: Begegnung u. Wandel der Religionen (1971);
 
S.-Forschung, hg. v. G. Wiessner (1978);
 H. Waldenfels: S. Eklektizismus, in: Lex. der Sekten, Sondergruppen u. Weltanschauungen, hg. v. H. Gasper u. a. (1990);
 
Im Schmelztiegel der Religionen. Konturen des modernen S., hg. v. V. Drehsen u. W. Sparn (1996).
 
 4) Sprachwissenschaft: Kasus-Synkretismus, Verschmelzung verschiedener Kasus zu einem Kasus (z. B. Lokativ und Instrumentalis im lateinischen Ablativ).
 

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Syn|kre|tịs|mus, der; - [spätgriech. sygkrētismós = Vereinigung zweier Streitender gegen einen Dritten]: 1. (bildungsspr.) Vermischung verschiedener Religionen, philosophischer Lehren o. Ä.: Um die Einladung an den Dalai Lama hatte es im Vorfeld des Kirchentages erheblichen Wirbel gegeben. Konservative Gruppierungen befürchten einen »Synkretismus« - die Vermischung von Religionen (Welt 9. 6. 93, 1). 2. (Sprachw.) Kasussynkretismus.

Universal-Lexikon. 2012.