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Termingeschäfte
Termingeschäfte,
 
Zeitgeschäfte, Geschäfte, die (im Gegensatz zu Kassageschäften) erst zu einem späteren Zeitpunkt - aber zu den am Tag des Vertragsabschlusses fixierten Bedingungen (Lieferung, Zahlung) - erfüllt werden. Gegenstand von Termingeschäften können Waren, Devisen, Wertpapiere und abstrakte Basiswerte (z. B. Aktienindizes) sein.
 
Grundsätzlich zu unterscheiden sind unbedingte (feste) und bedingte Termingeschäfte. Unbedingte Termingeschäfte begründen für beide Vertragspartner eine definitive Pflicht, das Geschäft zu erfüllen, also den Gegenstand zu den festgelegten Bedingungen zu liefern beziehungsweise abzunehmen. Hierzu zählen die individuell ausgestaltbaren, nicht standardisierten »Forwards« sowie die standardisierten und somit börsenfähigen Futures. Bedingte Termingeschäfte räumen hingegen einer Partei das Recht ein, das Geschäft eventuell nicht zu erfüllen, wobei der einseitig Berechtigte als Ausgleich für die asymmetrische Risikoverteilung eine Prämie zu entrichten hat. Zu dieser Gruppe gehören insbesondere alle Optionsgeschäfte. Weniger bekannte Unterarten solcher Prämiengeschäfte sind das Vorprämiengeschäft, bei dem der Käufer das Recht erwirbt, am Stichtag unter Zahlung der vereinbarten Prämie zurückzutreten, das Rückprämiengeschäft, bei dem der Verkäufer das Recht hat, am vereinbarten Termin zum vereinbarten Kurs (Preis) zu liefern oder gegen Zahlung der vereinbarten Prämie auf die Lieferung zu verzichten, das Stellagegeschäft (Stellgeschäft), eine Kombination von Vor- und Rückprämiengeschäft, und das Nochgeschäft, ein meist festes Termingeschäft, verbunden mit dem durch Zahlung einer Prämie zu erwerbenden Recht einer ein- oder mehrmaligen Nachforderung oder Nachlieferung der gleichen Menge.
 
Termingeschäfte sind in der Regel kurzfristige Geschäfte mit Laufzeiten zwischen einem und zwölf Monaten, die zum jeweiligen Monatsende (per ultimo; deshalb auch Ultimogeschäft) oder zur jeweiligen Monatsmitte (Mediogeschäft) erfüllt werden. Termingeschäfte können zwischen zwei Vertragsparteien auf der Basis individueller Vereinbarungen außerbörslich (Over-the-Counter-Geschäft) oder aber in Form standardisierter Kontrakte an speziellen Terminbörsen abgeschlossen werden. Solche Terminkontrakte sind hinsichtlich Volumen, Laufzeiten und Liefermodalitäten vereinheitlicht; ihre jeweiligen Kurse werden an den Terminbörsen regelmäßig notiert. Die wichtigsten Börsentermingeschäfte sind Optionsgeschäfte und Geschäfte mit Futures.
 
Termingeschäfte dienen dazu, risikobehaftete Geschäfte abzusichern (Hedgegeschäft), vermutete zukünftige Preisveränderungen auszunutzen (Spekulation) oder Preisunterschiede zwischen verschiedenen Märkten zu nutzen (Arbitrage). Bei weitem überwiegt jedoch der spekulative Charakter von Termingeschäften. So ermöglicht zwar das Warentermingeschäft mit Standardqualitäten bestimmter Welthandelsgüter (z. B. Getreide, Kaffee, Rohöl) für den Warenhändler eine bessere Disposition und bei Preisschwankungen auf den Weltmärkten eine feste Kalkulationsgrundlage (z. B. beim Getreidehandel), doch liegen zu etwa 99 % dieser Termingeschäfte keine Warenlieferungen im Sinne eines Effektivgeschäfts zugrunde, die durch Deckungskäufe glattgestellt (erfüllt) werden. Vielmehr werden die Positionen vorzeitig wieder aufgelöst. Devisentermingeschäfte dienen einerseits dem Schutz vor Kursverlusten, indem Wechselkursrisiken (Preisrisiken) abgedeckt werden (Kurssicherung), andererseits aber auch als spekulative Geldanlage. Zwar wird als Vorteil von Termingeschäften angesehen, dass ein besserer Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage möglich sei, was zu einer stetigeren Kursentwicklung führe, doch kann der hohe Anteil spekulativer Termingeschäfte auch dazu führen, Kursschwankungen zu verstärken. Wegen der oftmals erheblichen Risiken (z. B. Fehlprognosen von Kursentwicklungen), der erhöhten Risikobereitschaft (nicht notwendige sofortige Erfüllung von Termingeschäften und zum Teil begrenzter Kapitaleinsatz, bei Warentermingeschäften oft nur 5-10 % des Kontraktwerts als Marge oder Einschuss bei Vertragsabschluss) dürfen Privatpersonen Termingeschäfte nur dann abschließen, wenn sie über die mit Termingeschäften verbundenen Risiken informiert worden sind (Herstellung der Termingeschäftsfähigkeit gemäß § 53 Börsengesetz). - Die weltweit wichtigsten Terminbörsen sind in Chicago, Illinois (Chicagoer Börsen), in New York (New York Stock Exchange), in Europa v. a. in London (LIFFE, Londoner Börse), Paris (Marché à Terme Internationale de France, Abkürzung MATIF), Zürich (Eurex Zürich, vormals Swiss Option and Financial Futures Exchange, Abkürzung SOFFEX). In Deutschland ist der Terminhandel mit Wertpapieren und anderen Basiswerten seit 1990 börsenmäßig organisiert über die Eurex Deutschland (Eurex), die bis 1998 als Deutsche Terminbörse firmierte.
 
Literatur:
 
K. J. Wach: Der Terminhandel in Recht u. Praxis (1986);
 D. Nölkel: Die dt. Terminbörse (1990);
 M. Kneidl: Börsen-Hb. Terminbörse in Dtl., 2 Bde. (31991);
 J. J. Murphy: Techn. Analyse der Terminmärkte (a. d. Engl., 1991);
 A. R. Walter: Die Terminspekulation mit Optionen auf Waren, Devisen, Indices u. Finanzkontrakte (31992);
 U. Becker: Lex. Terminhandel (1994);
 
Optionen u. Futures. Grundlagen u. Strategien für das Termingeschäft in der Schweiz, Dtl. u. Österreich, bearb. v. E. Müller-Möhl u. a. (Neuausg. 31995);
 U. Rettberg u. D. Zwätz: Das kleine Terminhandels-Lex. (41995);
 A. Beer: Die Dt. Terminbörse. Ein Überblick über Grundlagen, Strukturen, Möglichkeiten (51997).
 

Universal-Lexikon. 2012.