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Kiefer
Kieferknochen

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1Kie|fer ['ki:fɐ], der, bayr., österr. ugs. auch: das; -s, -:
Teil des Schädels, in dem die Zähne sitzen, dessen unterer Teil beweglich und dessen oberer Teil fest mit den Knochen des Gesichts verwachsen ist:
ein kräftiger Kiefer; die Kiefer zusammenbeißen.
Zus.: Oberkiefer, Unterkiefer.
  2Kie|fer ['ki:fɐ], die; -, -n:
Nadelbaum mit langen, in Bündeln wachsenden Nadeln und kleinen, kegelförmigen Zapfen:
in diesem Wald stehen viele Kiefern.

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Kie|fer1 〈m. 3; Anat.〉 bewegliches u. verstärktes, meist zangenförmig angeordnetes Werkzeug am Anfang des Verdauungsweges vieler Tiere u. des Menschen, das dem Erfassen u. der Zerkleinerung der Nahrung dient [<mhd. kiver; zu idg. *geph-, *gebh- „Kiefer, Mund“]
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Kie|fer2 〈f. 21; Bot.〉 Angehörige einer Gattung der Koniferen mit zwei bis fünf Nadeln an einem Kurztrieb: Pinus [<ahd. kienforha;Kien1, Föhre]

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1Kie|fer, der, bayr., österr. ugs. auch: das; -s, - [mhd. kiver, auch: kivel, eigtl. = Nager, Esser, verw. mit Käfer]:
Schädelknochen, in dem die Zähne sitzen u. dessen oberer Teil mit dem Gesichtsschädel fest verwachsen ist, während der untere sich über ein Gelenk auf u. ab bewegen u. den Zugang zur Mundhöhle öffnen u. schließen kann; Ober- u. Unterkiefer:
ein kräftiger, zahnloser, vorspringender K.;
mit schlaff herabhängendem K. (Unterkiefer);
jmdm. fällt/klappt der K. [he]runter, jmds. K. fällt/klappt [he]runter (ugs.; Unterkiefer).
2Kie|fer, die; -, -n [wahrsch. verdunkelte Zus. aus Kien u. Föhre; vgl. ahd. kienforha = Kiefer]:
1. auf sandigem Boden wachsender, harzreicher Nadelbaum mit langen, kantigen, in Bündeln wachsenden Nadeln u. kugeligen bis walzenförmigen, meist hängenden Zapfen.
2. <o. Pl.> [vielseitig als Bauholz verwendbares] Holz der Kiefer.

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I
Kiefer,
 
bei wirbellosen Tieren harte, kutikuläre Bildungen in der Mundregion, die der Nahrungsaufnahme dienen; Gliederfüßer haben umgebildete Gliedmaßen als Kiefer (Mundgliedmaßen), bei den Seeigeln wird das Kiefergerüst durch die Laterne des Aristoteles gebildet. - Bei den Wirbeltieren gehört der knöcherne Anteil der Kiefer zum Kopfskelett und ist (als Kieferbogen, Mandibularbogen) stammesgeschichtlich aus einem (oder zwei) Paar der vorderen Kiemenbögen hervorgegangen. Bei den Säugetieren (einschließlich Mensch) bildet sich ein sekundäres Kiefergelenk aus. Die Elemente des primären Kiefergelenks übernehmen im Mittelohr als Gehörknöchelchen eine neue Funktion. - Die Kiefer der Vögel sind zu einem zahnlosen hornüberzogenen Schnabel geworden; sonst tragen die Kiefer der Wirbeltiere meist Zähne.
 
Beim Menschen ist der Oberkiefer (Oberkieferknochen, Maxilla) - mit eingeschobenem Zwischenkieferknochen - fest mit dem Gesichtsschädel verwachsen und bestimmt durch seine Form, Größe und Stellung die Gesichtsform mit. Er trägt den zur Aufnahme der Zahnfächer (Alveolen) bestimmten Alveolarfortsatz, der den randständigen, insgesamt elliptisch geformten Zahnbogen mit der oberen Zahnreihe bildet, und ist daneben durch die beiden plattenförmigen, zum Gaumenbein überleitenden Oberkieferfortsätze am Aufbau des harten Gaumens, außerdem an der Wandbildung für die Augen- und Nasenhöhle beteiligt.
 
Der charakteristisch gegliederte, gegenüber dem Schädel gelenkig bewegliche Unterkiefer (Unterkieferknochen, Mandibula) besteht aus dem parabolisch geformten, wie beim Oberkiefer einen Alveolarfortsatz als unteren Zahnbogen tragenden Unterkieferkörper (einem Verwachsungsprodukt aus zwei ursprünglich getrennt voneinander angelegten Hälften). Kieferanomalien.
 
II
Kiefer
 
[althochdeutsch kienforha, wohl zu Kien und Föhre], Pinus, Gattung der Kieferngewächse mit über 90 Arten v. a. auf der Nordhalbkugel; immergrüne Nadelbäume (selten Sträucher) mit meist harzreichem Holz. Die Langtriebe tragen nur braune Schuppenblätter, aus deren Achseln sich die Kurztriebe entwickeln. An diesen befinden sich basale Schuppenblätter und je ein Büschel aus 2-5 (selten 1-8) Nadelblättern. Kiefern sind einhäusig; die männlichen Blütenzapfen sitzen meist am unteren Teil der neuen Langtriebe statt beblätterter Kurztriebe, die weiblichen an der Spitze der Langtriebe oder kurz unterhalb dieser. Die weiblichen Zapfen besitzen holzige Fruchtschuppen, die distal eine Verdickung (Apophyse) aufweisen; auf der Unterseite an der Basis befinden sich jeweils zwei Samenanlagen, aus denen sich in der Regel geflügelte Samen entwickeln (Fruchtreife meist 2-3 Jahre); die Deckschuppe ist verkümmert. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind.
 
Arten:
 
Ein wichtiger Forstbaum ist die in Eurasien beheimatete, bis 50 m hohe Waldkiefer (Gemeine Kiefer, Föhre, Forle, Forche, Sandkiefer, Pinus sylvestris), die am besten auf Sandböden gedeiht. Ihre Nadeln sitzen zu zweien an den Kurztrieben. Die weiblichen Zapfen krümmen sich bald nach der Blüte (Mai/Juni) herab. Das Holz ist im Kern (nachdunkelnd) rotbraun, ansonsten gelblich und wird u. a. als Möbel- und Bauholz verwendet. Ebenfalls zweinadelig ist die v. a. im Gebirge (von den Pyrenäen über die Alpen bis zum Balkan sowie in den deutschen Mittelgebirgen) vorkommende Bergkiefer (Bergföhre, Spirke, Pinus montana, Pinus mugo), die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets an der Nord- und Ostsee zum Aufforsten von Dünen und Sandflächen angepflanzt wird. Je nach Standort ist sie ein niederliegender Strauch oder ein kleiner, bis 10 m (selten bis 25 m) hoch werdender Baum. Man unterscheidet meist drei Unterarten: Latsche (Legföhre, ssp. pumilio), Hakenkiefer (Bergspirke, ssp. uncinata) und Sumpfkiefer (Moorspirke, ssp. rotundata). Auch die in den Gebirgen Süd- und Osteuropas sowie Westasiens in mehreren Unterarten vorkommende, 20-40 m hohe Schwarzkiefer (Pinus nigra) besitzt paarweise zusammenstehende Nadeln. Ihre Rinde ist schwarzgrau, die dunkelgrünen Nadeln sind erheblich länger als die der Waldkiefer. Sie wird u. a. zur Harzgewinnung und zur Aufforstung genutzt. Weitere wichtige zweinadelige Kiefern sind die Aleppokiefer und die Pinie. Die in Nordamerika heim., in Europa forstlich oder als Zierbaum kultivierte Weymouthskiefer (Strobe, Pinus strobus) ist ein 25-50 m hoher Baum mit blaugrünen, dünnen Nadeln, die zu fünft beieinander stehen. Ihr leichtes, weiches, leicht spaltbares Holz mit gelblich weißem Splint und braunem Kern ist gut bearbeitbar und wird u. a. als Modellholz verwendet. Ebenfalls fünfnadelig ist die Arve (Zirbelkiefer, Pinus cembra), ein über 1 000 Jahre alt und 12-22 m hoch werdender Hochgebirgsbaum v. a. der Karpaten, des Urals und der Alpen (bis etwa 2 500 m über dem Meeresspiegel); die essbaren Samen (Zirbelnüsse) schmecken mandelartig. Das Holz ist feinfaserig und wird u. a. für Tischlerarbeiten geschätzt; ihre Schwarzästigkeit ist für Täfelungen gesucht. Viel älter kann die nordamerikanische Grannenkiefer (Borstenkiefer, Pinus aristata) werden, die mit 4 600 Jahren zu den Pflanzen gehört, die am ältesten werden.
 
Krankheiten
 
und Schädlinge: Die Kiefer ist in allen Entwicklungsstadien von deren Befall bedroht. Bereits Sämlinge zeigen Wachstumshemmungen, wenn Wurzeln von Nematoden oder Raupen der Saateule geschädigt werden. Unter bestimmten Bedingungen vermehren sich in ihr mehrere Borken- und Rüsselkäferarten bedrohlich und hinterlassen auf Stämmen und Ästen typische Fraßgänge und Fluglöcher. Pilzliche Stammfäulen sind Kiefernstockfäule, Kiefernbaumschwamm und Kiefernrindenblasenrost (Kienzopf); der Aushieb befallener Bäume ist unumgänglich. Triebe und Nadeln werden von mehreren Insekten befressen, besonders schädlich sind Kiefernspanner (Spannerfraß), Kiefernspinner (Spinnerfraß), Kieferneule (Forleule; Eulenfraß) und Kiefernprozessionsspinner, da Kahlfraß die Bestände vernichten kann. Starker Befall tritt häufig periodisch auf, v. a. in Zusammenhang mit Trockenperioden, die Bekämpfung ist mit insektenpathogenen Bakterien (Bazillus-thuringiensis-Präparate) möglich. In Jungpflanzungen mit dichtem Stand und Verunkrautung kann infolge hoher Feuchte der Ritzenschorf verheerend auftreten: nach Verfärbung werden die Kurztriebe mit Nadeln im April/Mai abgeworfen (Kiefernschütte). Da die Pilzinfektion im Vorjahr erfolgt ist, bedarf es rechtzeitiger Bekämpfung mit geeigneten Fungiziden im August/September.
 
Kulturgeschichte:
 
Die deutsche Bezeichnung Kiefer ist wohl erst seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich. Die in der Ilias als »peuke« erwähnte Schwarzkiefer lieferte schon in der Antike Harz (Terpentin und Terpentinöl). Römer und Griechen stellten aus dem Holz Pfähle und Fackeln her. Häufiger aber war im alten Griechenland die Aleppokiefer (»pitys«). Mit ihren Zapfen war der Thyrsosstab der Bacchanten gekrönt, weil mit dem Harz dieser Kiefer der Wein konserviert wurde (»Retsina«). Auch wurden die Sieger der Isthmischen Spiele mit Zweigen dieser Kiefern geschmückt.
 
III
Kiefer,
 
Anselm, Maler, * Donaueschingen 8. 3. 1945; studierte u. a. 1970-72 an der Düsseldorfer Akademie bei J. Beuys. Die Inhalte seiner großformatigen, expressiven Bilder und Installationen, in deren Gestaltung er verschiedenste Materialien (Sand, Stroh, Blei) einbezieht, kreisen um Mythologie, Geschichte und politische Themen. Eine wichtige Rolle in Kiefers Schaffen spielt das Buch sowohl als Ideenspeicher und Motivsammlung als auch als Mittel zur Umsetzung von Bildprojekten (Buchvariante der Monumentalgemälde »Frauen der Revolution«, 1986). Eine Archivschau der Buchprojekte aus den Jahren 1969 bis 1990 präsentierte u. a. die Kunsthalle in Tübingen 1991. Kiefer erhielt 1999 für sein Lebenswerk den Kunstpreis »Praemium Imperiale«.
 
Literatur:
 
M. Rosenthal: A. K. (München 1988, engl.);
 
A. K. Über Räume u. Völker, Beitr. v. K. Gallwitz (1990);
 Cordula Meier: A. K. Die Rückkehr des Mythos in der Kunst (1992);
 
Ein Gespräch. Joseph Beuys, Jannis Kounellis, A. K., Enzo Cucchi, hg. v. J. Burckhardt (Zürich 41994).

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1Kie|fer, der; -s, - [mhd. kiver, auch: kivel, eigtl. = Nager, Esser, verw. mit ↑Käfer]: zangenartig ausgebildeter Schädelknochen, in dem die Zähne sitzen u. dessen oberer Teil mit dem Gesichtsschädel fest verwachsen ist, während der untere sich über ein Gelenk auf u. ab bewegen u. den Zugang zur Mundhöhle öffnen u. schließen kann; Ober- u. Unterkiefer: ein kräftiger, zahnloser, vorspringender K.; seine K. knackten; die K. zusammenbeißen; auf seinem kantigen Robotergesicht traten die Muskeln der K. hervor (Kirst, 08/15, 337); mit schlaff herabhängendem K. (Unterkiefer); *jmdm. fällt/klappt der K. [he]runter, jmds. K. fällt/klappt [he]runter (ugs.; ↑Unterkiefer): Da kam ihre Glatze zum Vorschein. Und dem Freier fiel der K. runter (Fichte, Wolli 53).
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2Kie|fer, die; -, -n [wahrsch. verdunkelte Zus. aus ↑Kien u. ↑Föhre; vgl. ahd. kienforha = Kiefer]: 1. auf sandigem Boden wachsender, harzreicher Nadelbaum mit langen, kantigen, in Bündeln wachsenden Nadeln u. kugeligen bis walzenförmigen, meist hängenden Zapfen: die -n bogen sich und rieben unheimlich knarrend und quietschend ihre Zweige aneinander (Hauptmann, Thiel 26); einzelne -n standen zwischen Heidekraut. 2. <o. Pl.> [vielseitig als Bauholz verwendbares] Holz der Kiefer.

Universal-Lexikon. 2012.