Goldene Bulle
Die Goldene Bulle, benannt nach dem auch sonst in der königlichen Kanzlei verwendeten goldenen Siegel, gilt als das bedeutendste Reichsgesetz des Heiligen Römischen Reiches. Es besteht insgesamt aus 31 Kapiteln, von denen die ersten 21 auf dem Nürnberger Reichstag am 10. Januar 1356, die restlichen am 25. Dezember 1356 in Metz verkündet wurden. Das Gesetz regelte erstmals und endgültig die Modalitäten der Königswahl und die Rechtsstellung der Kurfürsten, wobei die Festlegung des Mehrheitsprinzips künftige Doppelwahlen verhindern sollte. Um Rechtsunsicherheiten in Zukunft auszuschalten, wurde endgültig über bisher zwischen einzelnen Linien strittige Kurstimmen entschieden (zwischen Pfalz und Bayern zugunsten der Pfalz und zwischen Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenberg zugunsten Wittenbergs); außerdem wurden die Unteilbarkeit der Kurlande und das Prinzip der Erstgeburt (Primogenitur) bei der Nachfolge in den Kurfürstentümern festgelegt sowie Regelungen über die Vormundschaftsführung getroffen. Den Kurfürsten wurden zudem besondere Vorrechte (unter anderem unbeschränkte Gerichtsbarkeit, Bergregal, Salzregal, Münzregal und Zollregal und Judenschutz) zuerkannt. Im Sinne der Kurfürsten und anderen Landesherren war auch, dass alle Einungen und Bündnisse innerhalb und zwischen Städten untersagt wurden und dass das an die Städte gerichtete Verbot, Pfahlbürger, das heißt Personen, die sich der Stadtherrschaft unterwarfen, ohne tatsächlich in die Stadt zu ziehen, aufzunehmen, erneuert wurde. Weitere Bestimmungen befassen sich mit der Thronvakanz, dem Fehdewesen, der Ausübung der Erzämter sowie dem Hofzeremoniell bei Wahl, Krönung und auf Hoftagen. Die Ansprüche des Papsttums auf Zustimmung zur Königswahl (Approbation) und Ausübung der kaiserlichen Rechte während der Thronvakanz wurden mit Stillschweigen übergangen.
Goldene Bulle
1) das Reichsgrundgesetz Kaiser Karls IV., 1356 auf den Reichstagen zu Nürnberg (10. 1.) und Metz (25. 12.) angenommen. Die Goldene Bulle regelte erstmals und endgültig die Königswahl und die Stellung der sieben Kurfürsten. Sie war bis 1806 das wichtigste Verfassungsgesetz des Heiligen Römischen Reichs. Die Kurfürsten wurden darin mit verschiedenen Privilegien (Unteilbarkeit der Kurlande, Primogenitur) ausgestattet und endgültig als Wähler des Königs bestätigt. Darüber hinaus enthielt die Goldene Bulle Bestimmungen über den Landfrieden, Beschränkungen des Fehderechts sowie das Verbot, andere Bündnisse als Landfrieden abzuschließen.
K. Zeumer: Die G. B. Kaiser Karls IV., 2 Tle. (1908, Nachdr. 1972, 2 Tle. in 1 Bd.);
B.-U. Hergemöller: Fürsten, Herren u. Städte zu Nürnberg 1355, 56 (1983);
2) G. B.Goldene Bulle Böhmens, Sizilianische G. B.Goldene Bulle, ein von König Friedrich II. von Hohenstaufen am 26. 9. 1212 (Datum der Ausfertigung in Basel) dem böhmischen König Ottokar Přemysl I. erteiltes Privileg, das eine genaue Abgrenzung der Beziehungen zwischen dem Heiligen Römischen Reich sowie Böhmen(-Mähren) vornahm und endgültig das böhmische Königtum sowie die Unteilbarkeit der beiden Länder absicherte.
3) Goldene Bulle Ụngarns, das älteste, 1222 von König Andreas II. erlassene Grundgesetz Ungarns; es kam den Bestrebungen des Hochadels, die königlichen und kirchlichen Machtbefugnisse einzuschränken, entgegen, erweiterte die Befugnisse des Palatins und räumte dem Adel verschiedene Vorrechte (v. a. Steuerfreiheit) und ein Widerstandsrecht gegen den Monarchen bei Missachtung der Privilegien ein (Letzteres 1231 auf päpstlichem und kirchlichem Druck im modifizierten Wortlaut der Goldenen Bulle zurückgenommen).
Universal-Lexikon. 2012.