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Leonhard
I
Leonhard,
 
französisch Léonard [leɔ'naːr], Lienard, Einsiedler, lebte wahrscheinlich im 6. Jahrhundert bei Limoges. Nach der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Legende soll er von fränkischem Adel gewesen sein und das Kloster Saint-Léonard-de-Noblat (bei Limoges) gegründet haben. Seit dem Mittelalter gilt er als Patron der Gebärenden und der Gefangenen (volksetymologisch von seinem Namen abgeleitet: »lien« französisch Kette, Fessel). Ihm geweihte Kirchen wurden häufig mit Ketten umspannt. Seit dem 15. Jahrhundert wird er auch als Patron des Viehs und des Wetters angerufen. Teilweise wurde er zu den vierzehn Nothelfern gezählt. - Heiliger (Tag: 6. 11.).
 
II
Leonhard,
 
1) Gustav von, Mineraloge und Geologe, * München 22. 11. 1816, ✝ Heidelberg 27. 12. 1878; ab 1853 Professor in Heidelberg, ab 1863 Herausgeber des »Neuen Jahrbuches für Mineralogie, Geologie und Paläontologie«, das 1807 von seinem Vater Karl Cäsar von Leonhard (* 1779, ✝ 1862; seit 1818 Professor für Geologie in Heidelberg) unter dem Titel »Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. ..« gegründet worden war.
 
Werke: Grundzüge der Mineralogie (1851); Grundzüge der Geognosie und Geologie (1852).
 
 2) Rudolf, Pseudonym Robert Lạnzer, Schriftsteller, * Lissa (heute Leszno) 27. 10. 1889, ✝ Berlin (Ost) 19. 12. 1953, Vater von 3); Germanistik- und Jurastudium in Göttingen und Berlin; 1914 zunächst Kriegsfreiwilliger; unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges vollzog sich seine Wandlung zum Kriegsgegner, die ihn vor ein Kriegsgericht brachte; danach Dienst in Heilanstalten und Lazaretten. Nach 1918 Bekanntschaft mit M. Buber und E. Rowohlt; Anhänger K. Liebknechts, Beteiligung an der Novemberrevolution und an der Niederschlagung des Kapp-Putsches. Seit Beginn der 1920er-Jahre Verlagslektor, Mitarbeiter der »Weltbühne« und freier Schriftsteller. Leonhard lebte seit 1927 - auf Einladung W. Hasenclevers - in Paris; 1933 Mitbegründer des »Schutzverbandes deutscher Schriftsteller im Exil«. 1939 Internierung in Le Vernet, wo zahlreiche Gedichte (»Le Vernet«, herausgegeben 1961) und die Tragödie »Geiseln« (1946) entstanden. 1943 Flucht aus dem Auslieferungslager Castres und Anschluss an die Résistance; 1950 Rückkehr nach Berlin (Ost). Der Lyriker, Dramatiker, Erzähler (»Der Tod des Don Quijote. Geschichten aus dem spanischen Bürgerkrieg«, 2 Bände, 1938) und Essayist, im Frühwerk vom Expressionismus geprägt, bevorzugte später eine realistische Gestaltung; auch Herausgeber und Übersetzer.
 
Ausgaben: Ausgewählte Werke in Einzelausg., herausgegeben von M. Scheer, 4 Bände (1961-70); Prolog zu jeder kommenden Revolution. Gedichte, herausgegeben von B. Jentzsch (1984).
 
 3) Wolfgang, ursprünglich Wladimir Leonhard, Publizist, * Wien 16. 4. 1921, Sohn von 2); lebte 1935-45 in der UdSSR, kam am 1. 5. 1945 als Mitglied der Gruppe Ulbricht in die SBZ. Dort war er 1945-47 Mitarbeiter der Abteilung Agitation und Propaganda des ZK der KPD, ab 1946 SED, sowie 1947-49 Lehrer an der SED-Parteihochschule »Karl Marx«. Am 12. 3. 1949 floh Leonhard aus Protest gegen die Herrschaftsmethoden Stalins nach Jugoslawien (Ankunft 25. 3.). Ende 1950 ging er in die Bundesrepublik Deutschland und trat dort als Publizist und Kommentator für Probleme der UdSSR hervor. 1966-87 war er Professor an der geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Yale University in New Haven (Conneticut). In seinem Buch »Die Revolution entläßt ihre Kinder« (1955) schildert er seinen Lebensweg bis zu seinem geistigen Wendepunkt (1949).
 
Weitere Werke: Kreml ohne Stalin (1959); Nikita Sergejewitsch Chruschtschow (1965); Die Dreispaltung des Marxismus (1970); Was ist Kommunismus? (1976); Euro-Kommunismus (1978); Der Schock des Hitler-Stalin-Paktes (1986); Das kurze Leben der DDR (1990); Spurensuche (1992); Die Reform entläßt ihre Väter (1994); Spiel mit dem Feuer. Rußlands schmerzhafter Weg zur Demokratie (1996).

Universal-Lexikon. 2012.