eine durch Infektion hervorgerufene Krankheit des Rachens:
an Diphtherie erkranken.
* * *
Diph|the|rie 〈f. 19; Med.〉 infektiöse Hals- u. Rachenerkrankung; Sy 〈veraltet〉 Rachenbräune [zu grch. diphthera „Fell, Leder“]
* * *
Diph|the|rie, die; -, -n [zu griech. diphthéra = Haut, Fell, nach den häutigen Belägen] (Med.):
akute Infektionskrankheit mit Bildung häutiger Beläge auf den Mandeln u. auf den Schleimhäuten verschiedener Organe.
* * *
Diphtherie
[zu griechisch diphthéra »gegerbte Haut«, »Fell« (wohl wegen der »häutigen« Beläge auf den Tonsillen und den Schleimhäuten verschiedener Organe)] die, -/...'ri|en,
1) Medizin: volkstümlich Bräune, Rachenbräune, akute, durch das grampositive Corynebacterium diphtheriae hervorgerufene, anzeigepflichtige Infektionskrankheit, die überwiegend bei Kindern (bei Erwachsenen oft mit besonders schweren Verlaufsformen) auftritt. Kennzeichnend ist die Bildung von fest sitzenden, beim Abstreifen leicht blutenden, weißen, membranartigen, fibrinreichen Belägen auf den befallenen Schleimhäuten (meist des Rachenraums); sie verbreiten einen charakteristischen, süßlich fauligen Geruch und werden durch die Wirkung des von den Bakterien produzierten Ektotoxins A hervorgerufen, das zu Nekrose der Epithelzellen und Geschwürbildung führt. In schweren Fällen kommt es durch Ausscheidung des hochgiftigen Toxins über die Schleimhaut in die Blutbahn zu Schädigungen besonders des Herz- und Nervengewebes.
Die Diphtheriebakterien werden durch Tröpfcheninfektion übertragen (Inkubationszeit in der Regel 2-4 Tage) und sind zur Erhärtung der Diagnose im Schleimhautabstrich und in Kulturen mikroskopisch nachweisbar. Bei der lokalen Diphtherie werden entsprechend der Befallsregion mehrere Formen unterschieden: Die Rachendiphtherie beginnt mit einer entzündlichen Rötung und Schwellung der Gaumenmandeln mit unbestimmtem Krankheitsgefühl, mäßigem Fieber und Schwellung der Kieferwinkellymphknoten; in schweren Fällen greifen die Beläge auf Gaumen und Zäpfchen über. Die Nasendiphtherie mit blutig-wässrigem Schnupfen tritt v. a. bei Säuglingen auf. Die Kehlkopfdiphtherie, die sich aus einer durch Verschmelzung der Herde fortschreitenden Rachendiphtherie (progrediente Diphtherie) entwickeln kann, äußert sich in zunehmender Heiserkeit bis zur Stimmlosigkeit (Aphonie) mit »bellendem« Husten. Gefährlich ist die Verengung der Atemwege, die bis zur Erstickungsgefahr (diphtherischer Krupp) fortschreiten kann (v. a. bei Kleinkindern) und dann einen sofortigen ärztlichen Eingriff erfordert (Luftröhrenschnitt, Intubation). Selten sind die Hautdiphtherie und Wunddiphtherie (auch als Nabeldiphtherie von Neugeborenen) mit ekzemartigen, geschwürigen Erscheinungen und Gangränbildung, sowie die Diphtherieinfektion der Augenbindehaut (gefährlich durch mögliche Hornhautschädigung), des Mittelohrs und des Genitalbereichs (Eichel, Scheide).
Selten ist auch die gefährliche toxische Diphtherie oder septische Diphtherie, bei der es zu einer raschen Ausbreitung der bräunlichen Beläge, Halsödem und Kreislaufschäden mit unregelmäßigem Puls, Haut- und Schleimhautblutungen, Erbrechen, Somnolenz, Untertemperatur und häufig raschem Tod durch Kreislaufkollaps kommt.
Die Komplikationen der Diphtherie durch Toxinwirkung bestehen in einer Herzmuskelschädigung (Myokarditis), die in der Frühphase, aber auch während der Rekonvaleszenz zu plötzlichem Herztod führen kann, in Lähmungen der peripheren Nerven (im Allgemeinen rückbildungsfähig), zunächst v. a. der Schluck- (Gaumensegel) und Augenmuskeln, später der Gliedmaßen, bei schwerem Verlauf als Landry-Paralyse, auch in Nierenschädigungen (Nephritis, Nephrose). Die Erkrankung hinterlässt eine relative antitox. Immunität.
Bei der Behandlung ist die möglichst sofortige Gabe von Heilserum entscheidend, das durch Antitoxine (nur) das Bakteriengift neutralisiert; zusätzlich wird Penicillin verabreicht, das allein jedoch keine Wirkung gegen die Toxine hat. Der Vorbeugung dienen Schutzimpfungen mit Diphtherietoxoid (entgiftetes Toxin), die aber lediglich vor schweren Erkrankungen schützen.
Geschichtliches:
Das Krankheitsbild der Diphtherie war offenbar den antiken Ärzten bereits bekannt. Von der Mandelentzündung wurde die Diphtherie durch P. Bretonneau 1826 abgegrenzt. Ihr Erreger wurde 1883 von Edwin Klebs (* 1834, ✝ 1913) entdeckt und von F. Löffler in Kulturen gezüchtet. É. Roux und A. É. Yersin entdeckten im Institut Pasteur 1888 das Diphtherietoxin. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Diphtherie selten geworden, wurde dann aber die Kinderkrankheit mit der höchsten Sterblichkeit, nahm nach Einführung des Diphtherieheilserums durch E. von Behring 1890 erheblich ab und erreichte 1934-37 und 1940-42 wieder hohe Erkrankungs- und Todesziffern. Bis 1960 traten in der Bundesrepublik Deutschland in größeren Abständen nur noch kleine örtliche Epidemien mit zum Teil hoher Sterblichkeit auf; in der Folgezeit waren kaum noch Fälle zu verzeichnen. Da trotz Rückgang der Seuche die Diphtheriebakterien noch in der Bevölkerung nachweisbar sind, kann ein erneuter Ausbruch nicht ausgeschlossen werden, was die Bedeutung der Schutzimpfung erkennen lässt.
2) Tiermedizin: durch verschiedene Erreger hervorgerufene Erkrankungen bei Haustieren, die ähnliche Symptome zeigen: Kälberdiphtheroid (Kälberkrankheiten), Geflügeldiphtherie (Geflügelkrankheiten), Lämmerdiphtheroid. Echte Diphtheriebakterien gibt es nur beim Pferd als Sekundärerreger bei Druse.
* * *
Universal-Lexikon. 2012.