Akademik

Veredelung
Raffination; Verbesserung

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Ver|ede|lung 〈f. 20; unz.〉 das Veredeln; oV Veredlung

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Ver|ede|lung, Veredlung, die; -, -en:
das Veredeln.

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Ver|edelung,
 
1) Fertigungstechnik: Ver|edeln, frühere Bezeichnung für das Stoffeigenschaftsändern, eine Hauptgruppe der Fertigungsverfahren.
 
 2) Gartenbau: das »Überpflanzen« eines lebenden Pflanzensprosses (des Edelreises) mit Knospen auf eine Unterlage (den Wildling) zur dauerhaften Verwachsung beider Teile (Transplantation). Das Edelreis der Weinreben bildet den oberirdischen Teil (die Laubkrone), die Unterlage den unterirdischen Teil (die Wurzelkrone). Es gibt einfache Veredelung von zwei Partnern oder doppelte Veredelung mit drei Partnern unter Verwendung einer Zwischenveredelung. Letztere ist nötig bei Unverträglichkeit zwischen Edelreis und Unterlage oder zur Verlangsamung zu starken Wachstums oder zur Bildung gerader, kräftiger Stämme (Stammbildner). Ammenveredelung heißt ein Verfahren zur Gewinnung von Direktträgern: Die Sorte wird auf Wurzelstücke veredelt, tief gepflanzt, bis sich aus dem Reis Wurzeln gebildet haben; danach wird die Unterlage weggeschnitten. Die Sorte wächst auf eigener Wurzel weiter. Die Wurzelbildung aus dem Reis kommt auch bei Bäumen auf schwach wachsenden Unterlagen in der Obstanlage vor (»Freimachung« von der Unterlage). Bei veredelten Obstbäumen kann, wenn die Sorte nicht mehr gefragt ist, die Krone stark zurückgeschnitten und mit einer anderen Sorte umgepfropft werden.
 
Die gebräuchlichsten Veredelungsverfahren sind: Okulation (Okulieren, Augenveredelung): Hierbei wird ein Auge mit Rindenschild von einem sommerlichen Trieb nach Entfernen der Blätter herausgeschnitten und in einem T-förmigen Einschnitt an der Unterlage so eingeschoben, dass das Auge frei bleibt. Die Stelle wird mit Bast oder Baumwachs fest verbunden. Bei Birnen auf Quitte kann man zur Überwindung der Unverträglichkeit einen Zwischenschild ohne Auge (Nikolieren) einschieben. Die Okulation wird in der Regel im Juli/August auf schlafende Augen vorgenommen, die erst im Frühjahr des folgenden Jahres austreiben. Die seltene Okulation auf treibende Augen im April/Mai führt zum meist nur schwachen Austrieb im gleichen Jahr. Zu Okulationen besonders geeignet ist der Wurzelhals. Bei der Walnuss wird statt des Augenschildes ein Auge mit Rindenring (Ringokulation) eingesetzt. Kopulation: Das Verfahren der einfachen Kopulation bei gleicher Dicke von Unterlage und Edelreis erfolgt mit je einem Schrägschnitt, anschließendem Aufeinanderpassen beider Teile und Verbinden mit Bast oder Verschließen mit Baumwachs. Bei der Kopulation mit Gegenzunge wird in beide Teile ein Schnitt in das Holz der Schnittfläche geführt, anschließend werden die Teile ineinander geschoben. Kopulation erfolgt meist im Ruhestadium vor dem Austrieb (Februar/März). Pfropfung (Rindenpfropfung, Pelzen): Wird angewendet, wenn die Unterlage dicker (stärker) als das Reis ist. Dabei wird ein Kronen bildendes Edelreis ein- oder beidseitig abgeschrägt und hinter die gelöste Rinde einer wurzelbildenden Unterlage gesteckt; anschließend verbindet man mit Bast. Pfropfen kann zu Beginn der Vegetationszeit Ende April erfolgen. Dieses Verfahren hat sich bei der Umveredelung älterer Bäume bewährt. Geißfußveredelung (Triangulation, Aufpfropfen): Am Reis werden zwei Kopulationsschnitte keilförmig zueinander ausgeführt, an der Unterlage ein entsprechend großer Keil herausgeschnitten, in den das Reis eingeführt wird. Geißfußveredelung wird meist im Ruhestadium vor dem Austrieb (Februar/März) durchgeführt.
 
Bei den Winter-Handveredelungen werden im Haus oder Gewächshaus bewurzelte, aber nicht ausgepflanzte Unterlagen nach einem der Kopulationsverfahren veredelt, in Torf und Sand eingeschlagen, überwintert und im Frühjahr im Freien ausgepflanzt. Reben werden auf unbewurzelte Unterlagen veredelt, in Kisten mit Sägemehl gestellt, langsam im Gewächshaus angetrieben und nach Ende der Frostperiode so tief gepflanzt, dass nur das einzige Auge des Reises frei steht. Bei Beerenobst (Stachel-, Johannisbeeren) wird das seitliche Einspitzen oder Anplatten angewendet. Bei schwer anwachsenden Partnern (z. B. Trauerformen bei Birken, Buchen) wird auch das Ablaktieren (Ablaktation) durchgeführt. Bei allen Veredelungsarten ist ein Verstreichen und Schließen der Wunden mit Wundverschlussmitteln zur Verhinderung des Austrocknens nötig.
 
Die Veredelung ist die beste Methode, bestimmte Sorten rein zu vermehren und deren Wachstum durch Wahl der Unterlage zu beeinflussen. Das Veredeln ist z. B. bei Rosen (Okulation), Obstgehölzen (Okulation und Kopulation), Ziergehölzen (besonders bei bizarren Wuchsformen wie »Trauerformen«), bei schwer wurzelnden Rhododendren, bei Zierformen von Kakteen und bei Fuchsienstämmen die allgemeine Vermehrungsmethode. Auch krautige Pflanzen (Gurken, Tomaten) lassen sich veredeln. Für die Veredelung von Reben zum Schutz gegen die Reblaus pfropft man Europäerreben auf Amerikanerreben.
 
Literatur:
 
Heiner Schmid: Veredeln der Obstgehölze (51989);
 P. Klock: Veredeln leicht gemacht (41997).
 
 3) Landwirtschaft: die Weiterverwertung von Bodenprodukten (speziell die Umwandlung von Futtermitteln, besonders von Weidegras und Heu) über die Nutztierhaltung in Fleisch u. a. Tiererzeugnisse wie Eier, Milch, Wolle. Dementsprechend spricht man von Veredelungswirtschaft im Sinne von Nutztierhaltung und von Veredelungsbetrieben bei landwirtschaftlichen Betrieben mit überwiegender Vieh-, auch Hühnerhaltung oder Schweinemast. Die weitere Veredelung dieser (ersten) Veredelungsprodukte sowie die Veredelung anderer Produkte aus der Landbewirtschaftung (z. B. die Zuckererzeugung aus Zuckerrüben, die Herstellung von Teig- und Backwaren aus Getreide) ist weitgehend Sache der Ernährungsindustrie.
 
 4) Metallverarbeitung: die Erzielung eines feinen Gussgefüges und verbesserter Festigkeitseigenschaften bei Metallen durch Zugabe spezieller Zusätze zur Schmelze.
 
 5) Textiltechnik: Textilveredelung.
 
 6) Wirtschaft: die Weiterverarbeitung von Rohstoffen und Halbfabrikaten zu ge- und verbrauchsfähigen Erzeugnissen.

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Ver|ede|lung, Veredlung, die; -, -en: das Veredeln.

Universal-Lexikon. 2012.