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schweigen
sich in Schweigen hüllen (umgangssprachlich); sich bedeckt halten (umgangssprachlich); stillschweigen

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schwei|gen ['ʃvai̮gn̩], schwieg, geschwiegen <itr.; hat:
1. nichts sagen, keine Antwort geben:
der Angeklagte schweigt; die Regierung schwieg lange zu den Vorwürfen.
Syn.: den Mund halten (ugs.), dichthalten (ugs.), die Klappe halten (salopp), kein Sterbenswort sagen, kein Sterbenswörtchen sagen, nicht antworten, nicht reden, nichts verraten, ruhig sein, sich in Schweigen hüllen, still sein, stillhalten, stumm sein, verschwiegen sein.
Zus.: ausschweigen, stillschweigen, totschweigen, verschweigen.
2. nicht [mehr] erklingen, nicht [mehr] hörbar sein:
die Musik schweigt; seit der Besetzung des Landes schweigt der Sender; die Waffen schweigen [seit heute] (es wird [seit heute] nicht mehr geschossen, gekämpft).
Syn.: nicht mehr spielen, verklungen sein, verstummt sein.

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schwei|gen 〈V. intr. 229; hat
1. nichts sagen, still sein
2. aufhören (von Geräuschen)
● der Donner, der Gesang der Vögel, die Musik schweigt; Reden ist Silber, Schweigen ist Gold 〈Sprichw.〉; da(rüber) schweigt des Sängers Höflichkeit 〈umg.〉 darüber wollen wir lieber nicht sprechen, es ist (mir) zu peinlich; der Rest ist Schweigen (Shakespeare, Hamlet, V, 2); das tiefe Schweigen des Waldes; der Wind schweigt hat sich gelegt ● er befahl, gebot Schweigen; endlich brach er das Schweigen; \schweigen können ein Geheimnis bewahren können ● ein beklemmendes, eisiges Schweigen; es herrschte tiefes Schweigen zwischen ihnen; beschämt, erschreckt, verlegen, verwirrt \schweigen ● davon ganz zu \schweigen! davon brauchen wir gar nicht zu reden, das ist selbstverständlich; sie hüllte sich in Schweigen; über, von etwas \schweigen nicht darüber sprechen; er schweigt wie ein Grab; jmdn. od. etwas zum Schweigen bringen; sie schwieg zu all seinen Vorwürfen ● in \schweigender Erwartung verharren; \schweigend nicken [<mhd., ahd. swigen „still, ruhig sein“; mhd., ahd. sweigen „zum Schweigen bringen“ <germ. *swig-, *swik-]

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schwei|gen <st. V.; hat [mhd. swīgen, ahd. swīgēn, im Nhd. mit seinem Kausativ mhd., ahd. sweigen = zum Schweigen bringen zusammengefallen, H. u.]:
a) nicht [mehr] reden; nicht antworten; kein Wort sagen:
beharrlich, trotzig, betroffen, verlegen, ratlos s.;
schweig! (herrische Aufforderung: sag ja nichts mehr [dagegen]!);
ich habe lange geschwiegen;
vor sich hin s. (ugs.; wortlos dasitzen);
kannst du s. (etwas, was man dir anvertraut, für dich behalten)?;
aus Angst, Höflichkeit s.;
über, von etw. s. (nichts davon sagen);
der Angeklagte schweigt auf alle Fragen;
zu allen Vorwürfen hat er stets geschwiegen (sich nicht geäußert, sich nicht verteidigt);
schweigend dastehen;
Ü darüber schweigt die Geschichtsschreibung;
ganz zu s. von … (und in ganz besonderem Maße …; und erst recht …: das Hotel war schlecht, ganz zu s. vom Essen);
b) nicht [mehr] tönen, keine Klänge, Geräusche [mehr] hervorbringen:
das Radio schweigt;
von da an schwiegen die Waffen (geh.; da wurden die Kampfhandlungen eingestellt).

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Schweigen,
 
die Enthaltung vom Sprechen; in der Religionsgeschichte als bewusst geübte religiöse Verhaltensform Ausdruck der Ehrfurcht vor Gott, der Gottheit oder dem Göttlichen und eine Form der Meditation; auch asketische Disziplin, z. B. als Schweigegelübde in manchen Orden oder als für bestimmte Zeiten gebotenes Schweigen. Als Verpflichtung, gegenüber Außenstehenden über die eigene (Sonder-)Lehre und (bestimmte Elemente der) Kultpraxis Verschwiegenheit zu wahren (Arkandisziplin), ist das Schweigen für die Mitglieder bestimmter religiöser Sondergemeinschaften verbindlich. Das asketische Schweigen begegnet v. a. im indischen Mönchtum. Mit seinem Schweigen verweigerte Buddha Antworten auf bestimmte metaphysische Fragen, da dies für den Fortschritt seiner Schüler auf dem Weg zur Erlösung (d. h. zur Lösung von den Bindungen an die Welt) nicht förderlich sei (»Schweigen des Buddha«). Im schiitischen Islam gibt es als Besonderheit das Verschweigen des wahren Bekenntnisses (taqia) in der Umgebung Andersgläubiger. Aus den Mysterienreligionen ist das Schweigen auf die christliche Mystik überkommen, in der es einen ähnlichen Stellenwert einnimmt wie in der spätägyptischen Religion, in der es als intensivste Form des Gebets und des Gottesdienstes galt. Die Quäker kennen die schweigende Andacht, da Gott dem Menschen seinen Geist im Schweigen offenbaren kann. Schweigen kann jedoch auch als Gottesferne erfahren werden, das durch das (Gottes-)Wort gebrochen wird (z. B. Psalm 28, 1 f.). So gehören in vielen Religionen heiliges Schweigen und heiliges Wort eng zueinander.
 
Literatur:
 
Das S. u. die Religionen, hg. v. R. Sesterhenn (1983);
 S. Raueiser: Schweigemuster (1996).

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Schwei|gen, das; -s [mhd. swīgen]: das Nichtreden; das Nicht-mehr-Reden: es trat ein eisiges, beklommenes S. ein; es herrschte betretenes, peinliches, verlegenes, tiefes S.; die Männer nahmen ihr S. als Zustimmung; das S. brechen (endlich [wieder] reden, aussagen); man betrachtet sein S. als Zustimmung; die Ermittler trafen auf eine Mauer des Schweigens (niemand war bereit, ihnen Auskunft zu geben); jmd. ist zum S. verurteilt (darf od. kann aus einem bestimmten Grund nicht aussagen); R S. im Lande/im Walde ([aus Verlegenheit od. Angst] wagt niemand etw. zu sagen); *sich in S. hüllen (sich geheimnisvoll über etw. nicht äußern u. dadurch zu Vermutungen Anlass geben); jmdn. zum S. bringen (1. jmdn. [mit Gewalt, Drohungen, Versprechungen o. Ä.] veranlassen, nichts mehr zu äußern. 2. verhüll.; jmdn. töten).

Universal-Lexikon. 2012.