Hạmlet
[englisch 'hæmlɪt], Titelfigur der um 1600 entstandenen Tragödie »Hamlet, Prince of Denmark« (deutsch »Hamlet, Prinz von Dänemark«) von W. Shakespeare, eines der am weitesten verbreiteten Schauspiele der Weltliteratur. Die erste Fassung des Hamletstoffs liegt in der »Historia Danica« des Saxo Grammaticus vor. Die erste Dramatisierung, der »Urhamlet« von T. Kyd (1589), ist zwar verloren, lässt sich aber aus der deutschen Bearbeitung (»Der bestrafte Brudermord«, 1710) erschließen. Shakespeares Hamlet (entstanden 1601) liegt in Fassungen von 1603, 1604 (Quartos) und 1623 (Folio) vor: Claudius erschleicht sich durch Brudermord an Hamlets Vater, dem König Dänemarks, und eine zur Zeit Shakespeares als unziemlich und inzestuös empfundene Ehe mit dessen Witwe Gertrud, Hamlets Mutter, den Thron. Der Geist des Ermordeten verpflichtet Hamlet zur Rache. Verbittert über die sittliche Verderbtheit seiner Umgebung, gespalten zwischen Schmerz und Zorn, selbstquälerisch zermürbt von moralischem Bedenken und schließlich am Wert des Lebens selbst zweifelnd (»Sein oder Nichtsein«), verfällt Hamlet zeitweise dem Wahnsinn. Enttäuscht weist er die ihn liebende Ophelia zurück, da sie sich von ihrem Vater, dem für den König intrigierenden Polonius, benutzen lässt. Nach dem Tod ihres Vaters, den Hamlet versehentlich verschuldet, wird Ophelia wahnsinnig und ertränkt sich. Ihr Bruder Laertes, auf Blutrache bedacht, fordert auf Geheiß des Königs Hamlet mit vergiftetem Degen zu einem Kampf, in dem beide umkommen. Die Königin stirbt an dem Gift, das Claudius für Hamlet bestimmt hatte, der König wird von Hamlet mit in den Tod genommen.
Die tragische Figur des Hamlet hat seit der Zeit Shakespeares die unterschiedlichsten dramaturgischen Bearbeitungen und kritische Interpretationen erfahren: Hamlet wurde als Melancholiker und Grübler, als Politiker und Vollender einer historischen Aufgabe, als Philosoph und Metaphysiker sowie als Humanist im Widerstreit mit dem Feudalismus dargestellt; die komplexe Beziehung zu seiner Mutter wurde als ödipaler Konflikt analysiert. Immer wieder wurde der Stoff neu bearbeitet, in neuerer Zeit u. a. von F. Freiligrath, A. Döblin, G. Hauptmann, K. Gutzkow, T. Stoppard, G. Britting und Heiner Müller.
I. Gollancz: The sources of H. (Oxford 1926, Nachdr. London 1967);
H. heute. Essays u. Analysen, hg. v. J. Kaiser (1965);
G. Müller-Schwefe: Corpus Hamleticum. Shakespeares H. im Wandel der Medien (1987);
F. Loquai: H. u. Deutschland. Zur literar. Shakespeare-Rezeption im 20. Jh. (1993).
Universal-Lexikon. 2012.