körperliche Entwicklung,
Im Vergleich zu den uns am nächsten verwandten Menschenaffen wird der Mensch sehr unreif geboren und erreicht den Entwicklungszustand, den diese bei der Geburt zeigen, erst mit etwa einem Jahr. Insbesondere sind Skelett und Muskulatur sowie das Nervensystem und die Sinnesorgane bei der Geburt noch wenig entwickelt, das Gehirn benötigt noch etwa eineinhalb Jahre zu seiner Reife. Alle Organe des Säuglings mit Ausnahme der Geschlechtsorgane wachsen in der Folgezeit und werden leistungsfähiger, was sich beim Kleinkind fortsetzt. Am Ende der Kleinkindzeit (auch Zeit des Kindergarten- oder Vorschulkindes genannt) mit etwa 5 bis 6 Jahren findet ein erster Gestaltwandel statt: die Gestalt streckt sich und wird schlanker.
Dann folgt die mittlere Kindheit, die eine Phase der Harmonisierung der Körperproportionen ist und die bei Mädchen etwa bis zum Alter von 8 bis 9 Jahren und bei Jungen bis zum Alter von 9 bis 10 Jahren dauert. Jungen und Mädchen unterscheiden sich körperlich immer noch lediglich durch die Genitalien, das heißt die inneren und äußeren Geschlechtsorgane. Es gibt sonst noch keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Die Körpergestalt ist nur abhängig vom erblich bedingten Körperbautyp und dem Ernährungs- und Gesundheitszustand.
Das ändert sich erst mit dem Beginn der Pubertät. Dieser Begriff wird nicht eindeutig verwendet: Viele Entwicklungspsychologen teilen die Pubertät in zwei Phasen ein, nämlich in die Vorpubertät, die bei Mädchen heute im Durchschnitt zwischen 9 und 10 Jahren, bei Jungen eher zwischen 10 und 11 Jahren beginnt, und in die Pubertät, innerhalb derer die volle Geschlechtsreife und die weibliche und männliche Gestalt erreicht werden. Biologen fassen beide Phasen, für die es keine klaren Grenzen gibt, meist als Pubertät zusammen. Der Beginn der (Vor)pubertät wird vom Hypothalamus ausgelöst. Er regt die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) an, Hormone (Gonadotropine) zu bilden. Diese regen wiederum die Eierstöcke beziehungsweise Hoden und die Nebennierenrinde an, mit der Produktion der Geschlechtshormone zu beginnen. Diese führen zu einem erneuten Wachstumsschub des Körpers für mehrere Jahre, dem zweiten Gestaltwandel, wobei sowohl individuell als auch zwischen den Geschlechtern Unterschiede hinsichtlich des Alters, der Dauer und der Intensität all dieser Veränderungen bestehen. Beim Mädchen wächst und reift die Scheide, das Becken beginnt sich stärker zu verbreitern als die Schultern, das Unterhautfettgewebe wird dicker. Es beginnt die Entwicklung der Brüste (gelegentlich von Kribbeln und Spannungsgefühl begleitet) und der Schambehaarung, dann die der übrigen inneren und äußeren Geschlechtsorgane. Wenn die Achselhaare zu wachsen beginnen, ist dies ungefähr auch die Zeit der ersten Regel mit 12 bis 14 Jahren.
Beim Jungen beginnen mit dem Wachstumsschub erst die Hoden, dann das Glied zu wachsen sowie die Schambehaarung. Die Schultern verbreitern sich stärker als das Becken und die Muskulatur nimmt deutlich zu. Wenn die ersten Achselhaare erscheinen und der Bart an der Oberlippe zu sprießen beginnt, ist dies meist die Zeit des ersten Samenergusses im Alter von etwa 13 bis 15 Jahren. Meist schon vorher erwacht der Geschlechtstrieb. Bei etwa der Hälfte der Jungen erfolgt auch eine zeitweilige Schwellung der Brust um die Brustwarzen (unechte Gynäkomastie). Die Pubertät ist die Zeit der Ausprägung der typischen weiblichen und männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale, die auf das andere Geschlecht als sexuelle Schlüsselreize wirken. Sie ist in Bezug auf die körperliche Entwicklung beim Mädchen etwa mit 14 bis 15 und beim Jungen mit 15 bis 16 Jahren abgeschlossen. Jetzt hat sich auch der Monatszyklus eingespielt, und es ist häufig eine befruchtungsfähige Eizelle vorhanden, der Samenerguss enthält meist genügend reife Spermien. Durch Petting oder Geschlechtsverkehr kann es schon vor der ersten Regel und ab dem ersten Samenerguss, die beide oft überraschend erlebt werden, zu einer Schwangerschaft kommen. Diese Altersangaben sind Durchschnittswerte, Abweichungen von zwei Jahren nach oben und nach unten gelten als normal und sind vorwiegend erblich bedingt ( Akzeleration).
Nicht alle Organe und Körperteile wachsen in dieser Zeit gleichmäßig. So kommt es nicht selten vor, dass das Herz-Kreislauf-System gegenüber der anderen Entwicklung eine Zeit lang hinterherhinkt und dadurch manche Jugendlichen bei Anstrengungen unter Kreislaufschwäche leiden. Das ist meist vorübergehend und sollte nur in seltenen Fällen zur Abmeldung vom Sportunterricht führen, da alle Organe zu ihrem Wachstum und zum Erhalt ihrer Funktionstüchtigkeit unbedingt körperliche Anstrengungen benötigen. Auch kann das Längenwachstum der Arme und Beine, das stärker als das des Rumpfes ist, eine Zeit lang so beschleunigt sein, dass es zu linkischen, ungeschickten Bewegungen kommt und die betroffenen Jugendlichen erst neu lernen müssen, ihre Bewegungen richtig zu koordinieren.
Es folgt die Phase des Erwachsenwerdens, der Adoleszenz, mit der Harmonisierung der Köperproportionen: Mädchen beenden ihr Längenwachstum und die volle Ausbildung ihrer Körpergestalt, in Abhängigkeit von ihrem Erbgut und von Außenfaktoren, mit dem Ende des Skelettwachstums etwa mit 16 bis 18 Jahren, Jungen mit 17 bis 19 Jahren.
Siehe auch: Embryonalentwicklung, Fetalentwicklung, Geschlechtsdimorphismus, Stimmwechsel.
Universal-Lexikon. 2012.