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elektronische Musik
I
elektronische Musik,
 
Musik, die mit elektronischen Geräten erzeugt und über Lautsprecher wiedergegeben wird. Sie ahmt entweder traditionelle Musikinstrumente nach oder produziert neue Klangformen. Elektronische Musik kann mit Synthesizern oder auch in einem Computer mit Soundkarte erzeugt werden.
 
Als Computermusik bezeichnet man Klangwerke, die wesentlich unter Verwendung eines Computers entstanden sind. Dazu gibt es Software, die im einfachsten Fall nur einen PC mit Soundkarte und Lautsprecher voraussetzt. Eine Komposition wird in der üblichen Notenschrift angezeigt oder direkt als Klangfolge ausgegeben.
II
elektronische Musik,
 
Sammelbegriff für jede Art von Musik, bei deren Entstehung oder Wiedergabe elektronische Mittel eingesetzt werden. Zu unterscheiden sind: 1) Klänge, die mit elektronischen Musikinstrumenten erzeugt werden und entweder traditionelle Instrumente nachahmen (elektronische Orgelmusik) oder neue Klangformen aufweisen; 2) im engeren Sinn Musik, die mittels elektronischer Apparaturen erzeugt und von diesen direkt in einen Klangspeicher (Tonband) eingegeben wird, von dem sie über Lautsprecher wiedergegeben werden kann, sodass sie der Mittlerrolle des Interpreten entbehrt; 3) Computermusik.
 
Ziel der elektronischen Musik ist die Entdeckung neuer, jenseits der bisherigen Musikübung liegender Klangräume, deren breites Spektrum die Geräuschkomponente einschließt und hinsichtlich Tonhöhe, Tondauer, Klangfarbe und Geräuschform Kombinationen von unendlicher Variabilität zulässt. Als Material für neuartige Klangformen dienen insbesondere reine Töne (Sinusschwingungen), Geräusche (z. B. weißes Rauschen), Tongemische und Impulse.
 
Die elektronische Musik wird vom Komponisten im elektronischen Studio am Mischpult hergestellt. Als Grundlage dient ihm die »Realisationspartitur«, die eine verbale oder skizzenhaft schematische Beschreibung der technischen Vorgänge enthält. Das technische Instrumentarium besteht aus Tongeneratoren; Zusatzgeräte dienen der Klangfarbenbeeinflussung. Der heute vielfach verwendete Synthesizer vereinigt in sich die Möglichkeit sowohl der Erzeugung als auch der Veränderung von Klängen.
 
Während die elektronische Musik ihre Schallereignisse somit auf rein synthetischem Weg gewinnt, nimmt die konkrete Musik Umweltgeräusche aus allen Bereichen des Hörbaren zum Ausgangspunkt, die mit dem Instrumentarium des Studios verfremdet und nach einem zuvor entworfenen Plan kombiniert werden. Beide Formen werden aber auch verbunden.
 
Bekannte Komponisten von elektronischer Musik sind: L. Berio, L. Nono, P. Boulez, Y. Höller, M. Kagel, G. M. Koenig, W. Kotoński, E. Křenek, G. Ligeti, H. Pousseur, J. A. Riedl, I. Xenakis. Eine Umformung natürlicher vokaler Klänge nach dem Vorbild der elektronischen Musik wurde von K. Stockhausen in »Gesang der Jünglinge« (1956) vorgenommen; ferner versuchte er elektronische Musik mit instrumentaler und vokaler, aber auch mit konkreter Musik zu kombinieren. Neuere Entwicklungen gehen dahin, zwischen natürlicher und elektronischer Musik durch Verfremdung der natürlichen Klänge zu vermitteln. Für die weitere Entwicklung der elektronischen Musik ist die Einbeziehung raumakustischer Parameter, v. a. im Bereich der Liveelektronik, von Bedeutung. Auch wahrnehmungstheoretische Fragen treten, neben neuen kompositorischen Problemen, hinzu.
 
1951 wurde beim Westdeutschen Rundfunk in Köln durch H. Eimert das erste Studio für elektronische Musik in der Bundesrepublik Deutschland gegründet (1963-73 von Stockhausen geleitet). Durch die Gründung von Studios in Italien, Belgien, den Niederlanden, Polen, der Tschechoslowakei, den USA, Kanada, Japan und Südamerika wurden experimentelle Erforschung und praktische Verwendung der elektronischen Musik weit verbreitet. Das 1965 an der Musikhochschule Köln errichtete zweite Kölner Studio für elektronische Musik dient v. a. Lehr- und Ausbildungszwecken. Das von Riedl 1961 gegründete und seither geleitete Studio der Siemens AG in München ging inzwischen in den Besitz der Geschwister-Scholl-Stiftung über. (IRCAM)
 
Literatur:
 
K. Stockhausen: Texte zur elektron. u. instrumentalen Musik, 4 Bde. (1963-78);
 W. Kaegi: Was ist e. M.? (Zürich 1967);
 M. Pfitzmann: E. M. (1975);
 W. M. Stroh: Zur Soziologie der e. M. (Zürich 1975);
 E. Höhn: E. M. (1979);
 F. K. Prieberg: E. M. Versuch einer Bilanz der e. M. (Rohrdorf 1980);
 H. Eimert u. H. U. Humpert: Das Lex. der e. M. (31981);
 A. Mackay: Electronic music (Oxford 1981);
 B. Schrader: Introduction to electro-acoustic music (Englewood Cliffs, N. J., 1982);
 H. U. Humpert: E. M. (1987);
 B. Enders: Lexikon Musikelektronik (Zürich u. a. 31997);
 M. Supper: Elektroakust. Musik u. C.(1997).

Universal-Lexikon. 2012.