Dirẹktinvestitionen,
langfristige Kapitalanlagen im Ausland, die im Rahmen unternehmerischer Zielsetzungen vorgenommen werden, um in einem anderen Land Immobilien und Unternehmen zu erwerben, Filialen oder Tochterunternehmen zu errichten oder Mehrheits- beziehungsweise Minderheitsbeteiligungen an ausländischen Unternehmen zu erwerben, die eine dauerhafte und unmittelbare Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Kapital nehmenden Unternehmen gewährleisten (Gegensatz: Portfolioinvestitionen). Direktinvestitionen dienen auch der Zuführung neuer Mittel an Unternehmen, an denen der Investor maßgeblich beteiligt ist.
Beweggründe für Direktinvestitionen sind u. a. kostengünstigere Produktion (v. a. bezogen auf Arbeitskosten), Erschließung, Ausbau und Sicherung von Absatz- und Beschaffungsmärkten, Inanspruchnahme von Steuervorteilen und Subventionen, Umgehung von Handelshemmnissen (z. B. Zölle) und anderen staatlichen Auflagen (z. B. Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen), internationale Kooperation in Forschung und Entwicklung. Zunehmende Kapitalverflechtungen von Unternehmen mit dem Ausland durch Direktinvestitionen sind Anzeichen für eine verstärkte internationale Geschäftstätigkeit v. a. von multinationalen Unternehmen. Aus unternehmerischer Sicht sind bei Direktinvestitionen besondere Risiken zu beachten (v. a. politische Instabilität, Wechselkursschwankungen, Kapitaltransfer- und Inflationsrisiko). Direktinvestitionen in Entwicklungsländer (EL) werden vielfach als Teil der Entwicklungshilfe angesehen und deshalb in Deutschland gefördert (z. B. Steuererleichterungen, Gewährung von zinsgünstigen Darlehen) beziehungsweise durch Bundesbürgschaften und -garantien abgesichert. Allerdings ist die entwicklungspolitische Wirksamkeit der Direktinvestitionen umstritten (Vorteile: u. a. Transfer von technischem und unternehmerischem Wissen, Schaffung von Arbeitsplätzen; Nachteile: u. a. Belastung der Zahlungsbilanz durch Gewinnrückflüsse, Verdrängung kapitalschwächerer einheimischer Produzenten). Das Gesamtvolumen der ausländischen Direktinvestitionen in den EL hat sich im Zeitraum 1990-95 mehr als verdreifacht und ist allein 1995 um 13 % auf 90 Mrd. $ gestiegen. Damit steigerten die ausländischen Direktinvestitionen ihren Anteil an der Gesamtheit aller privaten Kapitalströme in EL auf (1995) 54 %. Ursachen für diese Entwicklung sind der anhaltende Trend zur Globalisierung der Produktion, die zunehmende Integration der EL in den Welthandel sowie makroökonomische Stabilität, aktive Reformprogramme und hohe Wachstumsraten in zahlreichen EL.
Die ausländische Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa erreichten 1995 ein Volumen von 6,61 Mrd. $ (1994: 3,8 Mrd. $), wobei ein erhebliches Gefälle zwischen den mittel- und osteuropäischen Anrainerstaaten der EU und den südosteuropäischen Reformländern besteht.
Direktinvestitionen zählen zu den internationalen Kapitalbewegungen und werden statistisch im Rahmen der Kapitalbilanz, einer Teilbilanz der Zahlungsbilanz, erfasst. Um die Wirkungen auf den langfristigen Kapitalverkehr zu verdeutlichen, werden den inländischen Direktinvestitionen im Ausland (Teil des Kapitalexports) die ausländischen Direktinvestitionen im Inland (Teil des Kapitalimports) gegenübergestellt. In der Abgrenzung der Deutschen Bundesbank wird eine Mindestbeteiligung von 25 % des Nominalkapitals oder der Stimmrechte als Untergrenze für Direktinvestitionen angesehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft macht in seiner Statistik nicht diese Einschränkung. Unterschieden werden die Direktinvestitionsbestandsstatistik und Transaktionsübersichten, die über die Zahlungsvorgänge, aber nur ungenau über Gesamthöhe und Struktur der Direktinvestitionen informieren können. Beteiligungskapital und Kredite bilden zusammen die unmittelbaren Direktinvestitionen, Investitionen von abhängigen Holdinggesellschaften im Ausland die mittelbaren Direktinvestitionen. Die Struktur der Direktinvestitionen in Deutschland weist eine starke Asymmetrie auf: Während Deutschland einerseits weltweit zu den größten Kapitalexporteuren zählt, fallen die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland im internationalen Vergleich eher gering aus. So lagen die deutschen Direktinvestitionen im Ausland seit 1990 pro Jahr um 13 bis 26 Mrd. DM über den ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland. Der überwiegende Teil der deutschen Direktinvestitionen fließt in Industrieländer, v. a. in die EU-Staaten und in die USA. Während der Anteil der EL an den deutschen Direktinvestitionen zwischen 1990 und 1993 etwa gleich blieb, hat der Anteil der Reformländer Mittel- und Osteuropas zugenommen.
H. Adebahr: D. (1981);
J. E. Zelgert: Internat. D. (1993);
S. Bea: D. in Entwicklungsländern (1995);
M. Plum: Auswirkungen von D. in Empfängerländern (1995);
B. Haas: Ausländ. Unternehmen in Ost-Dtl. Analyse ihres Markteintritts im Lichte der Theorie der D. (1996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Kapitalverkehr: Internationaler Kapitalverkehr
Universal-Lexikon. 2012.