Blutkrebs; bösartige Erkrankung der weißen Blutzellen
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Leuk|ä|mie auch: Leu|kä|mie 〈f. 19; Med.〉 durch eine außergewöhnliche Vermehrung der weißen Blutzellen gekennzeichnete Erkrankungsgruppe [<grch. leukos „weiß, hell“ + haima „Blut“]
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Leu|k|ä|mie, die; -, -n [zu griech. leukós = weiß, hell u. haĩma = Blut] (Med.):
bösartige Erkrankung mit einer Überproduktion an weißen Blutkörperchen; Blutkrebs.
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Leukämie
[zu leuko... und griechisch haĩma »Blut«] die, -/...'mi|en, Leukose, volkstümlich Blutkrebs, Sammelbezeichnung für verschiedene Formen von Krebserkrankungen des Blut bildenden Systems, die durch Reifungsstörungen und Entartungen der meist in abnormer Menge gebildeten, funktionsunfähigen weißen Blutkörperchen (Leukozyten) gekennzeichnet sind.
Die erstmals 1845 von R. Virchow beschriebene Leukämie tritt auch bei Tieren auf. Ihre Ursachen sind uneinheitlich, typische genetische Veränderungen sind für eine Reihe von Leukämien bekannt. Zu einer Erhöhung des Erkrankungsrisikos führen ionisierende Strahlen; Gefahrenquellen bilden v. a. Unfälle in Kernkraftwerken und die Nebenwirkung einer Strahlentherapie bösartiger Tumoren, v. a. in Kombination mit hoch dosierten zytostatischen Mitteln. Weitere Gefährdungen gehen von chemischen Karzinogenen (z. B. Benzol) aus; der Einfluss einer genetischen Disposition (Chromosomenaberrationen), für den besonders die zehnfache Häufung beim Down-Syndrom spricht, und die ursächliche Beteiligung von Tumorviren, die bei vielen Tiererkrankungen erwiesen ist, wird vermutet. Die Begründung für die in der Umgebung einiger Kernkraftwerke festgestellte erhöhte Durchschnittsrate von Leukämieerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist umstritten.
Die Einteilung der Leukämien richtet sich v. a. nach den betroffenen Blut bildenden Organen und dem Verlauf (akut, chronisch). Grundsätzlich wird die myeloische Leukämie (Abkürzung ML), eine Entartung der Granulozyten im Knochenmark, von der lymphatischen Leukämie (Abkürzung LL), der Entartung der Lymphozyten des lymphatischen Systems (Milz, Lymphknoten), unterschieden. Unter den akuten Formen tritt die akut-myeloische Leukämie (Abkürzung AML) bevorzugt im Erwachsenenalter, die akut-lymphatische Leukämie (Abkürzung ALL) besonders im Kindesalter auf (Morbiditätsgipfel zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr). Die akuten Leukämien sind durch eine Differenzierungsstörung im Stadium der frühen Leukozytenvorstufen gekennzeichnet.
Der Verlauf der akuten Leukämie, die unbehandelt in wenigen Wochen bis Monaten zum Tod führt, ist durch eine fortschreitende schwere Knochenmarkinsuffizienz aufgrund einer Verdrängung der übrigen Blut bildenden Zellen charakterisiert. Es kommt in der Folge zu einem Mangel an roten sauerstofftragenden Blutkörperchen, blutstillenden Blutplättchen und infektabwehrenden (reifen) Granulozyten; die Gesamtzahl der Leukozyten ist dabei um mehr als das Zehnfache erhöht, kann aber auch geringfügig erniedrigt sein. Die hieraus resultierenden Symptome bestehen zu Beginn häufig in grippeähnlichen Beschwerden, Fieber, entzündliche Stellen im Mundbereich, später in anämischen Zuständen (Schwäche, Blässe), erhöhter Blutungsneigung mit Haut-, Nasen- und Zahnfleischbluten und einer Abwehrschwäche, die sich v. a. in häufigen Pilzinfekten der oberen Luftwege und einer Beeinträchtigung der Wundheilung äußern kann. Häufigste Todesursachen sind Infektionen und akute Blutungen.
Die chronischen Leukämien, bei denen Organveränderungen im Vordergrund stehen, sind nahezu ausschließlich Erkrankungen des Erwachsenenalters. Die chronisch-myeloische Leukämie (Abkürzung CML) ist durch das Vorhandensein von Zellen aller Entwicklungsstadien einschließlich ihrer unreifen Vorstufen im Blut gekennzeichnet. In 80-90 % der Fälle liegt eine Anomalie des Chromosoms 22 (»Philadelphia-Chromosom«) in den Knochenmarkzellen vor. Charakteristische Symptome sind Fieberschübe, Infektanfälligkeit und starke Milz- und Lebervergrößerung. Der Tod tritt nach mehrjährigem Verlauf durch plötzlichen Übergang in eine akute Leukämie (terminaler Myeloblastenschub) ein. Die chronisch-lymphatische Leukämie (Abkürzung CLL) ist als Krankheit des höheren Lebensalters durch starke Vermehrung lymphatischer Zellen mit Lymphknotenschwellungen und Hauterscheinungen (Juckreiz, Ekzeme) gekennzeichnet. Sie wird zu den malignen Non-Hodgkin-Lymphomen mit geringer Bösartigkeit gerechnet und weist einen langfristig schleichenden Verlauf auf (Morbiditätsgipfel um das 55. Lebensjahr).
Aus genetischer Sicht sind Leukämien in der Regel monoklonalen Ursprungs, d. h., sie werden durch die Entartung einer einzigen Zelle ausgelöst. Leukämiezellen tragen nicht selten somatisch erworbene genetische Veränderungen (Mutationen). Diese sind entweder nur molekular nachweisbare Deletionen (Verluste von Bausteinen der Erbsubstanz), Duplikationen (Gewinn von Erbmaterial), Basensubstitutionen (Austausch von Bausteinen) beziehungsweise Translokationen/Inversionen (Umverlagerung von Erbgut), oder sie liegen teilweise als bereits im Lichtmikroskop erkennbare Chromosomenanomalien vor. Treten bestimmte Mutationen regelmäßig zusammen mit einem Leukämietyp auf, werden diese als spezifisch und als mitverantwortlich bei der Tumorentstehung angesehen. Ein Beispiel hierfür ist das Philadelphia-Chromosom der CML. Genetische Veränderungen in Leukämiezellen sind offensichtlich nicht selten, da inzwischen mehr als 30 spezifische, bereits im Lichtmikroskop erkennbare Chromosomenveränderungen beschrieben sind.
Die Behandlung der Leukämien erfolgt mit Kombinationen zytostatischer Mittel (Chemotherapie mit Zellgiften), Interferon, Corticosteroiden, Röntgenbestrahlung, Antibiotika zur Infektionsprophylaxe oder -therapie und Bluttransfusionen, teils zusätzlich auch durch Entfernen der vermehrten Leukozyten (Leukapherese). Die Prognose kann zunehmend entsprechend molekulargenetisch nachgewiesener Defekte in den entarteten Zellen (Subtypisierung nach beschriebener Grobeinteilung der Leukämien) bestimmt werden. Die Erfolge der Chemotherapie sind am günstigsten bei der kindlichen ALL, sonst wird nur ein unterschiedlich langer Entwicklungsstillstand (Remission) der Krankheit erreicht. Bei den akuten Formen und v. a. der CML bietet die Knochenmarktransplantation gute Chancen auf Heilung. In bestimmten Fällen kann die Leukämie auch durch eine Rückübertragung tiefkühlkonservierten, eigenen Knochenmarks (autologe Knochenmarktransplantation) in Verbindung mit einer hoch dosierten Chemotherapie geheilt werden.
Die der menschlichen Leukämie entsprechenden Erkrankungen der Tiere werden Leukose genannt. Sie kommen bei allen Haussäugetieren, vielen Wild- und Laboratoriumstieren und Vögeln, besonders Hühnern, vor. In Rinder- und Hühnerbeständen kann die Leukose seuchenhaft auftreten und schwere Schäden verursachen. Am häufigsten ist die chronisch-lymphatische Form. Als Ursache werden zunehmend Virusinfektionen ermittelt (Huhn, Rind, Katze). In Deutschland ist die Rinderleukose durch staatliche Bekämpfungsmaßnahmen weitgehend getilgt.
L. u. Lymphome. Fortschritte u. Hoffnungen, hg. v. D. Lutz u. a. (1988);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Blut: Weiße Blutkörperchen
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Leu|kä|mie, die; -, -n [zu griech. leukós (↑leuko-, Leuko-) u. haĩma = Blut] (Med.): bösartige Erkrankung mit einer Überproduktion an weißen Blutkörperchen; Blutkrebs; Weißblütigkeit: an L. leiden; Heute können ... nahezu 80 Prozent aller an L. erkrankten Kinder gerettet werden (Spiegel 33, 1984, 129).
Universal-Lexikon. 2012.