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Antiterrorkrieg
An|ti|tẹr|ror|krieg, der; -[e]s, -e:
militärische Bekämpfung des Terrorismus.

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Antitẹrrorkrieg,
 
Schlagwort für die nach den Terroranschlägen islamistischer Extremisten vom 11. 9. 2001 in den USA durch diese eingeleiteten Gegenmaßnahmen, im engeren Sinn zunächst die ab dem 7. 10. 2001 durchgeführte amerikanische Militäraktion gegen das Terrornetzwerk »al-Qaeda« von Osama Bin Laden und die Taliban in Afghanistan. Im weiteren Sinn Begriff für den weltweiten Kampf unter Führung der USA gegen extremistische, gewalttätige Gruppen und Organisationen sowie die sie unterstützenden Regime (wobei Präsident G. W. Bush in einer zweiten Phase Anfang 2002 die von ihm einer »Achse des Bösen« zugerechneten Länder Irak, Iran und Nord-Korea als potenzielle Produzenten und Nutzer von Massenvernichtungswaffen ins Visier nahm).
 
Schon seit den 1990er-Jahren, als Einrichtungen der USA im Ausland (wie die Botschaften in Kenia und Tansania 1998) sowie amerikanische Militärstützpunkte und Kriegsschiffe zum Ziel terroristischer Anschläge wurden, befasst sich das US-Verteidigungsministerium mit Gegenmaßnahmen. Dabei wird offiziell unterschieden zwischen »Anti-Terrorism« (defensive Vorkehrungen zur Verringerung der Verwundbarkeit von Personen oder zum Schutz von Einrichtungen) und »Counter-Terrorism« (militärisches und nachrichtendienstliches Vorgehen zur Prävention, Abschreckung und Vergeltung). Diese Differenzierung ist jedoch nicht trennscharf. Experten sehen darin einerseits einen Hinweis auf die Schwierigkeiten, militärisch effektive Konzepte zur Terrorismusbekämpfung zu entwickeln, andererseits ein Zeichen für die Konkurrenz zwischen einzelnen Sicherheitsdiensten und Teilstreitkräften. In diesem Zusammenhang kündigte Präsident Bush im Juni 2002 eine grundlegende Reform der US-Sicherheitsbehörden an: Das vorgesehene »Department of Homeland Security« (Ministerium für Heimatschutz) zielt auf eine Neuorganisation der Terrorabwehr und soll (mit einem Etat von etwa 37 Mrd. $ und rund 169 000 Mitarbeitern) Grenzen und Verkehr sichern, Krisen- und Notfallmaßnahmen konzipieren, von ABC-Waffen ausgehende Gefahren bekämpfen und zudem infrastrukturelle Schwachstellen aufspüren und abbauen. Dem neuen Ministerium (nach den Anschlägen hatte man zunächst ein Büro für innere Sicherheit geschaffen) fällt die Aufgabe einer Koordination von CIA und FBI wie auch der anderen Sicherheitsbehörden zu.
 
Die Probleme des Antiterrorkampfes resultieren v. a. daraus, dass er sich gegen einen mehr oder weniger unsichtbaren Feind und - soweit es sich um religiös-sektiererische Terrorgruppen handelt, deren Angehörige hochmotiviert und bereit sind, das eigene Leben bei ihren Aktionen zu opfern - umso gefährlicheren Gegner richtet. Dem entspricht die Ankündigung von Präsident Bush nach dem 11. 9. 2001, einen »langen Feldzug« gegen den internationalen Terrorismus zu führen, bei dem außer militärischen Mitteln auch geheimdienstliche, diplomatische, wirtschaftliche, juristische, finanzpolitische u. a. Maßnahmen zum Einsatz kommen würden. Die USA sicherten sich dabei die Unterstützung der Generalversammlung und des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, ihrer westlichen Verbündeten (erstmaliges Ausrufen des Bündnisfalles durch die NATO am 2. 10. 2001) sowie zahlreicher weiterer Staaten in einer Antiterrorkoalition (darunter auch Russland und die VR China, die das harte Vorgehen gegen muslimische Rebellen in Tschetschenien bzw. in Sinkiang ebenfalls in den Zusammenhang des internationalen Antiterrorkampfes einzuordnen suchten), um in internationaler Zusammenarbeit Terrornetzwerke aufzuspüren und zu zerschlagen. Dies ermöglichte auch die Bildung neuer »strategischer Partnerschaften«, z. B. manifestiert durch den im Mai 2002 vertieften NATO-Russland-Rat. Im Rahmen des Antiterrorkriegs verstärkten die USA u. a. ihre Militärpräsenz in verschiedenen asiatischen Staaten (z. B. Truppenstationierung in zentralasiatischen GUS-Republiken, Entsendung von Militärberatern auf die Philippinen und nach Georgien). Neben den USA verstärkten auch andere Staaten ihre Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit (Erlass von Antiterrorgesetzen, Ausrichtung von Spezialeinheiten, Polizei- und Geheimdienstorganen an den Erfordernissen des Antiterrorkampfes, schärfere Kontrolle bei Zuwanderungen aus Ländern, die als problematisch angesehen werden) und der äußeren Sicherheit (u. a. Aufstockung des Verteidigungsetats). Auf Beschluss der UNO wurden alle Staaten aufgefordert, durch die Sperrung relevanter Konten und Vermögen einer Anzahl von verdächtigen Organisationen die finanzielle Basis zu entziehen.
 
Die insbesondere in den USA, aber auch in anderen Staaten getroffenen Maßnahmen zur inneren Sicherheit korrespondieren mit einer (mehr oder weniger) deutlichen Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten und Rechte; eine kritische Reflexion der Antiterrorpolitik hinsichtlich ihrer Notwendigkeit, aber auch ihrer Risiken für die demokratische Ordnung ist unumgänglich.
 
Zu den zentralen, aber bisher noch weitgehend ungelösten Aufgaben gehört schließlich die wirksame Auseinandersetzung mit den politischen, sozialen und geistig-religiösen Wurzeln der Entstehung und Ausbreitung terroristischer bzw. extremistischer Bewegungen, um diesen langfristig und wirksam den Boden zu entziehen.
 
Literatur:
 
H. Wulf: Frieden ist mehr als Terrorbekämpfung, in: Friedensgutachten 2002, hg. v. der Hessischen Stiftung Friedens- u. Konfliktforschung u. a. (2002).

Universal-Lexikon. 2012.