Zịr|bel|drü|se 〈f. 19〉 Drüse innerer Sekretion in der Zwischenhirndecke der Menschen u. Säugetiere, Epiphyse [<Zirbel in der Bedeutung „Zapfen“ (nach der Gestalt)]
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Zịr|bel|drü|se, die [zu Zirbel = Zapfen der Zirbelkiefer; nach der Form]:
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I Zirbeldrüse
[zu Zirbel »Zapfen der Zirbelkiefer«], Epiphyse, Pinealdrüse, Cọrpus pineale, Glạndula pinealis, Epiphysis cerebri, bei Wirbeltieren vorkommendes unpaares Organ mit neurosekretorischer Funktion. Die Zirbeldrüse liegt als kleine zapfenförmige Ausstülpung des Zwischenhirndachs zwischen den beiden Hirnhemisphären und sezerniert rhythmisch (meist in der zweiten Nachthälfte) das Hormon Melatonin, dessen Synthese durch Licht grundsätzlich gehemmt wird. Von der Zirbeldrüse im engeren Sinne spricht man im Allgemeinen nur bei Vögeln und Säugetieren.
Bei den niederen Wirbeltieren stellt das der Zirbeldrüse entsprechende Pinealorgan (Zirbeldrüse im weiteren Sinn) ein Lichtsinnesorgan dar, das u. a. für die Farbwechselreaktion bei Fischen und Amphibien (Aufhellung im Dunkeln) verantwortlich ist, die der Wirkung des Melanozyten konzentrierenden Melatonins zugeschrieben wird. Bei Fischen, Amphibien und Reptilien sendet der Pinealkomplex überdies durch Lichtreize beeinflussbare Impulse über besondere Nervenbahnen in Gehirnregionen, die z. B. auch Zielgebiete von Nervenbahnen der Netzhaut sind; gegebenenfalls wird so Information über den wichtigen Umweltreiz Licht doppelt gesichert. Bei vielen Reptilien und den Vögeln tritt nur noch eine unterentwickelte Photosensorik auf; Nervenzellen der Zirbeldrüse von Vögeln reagieren jedoch auf Veränderungen des Magnetfeldes mit einer Änderung ihrer Entladungsfrequenz; dies deutet darauf hin, dass die Zirbeldrüse ein Reizempfänger für Magnetfeldänderungen ist und vielleicht im Dienst der Orientierung nach dem Magnetfeld der Erde steht (magnetischer Sinn).
Die Zirbeldrüse der Säugetiere bildet neben Serotonin und Peptiden mit Botenstofffunktion Melatonin. Die Melatoninsynthese wird durch den Neurotransmitter Noradrenalin stimuliert. Am Tag wird die Sekretion durch eine unbewusste Lichtwahrnehmung des Auges unterdrückt. Nach der Geburt steigt die Melatoninausschüttung an und erreicht ihren Höhepunkt zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr, danach erfolgt ein Abfall (etwa um 80 %) bis zum Beginn der Pubertät. In der Folge sinkt der Melatoninspiegel sehr langsam um weitere 10 % bis ins Alter. Melatonin hat bei Säugetieren eine antigonadotrope Funktion, so hemmt es beim Menschen die Reifung der Geschlechtsorgane bis zur Pubertät; der Ausfall der Zirbeldrüse hat eine vorzeitige Pubertät (Pubertas praecox) zur Folge. Darüber hinaus scheint die Zirbeldrüse eine zentrale Funktion für die Aufrechterhaltung der 24-Stunden-Rhythmik (Schlaf-wach-Rhythmus) zu besitzen, wobei Melatonin das chemische Signal darstellt. Neben der Tagesrhythmik (circadiane Rhythmik) zeigt die Melatoninausschüttung auch jahreszeitliche Schwankungen (circaannuale Rhythmik) mit einem Maximum im Sommer; v. a. Letztere hat Einfluss auf hormonale Regelkreise (bei Tieren, die sich saisonal fortpflanzen, hemmt Melatonin die Fruchtbarkeit) und auf Immunreaktionen, die durch Melatonin gefördert werden.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Hypothalamus, Hypophyse, Zirbeldrüse und ihre Hormone
Zirbeldrüse
(Epiphyse): am Zwischenhirn hängende zapfenförmige Ausstülpung, die sich auf das Scheitelauge bei niederen Wirbeltieren zurückführen lässt. Sie schüttet das Hormon Melatonin aus, das zusammen mit anderen Hormonen die vorzeitige Geschlechtsreife bei Kindern verhindert. Die Entfernung der Zirbeldrüse bei Kindern führt daher zur geschlechtlichen Frühreife. Möglicherweise regelt sie auch den Tag-Nacht-Rhythmus sowie andere Abfolgen im zirkadianen Rhythmus.
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Zịr|bel|drü|se, die [zu Zirbel = Zapfen der Zirbelkiefer; nach der Form]: am oberen Abschnitt des Zwischenhirns liegende Drüse; ↑Epiphyse (1).
Universal-Lexikon. 2012.