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Versetzung
Ver|sẹt|zung 〈f. 20
1. das Versetzen
2. das Versetztwerden
3. 〈Phys.〉 Fehlstelle eines Kristalls

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Ver|sẹt|zung: in der Kristallographie Bez. für eindimensionale Gitterfehler ( Kristallbaufehler), bei denen man sog. Stufenversetzungen u. Schraubenversetzungen unterscheiden kann.

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Ver|sẹt|zung, die; -, -en:
das Versetzen (1 a-c, 4, 7), Versetztwerden.

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Versetzung,
 
1) Arbeitsrecht: Es ist zu unterscheiden zwischen individualvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen Versetzungsbegriff. Arbeitsvertragsrechtlich ist die Versetzung die Änderung des Aufgabenbereichs des Arbeitnehmers nach Art, Ort und Zeit der Tätigkeit. Sie kann aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers, eines Änderungsvertrags oder einer Änderungskündigung erfolgen. Ob die Versetzung durch Ausübung des Direktionsrechts vorgenommen werden kann, hängt vom Inhalt des Arbeitsvertrags ab. Eine unter Überschreitung des Direktionsrechts ausgesprochene Versetzung ist unwirksam und im Zweifel keine Änderungskündigung. Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsrechts (§ 95 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz, BetrVG) ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Keine Versetzung liegt bei einer Tätigkeit mit stets wechselndem Arbeitsort vor. Der Betriebsrat hat bei der Versetzung Mitwirkungsrechte nach §§ 99 ff. BetrVG. Eine unter Übergehung des Betriebsrats vorgenommene Versetzung ist unwirksam. Der Arbeitnehmer kann bei einer unwirksamen Versetzung ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung haben oder sie auf Feststellungsklage gerichtlich nachprüfen lassen.
 
 2) Beamtenrecht: die auf Dauer bestimmte Übertragung eines neuen Amtes bei einer anderen Dienststelle. Ein Beamter kann grundsätzlich versetzt werden, wenn er es beantragt oder wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht. Die Versetzung betrifft die persönliche Rechtsstellung des Beamten und ist daher ein Verwaltungsakt, den der Beamte anfechten kann. Das am 1. 7. 1997 in Kraft getretene Dienstrechtsreformgesetz hat die Möglichkeit des Dienstherrn, einen Beamten aus dienstlichen Gründen ohne seine Zustimmung zu versetzen, erheblich erweitert und damit den Personaleinsatz für den Dienstherrn flexibler gemacht. Eine zustimmungsfreie Versetzung eines Beamten aus dienstlichen Gründen ist zulässig in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt auch im Bereich eines anderen Dienstherrn, in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt bei Organisationsänderungen und in ein Amt einer anderen Laufbahn mit der Pflicht zur Umschulung. Bei der Versetzung zu einer anderen Dienststelle hat der Personalrat ein Mitbestimmungsrecht. - Die Versetzung von Richtern ist nur eingeschränkt möglich (Art. 97 GG). Von der Versetzung sind die Abordnung und die Umsetzung zu unterscheiden.
 
 3) Kristallographie: ein eindimensionaler Gitterbaufehler in Realkristallen, der zu inneren elastischen Spannungen führt. Dabei ist die regelmäßige Anordnung der Kristallnetzebenen entlang einer Linie, der Versetzungslinie, gestört und das Gitter dort lokal verzerrt. Man unterscheidet zwei Grundtypen von Versetzungen. Bei der Stufenversetzung sind die parallel zur Versetzungslinie liegenden Netzebenen derart gegeneinander verrückt, dass eine Netzebene an der Versetzungslinie endet. Aufgrund der unterschiedlichen Netzebenendichte ist der Kristall auf der einen Seite der Versetzungslinie komprimiert, während sich auf der anderen eine Zugspannung ausbildet. Bei der Schraubenversetzung sind die senkrecht auf der Versetzungslinie stehenden Netzebenen wendeltreppenartig ausgebildet. Die Achse der so entstehenden Schraubenfläche fällt mit der Versetzungslinie zusammen. Richtung und Betrag der Netzebenenverrückung an einer Versetzung wird durch den Burgers-Vektor beschrieben; bei der Stufenversetzung steht er senkrecht auf der Versetzungslinie, bei der Schraubenversetzung ist er parallel zu ihr. Stufen- und Schraubenversetzung treten im Allgemeinen nicht in reiner Form auf, sondern überlagern sich zu allgemeineren Arten von Versetzungen.
 
Unter dem Einfluss von Schubspannungen können sich Versetzungen durch den Kristall bewegen. Wandert dabei die Versetzungslinie an die Kristalloberfläche, verbleibt eine Gleitstufe; die eine Hälfte des Kristalls ist auf der anderen um eine gewisse Strecke abgeglitten, nämlich gerade in Richtung und um den Betrag des Burgers-Vektors. Derartige Prozesse spielen eine wichtige Rolle bei der plastischen Verformung von Kristallen (Gleitung).
 
 4) Pädagogik: das Aufsteigen in die nächsthöhere Klassenstufe an Schulen mit Jahrgangsklassenaufbau. Die genauen Modalitäten der Versetzung haben die Bundesländer durch entsprechende Verordnungen geregelt (Versetzungsordnungen). Die Versetzung hängt v. a. davon ab, ob eine erfolgreiche Mitarbeit in der höheren Klasse zu erwarten ist. Die Gefährdung der Versetzung eines Schülers ist den Erziehungsberechtigten (meist drei Monate vorher) schriftlich mitzuteilen. Zweimalige Nichtversetzung an höheren Schulen hat Schulabgang zur Folge, wenn der weitere Verbleib als nicht erfolgversprechend beurteilt wird. Versetzungsentscheidungen unterliegen der Verwaltungs-Gerichtsbarkeit, die richterliche Nachprüfung bezieht sich auf die Einhaltung der Formvorschriften.
 
In Gesamtschulen gibt es Versetzung im obigen Sinn nicht, die Schüler werden in den einzelnen Fächern (zum Teil Wahlfächern) ihren Leistungen entsprechend in A-, B- und C-Kurse sowie auch Förderkurse eingestuft, wobei der Schüler bei sehr individuellem Leistungsprofil möglicherweise gleichzeitig je nach Fach einen Förderkurs und einen A-Kurs besucht. In der gymnasialen Oberstufe werden vom Schüler Pflicht- und Wahlpflichtkurse belegt, in denen seine Leistungen nach Punkten bewertet werden. Zum Abitur erhält er nur Zulassung, wenn er innerhalb des (flexiblen) Zeitraums der Oberstufe eine Mindestzahl von Punkten erreicht hat.
 
 5) seemännisch: durch Wind, Seegang und/oder Strömung (Stromversetzung) verursachte Abweichung des wirklichen Standorts eines Schiffes vom vorausberechneten Standort.

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Ver|sẹt|zung, die; -, -en: das Versetzen, Versetztwerden (1 a-c, 4, 7).

Universal-Lexikon. 2012.