Wạllenberg
[-bɛrj], schwedische Bankiersfamilie. André Oscar Wallenberg (* 1816, ✝ 1886) gründete 1856 die Stockholms Enskilda Bank (Skandinaviska Enskilda Banken). Sein Sohn Knut Agaton (* 1853, ✝ 1938) machte sie seit 1886 zur führenden schwedischen Bank. Als Außenminister (1914-17) vertrat er maßgeblich die schwedische Neutralitätspolitik. Marcus Laurentius Wallenberg (* 1864, ✝ 1943), Stiefbruder von Knut Agaton Wallenberg, ab 1911 ebenfalls in der Stockholms Enskilda tätig, hatte großen Anteil an der Entwicklung der schwedischen Industrie als Mitbegründer und Finanzier bedeutender schwedischer und norwegischer Unternehmen. 1931/32 war er als Experte an der Neuorganisation und dem Wiederaufbau des deutschen Bankwesens beteiligt. Seine Söhne Jacob (* 1892, ✝ 1980) und Marcus (* 1899, ✝ 1982) bauten den Einfluss der Bank sowie den industriellen Komplex des Familienimperums weiter aus.
Heute ist die Familie Wallenberg - repräsentiert durch Peter Wallenberg (* 1926), Sohn von Marcus Wallenberg, sowie seinen Sohn Jacob und seinen Neffen Marcus Wallenberg (* 1957) - über die Investmentgesellschaft Investor AB praktisch an allen namhaften schwedischen Konzernen (z. B. SAAB Automobile AB, Scania AB, SAAB AB, Elektrolux AB, Asea Brown Boveri AG, Stora Kopparbergs Bergslags AB, SKF-Gruppe) beteiligt.
II
Wạllenberg
[-bɛrj],
1) Jacob, schwedischer Schriftsteller, * Viby (Verwaltungsbezirk Östergötland) 5. 3. 1746, ✝ Mönsterås (Verwaltungsbezirk Kalmar) 25. 8. 1778; unternahm als Schiffspfarrer Reisen nach Asien; war zuletzt Pfarrer in Mönsterås; bekannt v. a. durch seine Reiseberichte (»Min son på galejan«, 1781; deutsch »Das Muttersöhnchen auf der Galeere«).
2) Raoul, schwedischer Diplomat, * Stockholm 4. 8. 1912; aus der Bankiersfamilie Wallenberg; studierte in den 30er-Jahren Architektur in den USA; ging im Juli 1944 im Auftrag einer amerikanischen Hilfsorganisation (»War Refugee Board«) nach Budapest; rettete dort als Legationssekretär der schwedischen Gesandtschaft in gefahrvollem Einsatz das Leben Tausender Juden, die die SS zur Deportation in Vernichtungslager vorgesehen hatte; nach neueren Recherchen soll er dabei mit dem amerikanischen Nachrichtendienst »Office of Strategic Services« (OSS) zusammengearbeitet haben. Nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde Wallenberg am 17. 1. 1945 vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet; er blieb seit seiner anschließenden Verschleppung in die UdSSR verschollen. Laut einer 1957 von der sowjetischen Führung abgegebenen Erklärung (so genannte »Gromyko-Note«) soll Wallenberg in der Nacht zum 17. 7. 1947 im Moskauer Lubjanka-Gefängnis verstorben sein (laut Totenschein an Herzinfarkt, möglicherweise aber durch eine Giftinjektion; Tod 1992 erneut durch einen hohen KGB-Mitarbeiter bestätigt); demgegenüber wollen ihn Augenzeugen viele Jahre später in sowjetischen Haftanstalten oder Arbeitslagern gesehen haben. - Um die Aufklärung des Schicksals von Wallenberg bemühen sich die u. a. in Schweden, Deutschland und den USA bestehenden »Raoul-Wallenberg-Komitees«. - Nach russischen Angaben vom November 2000 (u. a. weiterhin von Schweden angezweifelt) wurde Wallenberg 1947 im Lubjanka-Gefängnis vom sowjetischen Geheimdienst erschossen; im Dezember 2000 rehabilitierte ihn die russische Justiz offiziell.
C. Gann: Raoul W.So viele Menschen retten wie möglich (1999).
Universal-Lexikon. 2012.