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I künstliche Intelligenz
(Abkürzung: KI; englisch: artificial intelligence (ai); auch maschinelle Intelligenz): Bezeichnung für spezielle Methoden und Verfahren der praktischen Informatik (Wissensverarbeitung, wissensbasierte Systeme) und der Kognitionswissenschaften (kognitive Psychologie, kognitive Linguistik u. a.) mit unterschiedlichen Zielsetzungen, von denen die maschinelle beziehungsweise computerisierte Nachbildung für den Menschen typischer Fähigkeiten, besonders solcher der menschlichen Intelligenz, aber auch der Aspekt einer völligen Ersetzung des Menschen durch die Maschine, am weitesten reichen.
Unabhängig von den unterschiedlichen Auffassungen und Zielsetzungen, werden im Rahmen der KI Methoden und Verfahren zur Systemkonstruktion entwickelt. KI-Systeme sind wissensbasierte Problemlöser, das heißt, sie lösen Aufgaben auf der Grundlage verfügbarer Daten. Kernfragen des Entwurfs sind dementsprechend die formale Repräsentation der Problemobjekte beziehungsweise des Wissens darüber, die Methode der Inferenz (die Bestimmung der elementaren Problemlösefaktoren) sowie die Festlegung der Suchstrategie. Zur Verwirklichung des Entwurfs müssen Methoden, Verfahren und Werkzeuge der Implementation ausgewählt werden.
KI-Systeme lassen sich traditionellen Teilgebieten zuordnen. In der Spielprogrammierung, speziell der Schachprogrammierung, sind die spektakulärsten Erfolge zu verzeichnen, obwohl hier meist das wenig »intelligente« Verfahren der Breitensuche angewendet wird. Die hieraus entwickelten Problemlösetechniken wurden auch von der kognitiven Psychologie aufgegriffen.
Die Rekonstruktion sprachlicher Äußerungen zählt zu den schwierigsten Problemen der KI. Im Unterschied zu den ersten, rein syntaktischen (den Satzbau betreffenden) Versuchen sind neuere natürlichsprachliche Systeme semantisch (das heißt die Bedeutung sprachlicher Zeichen betreffend) fundiert und berücksichtigen Weltwissen sowie formalisierbare pragmatische Informationen. Als Anwendungen werden neben der automatischen Übersetzung die automatische Zusammenfassung von Aufsätzen sowie die Mensch-Maschine-Kommunikation mit Daten- und Wissensbanken ins Auge gefasst. Hier wird eine Verbindung mit Systemen der akustischen Spracherkennung versucht, deren grundlegende Methoden und Verfahren außerhalb der KI liegen. In diesem Bereich findet eine enge Zusammenarbeit mit der kognitiven Linguistik statt. Ähnlich liegen die Verhältnisse in der Bildverarbeitung, deren Anwendungsrelevanz im Wesentlichen von den Methoden der Mustererkennung sowie der »niederen Bilddeutung« herrührt. Bei der Analyse natürlicher Szenen und Umgebungen spielen wissensbasierte Methoden jedoch eine wichtige Rolle. »Höhere Bilddeutung«, räumliches Sehen und Analyse von Bildfolgen sind auch eine Voraussetzung für die Entwicklung autonomer Roboter, also flexibel einsetzbarer Handhabungsautomaten. Diese enthalten meist Sensoren zur Kommunikation mit der Umgebung (Photozellen, Kameras, Temperaturfühler, Rauchfühler u. a.), Effektoren zur Durchführung von Tätigkeiten (Schalter, bewegliche Greifarme u. a.) und Prozessoren zur Informationsverarbeitung und zur Steuerung der Effektoren.
Den höchsten Grad an Anwendungsrelevanz besitzen auf absehbare Zeit Expertensysteme, das heißt automatische Problemlöser der KI für spezielle Wissensgebiete, z. B. chemische Analyse, Fehlerdiagnose technischer Aggregate, Finanzanalyse oder Gerätekonfiguration.
Eine alle KI-Systeme berührende Technik ist das automatische Lernen (automatischer Wissenserwerb). Nach einigen spektakulären Anfangserfolgen in Klassifikation und Konzeptbildung sind hier kaum noch Fortschritte zu verzeichnen, sodass wieder auf den Ansatz der neuronalen Netze zurückgegriffen wird.
Die Idee der vollständigen oder weitgehenden Rekonstruierbarkeit des menschlichen Geistes wirkt ebenso faszinierend wie provozierend. Prominente Kritik kommt v. a. von Philosophen an den zugrunde liegenden philosophischen Annahmen sowie deren enthumanisierenden Folgen. Gegen die starke KI-These spricht, dass auch mit Sensoren ausgerüstete Automaten ihr »Verhalten« nur in einem vorgegebenen beziehungsweise vorprogrammierten Rahmen ändern können, wogegen lebendige Intelligenzen mit ihrer natürlichen und sozialen Umwelt in einer offenen, evolutionär sich verändernden Beziehung stehen. KI-Systeme vermögen daher nur gewisse abstrakte Aspekte der menschlichen Intelligenz zu simulieren; sie sind nicht intelligent.
II
künstliche Intelligenz
[Abk. KI, engl. artificial intelligence (AI)], Gebiet der Computerwissenschaft (Informatik), das sich mit der Nachbildung formalisierbarer Aspekte des menschlichen Denkens und Erkennens befasst sowie mit deren Nutzbarmachung für Problemlösungen, die Intelligenzleistungen voraussetzen. Dabei hat sich die KI-Forschung immer mehr von der reinen Programmierung in Richtung der Erforschung des menschlichen Denkens (Kognitionswissenschaft, Psychologie, Neurologie, Philosophie) und Sprechens (Linguistik) verschoben. Dieser Wechsel ging einher mit einer Verschiebung des Forschungsziels: Während in den 1960er-Jahren Optimisten sich vornahmen, »denkende« Computer zu erschaffen, welche anhand ihrer Äußerungen nicht von menschlichen Denkern zu unterscheiden sind (Turing-Test), werden heute nur noch eingegrenzte Teilaspekte der menschlichen Intelligenz auf ihre Nachformbarkeit und Nutzbarmachung hin untersucht.
Die Arbeiten zur künstlichen Intelligenz haben - neben der Frage nach der Natur des menschlichen Denkens überhaupt - eine Reihe von weiteren, sehr grundsätzlichen Problemen aufgeworfen. Hierzu zählen folgende:
- Durch welche Strukturen im Computer (Hardware/Software) lassen sich am ehesten Intelligenzleistungen erbringen?
- Muss eine künstliche Intelligenz die natürliche, menschliche Intelligenz möglichst genau nachbilden oder kann sie von ganz anderen Konzepten ausgehen?
- Gibt es überhaupt einen einheitlichen Intelligenzbegriff oder handelt es sich beim menschlichen Denken um eine Anzahl verschiedener, zumindest z. T. voneinander unabhängiger Fähigkeiten?
- Inwieweit müssen einer hypothetischen funktionsfähigen künstlichen Intelligenz eigene, der Menschenwürde analoge Rechte zugestanden werden und welche gesellschaftlichen Konsequenzen hätte dies?
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde nach einer Reihe von Rückschlägen klar, dass zumindest in absehbarer Zeit keine umfassende Nachbildung des menschlichen Geists im Computer möglich sein würde. Beispielsweise konnte sog. Expertensysteme sich kommerziell nur als Nischenanwendungen behaupten. Daher nahm die KI-Forschung einen mehr ingenieurwissenschaftlichen Charakter (Knowledge Engineering) an und wendete sich der Lösung von konkreten Problemen zu, die mit Methoden der KI besser als mit herkömmlichen Programmen (und besser als durch menschliche Tätigkeit) behandelt werden konnten. Berühmt wurde das Schachprogramm Deep Blue, das 1997 den damaligen Schachweltmeister besiegte, aber es gibt auch eine Reihe von aktuellen KI-Anwendungen mit potenziellen oder bereits bestehenden Marktchancen, etwa Bildverarbeitungs-Software (zur Mustererkennung), lernfähige Industrieroboter und das Gebiet der maschinellen Verarbeitung und Generierung von natürlicher Sprache. Von Nicht-KI-Programmen unterscheiden sich diese Systeme jeweils dadurch, dass der Rechner nicht nur Daten bearbeitet, sondern aus vorliegenden Daten Schlüsse zieht bzw. diese interpretiert, also in gewisser Weise den Input »versteht«.
Heutige KI-Systeme kann man von ihrer Grundstruktur her in zwei Gruppen einteilen: einerseits die Imitation von menschlichem Wissen und Folgern durch abstrakt formulierte Datenbanken und Schlussregeln und andererseits das Nachbilden von Denkprozessen auf neuronaler Ebene durch sog. künstliche neuronale Netze. Während der erste Ansatz in der nur teilweise gegebenen Formalisierbarkeit des menschlichen Denkens seine Grenze findet, scheitern neuronale Netze bisher an der unvorstellbar großen Zahl der neuronalen Verbindungen im menschlichen Gehirn (rund 100 Milliarden Neuronen, die größten bestehenden Netze erreichen kaum die Zahl von 100 000 »Neuronen«). Für die Lösung von Problemen aus dem Bereich der KI wurden eigene Programmiersprachen entwickelt, u. a. Prolog, Lisp und Smalltalk.
Universal-Lexikon. 2012.