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OSI-Schichtenmodell
OSI-Schichtenmodell
 
[Abk. für Open System Interconnection, dt. »Verbindung offener Systeme«] (ISO/OSI-Schichtenmodell, OSI-Referenzmodell), ein Modell für die Architektur von Rechnernetzen, das aus sieben Schichten besteht und festlegt, welche Protokolle und Dienste in den einzelnen Schichten verwendet werden können. OSI regelt also die unterschiedlichen Aspekte der Kommunikation und Datenübertragung zwischen den Netzteilnehmern. Es bezieht sich nicht auf reale Maschinen und Protokolle, sondern ist prinzipiell, abstrakt und allgemein gehalten, damit es verschiedene Umsetzungen zulässt (etwa für verschiedene Computer- und Netzwerksysteme).
 
Das OSI-Schichtenmodell wurde seit 1978 von unterschiedlichen Stellen entwickelt und 1984 als internationaler Standard ISO 7498 bzw. als ITU-TSS-Empfehlung X.200 b definiert. Als Vorbild diente dabei das Schichtenmodell der IBM-Netzwerkarchitektur SNA. Heute bildet das OSI-Modell die Grundlage jeder Netzwerkarchitektur, auch des Internet.
 
Das wichtigste Prinzip des OSI-Schichtenmodells ist die Unterteilung der Netzwerkkommunikation in übereinander geordnete Schichten (auch Ebenen oder Layer genannt). Die Einzelheiten einer Schicht bleiben den anderen Schichten verborgen (das ermöglicht unterschiedliche technische Umsetzungen); eine Schicht stellt aber nach außen bestimmte Dienstleistungen zur Verfügung. Außerdem kann eine Schicht auf die Dienste einer untergeordneten Schicht zugreifen, aber nur auf diese (dadurch vermeidet man weitgehend unübersichtliche Kopplungen zwischen den Schichten). Innerhalb jeder Schicht besteht das Modell aus Teilsystemen, die jeweils nur solche Aufgaben ausführen, die der entsprechenden Schicht zugeordnet sind. Falls notwendig, greifen übergeordnete Schichten auf die Dienste der tieferen Schichten zurück. Jede Ebene übernimmt also einen Teil der Kommunikationsaufgabe, die erst in der obersten Schicht vollständig abgeschlossen ist.
 
Die Kommunikation zwischen den Ebenen erfolgt über besondere Schnittstellen innerhalb des Modells (und somit auch innerhalb der Programme, mit denen das OSI-Referenzmodell physikalisch umgesetzt wird), die als Service Access Points (Abk. SAP, dt. »Dienstzugangspunkte«) bezeichnet werden. Zudem müssen die einzelnen Teilsysteme innerhalb jeder Schicht in der Lage sein, Daten untereinander auszutauschen. Wie diese Daten übertragen werden, wird in Form von Übertragungsprotokollen geregelt.
 
Insgesamt unterscheidet das OSI-Schichtenmodell sieben Schichten. Sie werden grafisch beispielsweise in Form eines von unten nach oben reichenden Stapels wiedergegeben oder als Zwiebel, bei der die niedrigste Schicht am weitesten innen sitzt.
 
- Schicht 1, die Bitübertragungsschicht oder physikalische Schicht, handhabt den Bitstrom zwischen physikalisch verbundenen Systemen. Entsprechende Dienste legen die elektrische Darstellung der Bits und Eigenschaften von Kabeln und Steckern fest. Beispielsweise ist Schicht 1 dafür verantwortlich, dass eine aus dem Gerät hinausgehende Leitung bereitgestellt wird.
 
- Schicht 2, die Verbindungsschicht bzw. Sicherungsschicht (engl. link layer; Verbindungsebene, Prozedurebene), bietet einen gesicherten Paketstrom zwischen physikalisch verbundenen Systemen. Der Bitstrom wird in nummerierte Pakete (Rahmen, engl. frames) zerlegt, die Übertragung kontrolliert (Quittierung von Paketen) und gegebenenfalls eine Fehlerbehandlung vorgenommen. Aufgrund der verschiedenartigen Aufgaben ist die Schicht logisch in zwei Unterebenen aufgeteilt, von denen die erste, die sog. Medium Access Control (Abk. MAC, dt. »Zugriffskontrolle auf die Medien«), den Zugriff auf das Übertragungsmedium kontrolliert, die zweite (Logical Link Control, Abk. LLC, dt. »logische Verbindungskontrolle«) die Kontrolle des Datenflusses und die Fehlerbehandlung übernimmt. Da in einem Weitverkehrsnetz (WAN) diese Kontrollfunktionen nicht völlig gewährleistet werden können, werden sie hier nur auf der Seite des jeweiligen Computers sowie in LANs eingesetzt.
 
- Schicht 3, die Vermittlungsschicht oder Netzwerkschicht (engl. network layer; Paketebene), stellt die dritte Schicht des Modells dar. Erst hier wird der tatsächliche Verbindungsaufbau zwischen den beteiligten Rechnern durchgeführt, wobei zusätzlich auch noch die Kontrolle der Verbindung und die Reaktion auf erkannte Übertragungsfehler zu den Aufgaben zählt. Da sich besonders in WANs der Weg der Daten ständig ändern kann, muss von dieser Schicht auch die Adressierung bei Bedarf nachgeführt werden.
 
- Schicht 4, die Transportschicht (engl. transport layer), leistet die Übertragung von Datenpaketen zwischen Betriebssystemprozessen und verbirgt dabei Topologie und Eigenschaften des Netzes. Sie bildet ein Verbindungsglied zwischen dem Transport- und dem Anwendungssystem. Dazu stellt sie u. a. eine transparente und gesicherte Verbindung zwischen den Kommunikationspartnern her, sie führt auch eine Fehlerbehandlung durch sowie das Ordnen der Datenpakete (während der Datenübertragung kann nämlich die Reihenfolge der Datenpakete durcheinander geraten sein (Paketvermittlung)).
 
- Schicht 5, die Kommunikationssteuerungsschicht oder Sitzungsschicht (engl. session layer), koordiniert den Datenstrom, indem etwa Synchronisierungssignale ausgetauscht werden. Sie sorgt außerdem für eine ordnungsgemäße Aufnahme, Durchführung und Beendigung einr Übertragung. Fällt das Übertragungssystem während der Übertragung vorübergehend aus, leitet sie den Aufbau einer neuen Verbindung ein.
 
- Schicht 6, die Darstellungsschicht oder Präsentationsschicht (engl. presentation layer), bereitet die Daten für die Präsentation im jeweiligen Computersystem vor. Auf Empfängerseite wandelt sie die Daten in ein Format um, das in diesem Rechner intern eingesetzt wird. Hierzu zählen auch Alphabete, also spezifische Schriftzeichen, Gleit- oder Festkommakonvertierungen, Datumsformate usw. Zum Versand werden die Daten aus der internen Kodierung in eine allgemeine, netzwerkfähige Darstellungsform umgewandelt, beispielsweise durch Kompression.
 
- Schicht 7, die Anwendungsschicht (engl. application layer), bildet das Bindeglied zur Benutzeranwendung. Sie ist keineswegs mit dem Anwendungsprogramm identisch, über das der Benutzer die Datenkommunikation veranlasst hat, vielmehr stellt sie diesem Programm Dienste zur Verfügung, mit denen etwa die Verbindung auf- oder abgebaut, der Datentransfer überwacht oder auf eine Datenbank zugegriffen werden kann. Solche Dienste werden als Application Service Elements (Abk. ASE, dt. »elementare Anwendungsdienste«) bezeichnet.
 
Das OSI-Schichtenmodell hat wie keine andere Norm zum Verständnis von Kommunikationsdiensten und -protokollen beigetragen. Heute kritisiert man aber zunehmend die Anzahl und strenge Abgrenzung der Schichten, v. a. da sich in Hochgeschwindigkeitsnetzen die Übertragungszeit im Verhältnis zur Bearbeitungszeit in den Protokollinstanzen radikal verkürzt. Beiträge zur Aufwandsverminderung in Protokollen laufen auf eine Aufweichung des Schichtenprinzips und auf weniger Schichten hinaus.

Universal-Lexikon. 2012.