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Nichtregierungsorganisationen
Nicht|regierungsorganisationen,
 
Abkürzung NRO, englisch Non-governmental Organizations [nɔngʌvn'mentl ɔːgənaɪ'zeɪʃnz], Abkürzung NGO [endʒiː'əʊ], ursprünglich Bezeichnung für die privaten Träger der Entwicklungshilfe; heute sind als Nichtregierungsorganisationen international tätige nichtstaatliche Organisationen mit unterschiedlichen Aktivitätsschwerpunkten anerkannt, z. B. Organisationen für Umweltschutz (Greenpeace), Menschenrechte (Amnesty International), medizinische Hilfe (Ärzte ohne Grenzen), Frauen, Kinder (terre des hommes), Frieden. In Deutschland gibt es über 200 Nichtregierungsorganisationen, darunter Kirchen, politische Stiftungen sowie sonstige fachlich, personell und finanziell leistungsfähige private Träger mit langjährigen Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Rd. 100 Nichtregierungsorganisationen haben sich im Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. (VENRO; gegründet 1995, Sitz: Bonn) zusammengeschlossen. Staatliche und private Entwicklungszusammenarbeit ergänzen sich. Neben die Programm- und Projektförderung ist in den letzten Jahren der länder- und sektorbezogene Meinungsaustausch zwischen Bundesregierung und Nichtregierungsorganisationen getreten. 1962-2000 erhielten deutsche Nichtregierungsorganisationen rd. 8 Mrd. Fördermittel; im Jahr 2000 wurden ihnen 459 Mio. (Anteil von mehr als 10 % der Gesamtausgaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ) zur Verfügung gestellt. Die eigenen Leistungen aller deutschen Nichtregierungsorganisationen für Entwicklungsprojekte beliefen sich 1999 auf 0,93 Mrd.. Auch Vorhaben sonstiger privater Träger (z. B. Aktion Friedensdorf, Andheri-Hilfe, Deutsche Welthungerhilfe, Deutscher Caritasverband, Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband, Jugend Dritte Welt, Komitee Ärzte für die Dritte Welt, terre des hommes) wurden vom BMZ gefördert. Darüber hinaus erhielten sie Mittel für Nahrungsmittelhilfe in akuten Notsituationen sowie für Maßnahmen der Ernährungssicherung.
 
Die Stärke der Nichtregierungsorganisationen liegt in ihrer Nähe zu unterprivilegierten Bevölkerungsgruppen. Sie mobilisieren die Eigeninitiative der Bevölkerung, bilden heimische Fachkräfte heran und nutzen v. a. die Ressourcen des betreffenden Entwicklungslandes. Dies führt zu höherer Effizienz des Mitteleinsatzes. Darüber hinaus sind sie in geringerem Maße wirtschaftlichen und politischen Zwängen unterworfen als staatliche Institutionen. - Auch international gewinnen die Nichtregierungsorganisationen an Bedeutung. So wurde z. B. in einer Erklärung des Rates der EU vom 11. 11. 1992 zur Politik der Entwicklungszusammenarbeit bis zum Jahr 2000 die Bedeutung der europäischen Nichtregierungsorganisationen v. a. in den Bereichen Sofort- und Nahrungsmittelhilfe, Frauen und Entwicklung, Bildungsförderung, Umweltschutz und Zusammenarbeit mit den ärmsten Bevölkerungsgruppen gewürdigt. 2000 wurden verschiedene Projekte von Nichtregierungsorganisationen (einschließlich Soforthilfe) mit insgesamt rd. 1 Mrd. aus dem EG-Haushalt gefördert. - Durch professionelle Organisationsformen und internationale Vernetzung sind Nichtregierungsorganisationen als kompetente Experten zu gefragten Gesprächspartnern von Regierungen und internationalen Organisationen geworden. Auch bei internationalen Konferenzen (z. B. Menschenrechtskonferenz 1993, Weltbevölkerungskonferenz 1994, Weltsozialgipfel, Weltfrauenkonferenzen (zuletzt 2000) und Weltklimakonferenzen (zuletzt 2001) erlangten die Nichtregierungsorganisationen - teilweise auch durch die Veranstaltung von »Gegengipfeln«, z. B. Weltsozialforen 2001/02 - Einfluss auf Medien und Politik. Beim Wirtschafts- und Sozialrat der UNO besteht ein ständiges Komitee für die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen.
 
Literatur:
 
F. W. Stoecker: NGOs u. die UNO. Die Einbindung von N. in die Strukturen der Vereinten Nationen (2000);
 S. Riedinger: Die Rolle nichtstaatl. Organisationen bei der Entwicklung u. Durchsetzung internat. Umweltrechts (2001);
 
NGOs als Legitimationsressource. Zivilgesellschaftl. Partizipationsformen im Globalisierungsprozess, hg. v. A. Brunnengräber (2001);
 V. Heins: Weltbürger u. Lokalpatrioten. Eine Einf. in das Thema N. (2002);
 M. Ölz: Die NGOs im Recht des internat. Menschenrechtsschutzes (Wien 2002).

Universal-Lexikon. 2012.