Németh
['neːmet],
1) Gyula, ungarischer Orientalist, * Karcag (Bezirk Jász-Nagykun-Szolnok) 2. 11. 1890, ✝ Budapest 14. 12. 1976; war 1916-65 Professor in Budapest und wurde zum Begründer der modernen Turkologie in Ungarn.
Werke: Zur Einteilung der türkischen Mundarten Bulgariens (1956); Die Türken von Vidin. Sprache, Folklore, Religion (1965).
2) László, ungarischer Schriftsteller, * Baia Mare 18. 4. 1901, ✝ Budapest 3. 3. 1975. In seinen u. a. bildungspolitisch motivierten literarischen und kulturkritischen Essays versuchte er das abendländische Kulturerbe mit den zum Teil verschütteten heimatlichen Traditionen organisch zu verbinden, die Kluft zwischen Intellektualität und Ursprünglichkeit in der ungarischen Geisteskultur zu überbrücken, was ihn auch zur Herausgabe der von ihm allein geschriebenen Zeitschrift »Tanú« (1932-37) bewog. Seine metaphernreichen, anschaulichen Formulierungen lassen einen Hang zum Pädagogischen erkennen (1945-48 unterrichtete er im Gymnasium von Hódmezővásárhely). Seine im bäuerlichen Milieu spielenden, psychologisch präzisen und differenzierten Gesellschaftsromane »Maske der Trauer« (1930; deutsch) und »Wie der Stein fällt« (1947; deutsch, auch unter dem Titel »Abscheu«) veranschaulichen exemplarisch die Realisierung seines Ziels, einen östlichen Stoff mit westlicher Analytik zu durchleuchten. In seinen von existenzialistischer Ethik inspirierten Dramen kämpfen autonome Individuen (zum Teil historische Gestalten wie Papst Gregor VII., J. Hus, G. Galilei, M. Gandhi) gegen die religiös und ideologisch verbrämte Indolenz und Angepasstheit ihrer Umwelt.
Weitere Werke: (ungarisch): Romane: Sünde, 2 Bände (1936; deutsch); Esther Egető (1956; deutsch); Die Kraft des Erbarmens, 2 Bände (1965; deutsch).
Ausgaben: Munkái, 19 Bände (1969-89); Levelek Magdához (1988).
Die Revolution der Qualität (1962, Essays); Dramen (1965).
3) Miklós, ungarischer Politiker, * Monok (bei Miskolc) 24. 1. 1948; Volkswirtschaftler. Seit seiner Berufung (1981) in die wirtschaftspolitische Abteilung des ZK der KP prägte er die ungarische Wirtschaftspolitik mit; er entwickelte mit anderen das Konzept der »sozialistischen Marktwirtschaft«. Als Sekretär des ZK für Wirtschaftspolitik (1987/88) sowie als Mitglied des Politbüros und Ministerpräsident (1988-90 ) war Németh Motor der radikalen Wirtschaftsreform im Übergang Ungarns zur Demokratie.
Universal-Lexikon. 2012.