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Marshallplanhilfe
Marshallplanhilfe
 
Der amerikanische Präsident Harry Spencer Truman hatte mit seiner Rede vor dem Kongress am 12. März 1947 das amerikanische Volk zur Unterstützung aller »freien« Völker gegen die kommunistische Bedrohung aufgerufen. Der Truman-Doktrin folgte wenige Monate später die Initiative des neuen amerikanischen Außenministers George C. Marshall (1880-1959) mit seinem umfangreichen Hilfsprogramm zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Länder Europas.
 
Das von Marshall in seiner Rede an der Harvard-Universität am 5. Juni 1947 entwickelte »European Recovery Program« (ERP) wurde von ihm als Feldzug gegen »Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos« bezeichnet und beruhte auf der Erkenntnis, dass nur die Überwindung der Wirtschaftsmisere die Völker Europas gegen den Kommunismus immunisieren werde. Eine antikommunistische Tendenz war im Marshallplan ursprünglich nicht enthalten; Marshall selbst ergänzte sein Hilfsangebot am 12. Juni 1947 mit der Bemerkung, es sei an »alle Länder westlich von Asien« gerichtet und auch die Sowjetunion sei willkommen.
 
Einzige Vorbedingung für die amerikanische Hilfeleistung war, dass die Völker Europas ihre Anstrengungen zum Wiederaufbau Europas miteinander abstimmen würden und sich aus der Zusammenarbeit eine weitergehende Integration der einzelnen Volkswirtschaften entwickeln würde. Von vornherein waren die drei Westzonen Deutschlands in dieses Konzept eingebunden. Für deren wirtschaftliche Erholung hatten bereits die Militärgouverneure Clay und Robertson mit der Zusammenlegung der amerikanischen und britischen Zone zu einer wirtschaftlichen Einheit (»Bizone«) am 1. Januar 1947 erste Schritte eingeleitet.
 
Nahezu alle osteuropäischen Staaten bekundeten ihr Interesse, von der Marshallplanhilfe zu profitieren, auch die Sowjetunion. Außenminister Molotow erschien zur ersten Planungskonferenz in Paris Ende Juni 1947 mit einem großen Expertenstab. Die sowjetische Delegation reiste jedoch nach wenigen Tagen wieder ab, da die Westmächte auf die von Molotow geforderten Sonderregelungen nicht eingingen. Für die Sowjetunion war die Vorbedingung, dass die europäischen Völker ihre wirtschaftlichen Planungen aufeinander abstimmten, nicht akzeptabel.
 
Dass einige der osteuropäischen Länder ihre Bereitschaft, am Marshallplan teilzunehmen, trotz der sowjetischen Absage aufrechterhielten, machte deutlich, dass die Sowjetisierung Osteuropas noch keineswegs vollendet war. Die Sowjets prangerten den Marshallplan als Mittel des US-Imperialismus an und werteten ihn als Einmischung in die Souveränität anderer Staaten. Die Tschechoslowakei, Polen und Ungarn mussten unter massivem sowjetischen Druck ihre Mitwirkung absagen.
 
Der Marshallplan, an dem schließlich alle nicht im sowjetischen Machtbereich liegenden europäischen Staaten partizipierten, trug zum raschen Wiederaufbau Europas entscheidend bei, denn die Hilfsleistungen bestanden neben Krediten hauptsächlich aus Geschenken von Rohstoffen und Lebensmitteln. Die Absage der Sowjets und der osteuropäischen Staaten aber beschleunigte noch die Spaltung des Kontinents.

Universal-Lexikon. 2012.