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Prag|ma|tịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. Lehre, nach der sich das Wesen des Menschen in seinem Handeln ausdrückt u. nach der das Handeln u. Denken dem prakt. Leben dienen sollen
2. pragmatisches Denken, Handeln
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Prag|ma|tịs|mus, der; -:
a) den Menschen ausschließlich als handelndes Wesen verstehende philosophische Lehre, die das Handeln über die Vernunft stellt u. die Wahrheit u. Gültigkeit von Ideen u. Theorien allein nach ihrem Erfolg bemisst;
b) pragmatische Einstellung, Denk-, Handlungsweise:
nüchterner P.
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Pragmatịsmus
der, -. Im Unterschied zur Pragmatik als Lehre vom sprachlichen Handeln stellt der Pragmatismus eine auf C. S. Peirce zurückgehende methodische Konsequenz aus der peirceschen Semiotik dar. Der Pragmatismus drückt sich zunächst als ein erkenntnistheoretisches Modell für das Verhältnis des Denkens zu Erfahrung und Wirklichkeit in der pragmatischen Maxime aus: »Überlege, welche Wirkungen, die begreiflicherweise praktische Bezüge haben könnten, wir als diejenigen begreifen, die das Objekt unseres Begreifens haben muss. Dann ist unser Begreifen dieser Wirkungen das Ganze unseres Begreifens des Objektes«. Hierin sah Peirce ein Instrument zur Erforschung, Erfassung und Anwendung der Wahrheit durch eine empirisch kontrollierte Methode der Begriffsbildung. Damit verbunden ist eine Art Konsensustheorie der Wahrheit, die, ausgehend von der prinzipiellen Irrtumsfähigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis, den Prozess von Zweifel und Überzeugung zu je neuer Hypothesenbildung unbegrenzt forttreiben muss. Wahrheit wird dadurch zwar zunächst zeitlich relativiert, ist aber zum einen für die jeweilig gegenwärtigen Umstände und zum anderen als schließliches Endresultat des allgemeinen Entwicklungsprozesses von Erkenntnis zu gewinnen. Auf keinen Fall jedoch ist Wahrheit hierbei reduziert mit einer endlichen Menge einzelner praktischer Konsequenzen oder Verifikationsinstanzen identifizierbar. Die Bedeutung eines Begriffs ist demnach auch nicht mit der Summe der praktischen Konsequenzen eines Begriffs gleichzusetzen. Dies verweist auf die ontologische oder metaphysische Voraussetzung einer solchen Erkenntnistheorie: die im Grunde platonische Vorstellung von der Einheit der Realität, die der menschlichen Vernunft zugänglich ist. Diese Idee von der Wirklichkeit als etwas objektiv Allgemeinem und Kontinuierlichem nennt Peirce in seiner semiotisch konzipierten Kosmologie »Synechismus«.
In den USA entwickelte sich einerseits eine empiristische Variante des Pragmatismus, in der Wahrheit auf Nützlichkeit und praktischen Erfolg reduziert scheint (W. James), und andererseits eine behavioristisch-instrumentalistische Theorie, die unter dem Verzicht auf absolute Wahrheit eine demokratisch erziehende Lebensordnung entwickelt (J. Dewey) und erheblichen Einfluss auf die Pädagogik gewann. In Europa von F. C. S. Schiller, G. Papini und auch H. Bergson, G. Simmel und H. Vaihinger vertreten, wurde der Pragmatismus vornehmlich zu einer philosophischen Richtung, die nur auf erfahrbare Lebens- und auch Forschungspraxis bezogene Begriffe und Sätze für wissenschaftlich sinnvoll hält. Von einem Biologismus beeinflusst sind mit ihrem Verständnis menschlichen Denkens als Mittel im Dienst der Lebensbewältigung der Pragmatismus von James und von Vaihinger. Von den verschiedenen Entwicklungen des Pragmatismus sich distanzierend, benannte Peirce seinen Pragmatismus zeitweise in Pragmatizismus um.
P. P. Wiener: Evolution and the founders of pragmatism (Cambridge, Mass., 1949, Nachdr. New York 1965);
A. J. Ayer: The origins of pragmatism (London 1968, Nachdr. ebd. 1990);
C. S. Peirce: Lectures on pragmatism/Vorlesungen über P. (1973, engl. u. dt.);
C. S. Peirce: Über die Klarheit unserer Gedanken (31985, dt. u. engl.);
C. S. Peirce: Schriften zum P. u. Pragmatizismus, hg. v. K.-O. Apel (a. d. Amerikan., Neuausg. 21991);
F. Kuhn: Ein anderes Bild des P. Wahrscheinlichkeitstheorie u. Begründung der Induktion als maßgebl. Einflußgrößen in den »Illustrations of the logic of science« von Charles Sanders Peirce (1996).
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Prag|ma|tịs|mus, der; -: a) den Menschen ausschließlich als handelndes Wesen verstehende philosophische Lehre, die das Handeln über die Vernunft stellt u. die Wahrheit u. Gültigkeit von Ideen u. Theorien allein nach ihrem Erfolg bemisst; b) pragmatische Einstellung, Denk-, Handlungsweise: nüchterner P.; Auch die Premierminister von Polen und Ungarn vertreten einen platten P. (Woche 18. 4. 97, 18).
Universal-Lexikon. 2012.