Hịlbert,
1) David, Mathematiker, * Königsberg (heute Kaliningrad) 23. 1. 1862, ✝ Göttingen 14. 2. 1943; ab 1892 Professor in Königsberg, 1895-1930 in Göttingen. Hilbert gilt als einer der bedeutendsten Mathematiker überhaupt und hatte großen Einfluss als akademischer Lehrer: Viele führende Mathematiker des 20. Jahrhunderts (wie H. Weyl, J. von Neumann, P. Bernays, R. Courant) waren seine Schüler oder Mitarbeiter. Hilberts mathematisches Schaffen lässt sich in mehrere Perioden einteilen, wobei es seine Eigenart war, niemals zu einem bereits bearbeiteten Gebiet zurückzukehren. In einem ersten Abschnitt (bis etwa 1893) arbeitete Hilbert im Bereich der Invariantentheorie, die er in größere algebraische Zusammenhänge zu stellen verstand. In die Zeit 1894-99 fallen Beiträge zur algebraischen Zahlentheorie, die ihren Höhepunkt im »Zahlbericht« (1897) fanden. In den nachfolgenden Jahren (bis 1903) beschäftigte sich Hilbert mit den Grundlagen der Geometrie. Sein gleichnamiges Werk (1899) beendete er, indem er erstmals ein vollständiges Axiomensystem für die euklidische Geometrie vorstellte. Hilbert gab in dieser Abhandlung auch Unabhängigkeits- und Widerspruchsfreiheitsbeweise (z. B.: »Wenn die Theorie der reellen Zahlen widerspruchsfrei ist, dann ist auch die Geometrie widerspruchsfrei«). Die gleichfalls von Hilbert vorgetragene Auffassung, Axiome seien implizite Definitionen, markiert einen Wendepunkt in der mathematischen Grundlagenforschung. 1900 stellte Hilbert seine 23 mathematischen Probleme auf dem Internationalen Mathematikerkongress zu Paris vor, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Forschung im 20. Jahrhundert hatten. Zwischen 1904 und 1909 arbeitete Hilbert hauptsächlich auf dem Gebiet der Analysis. Bekannt geworden ist v. a. seine Lösung des dirichletschen Problems. Hilberts Untersuchungen über Integralgleichungen führten zum Begriff des Hilbert-Raums und spielten in der Entwicklung der Funktionalanalysis eine wichtige Rolle. 1909 gelang es Hilbert, das Waring-Problem zu lösen. Es folgte eine Periode, in der er sich der mathematischen Physik zuwandte, wobei er gemäß seinem allgemeinen wissenschaftstheoretischen Konzept (»Axiomatisches Denken«, 1918) versuchte, Axiomatisierungen zu entwickeln. In seiner letzten Schaffensperiode (nach 1918) entwickelte Hilbert das nach ihm benannte Hilbertprogramm (Formalismus), mit dessen Hilfe er die klassische Mathematik - unter ausdrücklicher Einbeziehung der Mengenlehre - gegen die Kritik des Intuitionismus verteidigen wollte. Seine Ansichten legte er in den zusammen mit P. Bernays verfassten »Grundlagen der Mathematik« (1934-39, 2 Bände) dar. Dieses Programm erlitt durch den gödelschen Unvollständigkeitssatz (1930) einen Rückschlag, hat sich aber dennoch für die mathematische Grundlagenforschung als nutzbringend erwiesen.
Weitere Werke: Grundzüge einer allgemeinen Theorie der linearen Integralgleichungen (1912); Anschauliche Geometrie (1932, mit S. Cohn-Vossen); Methoden der mathematischen Physik, 2 Bände (1924-37, mit R. Courant).
Ausgaben: Gesammelte Abhandlungen, 3 Bände (1932-35); Hilbertiana. Fünf Aufsätze (1964); Die Hilbertschen Probleme. Vortrag Mathematischer Probleme von D. Hilbert auf dem 2. Internationalen Mathematikerkongreß Paris 1900, herausgegeben von H. Wussing (Leipzig 1971).
C. Reid: H. With an appreciation of H.'s mathematical work (Berlin 1970).
2) Jaroslav, tschechischer Schriftsteller, * Louny (Nordböhmisches Gebiet) 19. 1. 1871, ✝ Prag 10. 5. 1936; schrieb neben Gedichten und Erzählungen v. a. von H. Ibsen beeinflusste bühnenwirksame Dramen (»Vina«, 1896; deutsch »Die Schuld«), in denen er sittliche Ideen gegenüber Materialismus und Relativismus betonte; daneben auch Lustspiele.
Universal-Lexikon. 2012.