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Kaffeestrauch
Kaf|fee|strauch, der:
Kaffeepflanze.

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Kaffeestrauch,
 
Kaffeebaum, Kaffeepflanze, Kaffee, Cọffea, etwa 60 Arten umfassende Gattung der Rötegewächse mit paläotropischer Verbreitung (Schwerpunkt Afrika); Sträucher oder 4-8 m hohe Bäume mit meist immergrünen und kreuzgegenständigen, ledrigen Blättern. Die kleinen, weißen Blüten sind oft wohlriechend und sitzen gehäuft in büscheligen Trugdolden in den Achseln der Laubblätter. Die Früchte sind rote, kirschenähnliche Steinfrüchte (Kaffeekirschen) mit meist zwei Steinkernen, die mit ihren abgeflachten Seiten zueinander liegen. Unter der äußeren Hornschale (Endokarp) befindet sich der ebenfalls auf einer Seite abgeflachte und auf dieser Seite mit einer Furche versehene Samen (Kaffeebohne), der von der Silberhaut (Samenschale) umgeben ist. Bei einigen Kaffeekirschen entwickelt sich nur eine Samenanlage; die Steinkerne und die Samen sind dann rundlich (Perlkaffee). Die zwei wirtschaftlich bedeutenden Arten sind in Afrika beheimatet: Etwa 74 % der Weltproduktion liefert der Arabische Kaffee (Arabica-Kaffee, Bergkaffee, Coffea arabica), ursprünglich wohl aus Äthiopien, heute v. a. in Brasilien und Kolumbien kultiviert; rd. 25 % stammen vom Robusta-Kaffee (Kongo-Kaffee, Coffea canephora) mit Anbauschwerpunkt in den afrikanischen Gebieten, aber auch in Indonesien und Indien. Nur von geringer Bedeutung ist der v. a. in West- und Ostafrika, auf Ceylon und Java angebaute Liberia-Kaffee (Coffea liberica), zusammen mit anderen Arten 1 % der Weltproduktion.
 
 Anbau und Gewinnung des Kaffees
 
Kaffeesträucher gedeihen in den Tropen bis 28 º nördliche und südliche Breite. Der Arabische Kaffee bevorzugt Höhenlagen von 600 bis 1 000 m, der Robusta-Kaffee zwischen 300-600 m und der Liberia-Kaffee die Niederungen. Allgemein gilt, dass die Qualität besser ist, je höher die Plantage liegt. Je nach Standortbedingungen sind zusätzlich Wind- und Sonnenschutzpflanzungen nötig. Kaffeesträucher blühen vom dritten Jahr an. In 8-12 Monaten reifen die Kaffeekirschen heran. Die vollreifen Beeren (nur diese liefern Qualitätskaffee) werden von Hand oder maschinell geerntet; die Erntemenge beträgt ab dem vierten Jahr rd. 500 kg/ha. Für die Aufbereitung sind zwei Verfahren üblich: Bei der (billigeren) trockenen Aufbereitung werden die Früchte getrocknet und abschließend das getrocknete Fruchtfleisch, die Hornschale und das Silberhäutchen in einem Arbeitsgang maschinell entfernt. Beim nassen Verfahren (ergibt eine bessere Qualität) wird das meiste Fruchtfleisch im Entpulper entfernt; die Bohnen werden danach fermentiert, um so beim späteren Waschen das restliche Fruchtfleisch leichter entfernen zu können. Danach werden die Bohnen getrocknet. Den so erhaltenen Kaffee nennt man Horn- oder Pergamentkaffee. In Schälmaschinen wird er dann von der Hornschale und der Silberhaut befreit. Bei beiden Verfahren erhält man schließlich den hellen, grünlichen Rohkaffee. Dieser enthält 8,0-17,5 % Fett, 0,25-0,75 % Wachs, 6-7 % Saccharose, bis zu 30 % Polysaccharide, 8,7-12,2 % Eiweiß, 4,5-11,1 % Chlorogensäure, 0,9-2,6 % Koffein, 0,3-1,2 % Trigonellin, 3,0-5,4 % Aschebestandteile (mit etwa 40 % Kalium, 0,02 % Natrium) sowie 7-12 % Wasser. Zum Verbrauch wird er bei 200 bis 220 º C geröstet, wodurch die Kaffeebohnen ihre braune Farbe (v. a. verursacht durch die durch Maillard-Reaktion entstehenden Melanoide), gute Mahlfähigkeit und das (v. a. durch die Röstproduktion gebildete) Aroma erhalten. Nach dem Rösten erfolgt das Verlesen der Kaffeebohnen, wobei besonders die Fehlbohnen (z. B. unreife, vertrocknete oder durch Frost geschädigte Bohnen) aussortiert werden (eine einzige Fehlbohne kann schon den Kaffeegenuss verderben). Danach werden die Kaffeebohnen gemahlen. Rohkaffee ist praktisch unbegrenzt haltbar, wohingegen gerösteter (besonders gemahlener) Kaffee (sofern er nicht vakuumverpackt ist) schnell sein Aroma verliert und ranzig wird. Zur Herstellung von entkoffeiniertem Kaffee wird der mit Wasserdampf vorbehandelte Rohkaffee einem Extrahierverfahren unterworfen (Lösungsmittel z. B. Dichlormethan, Dichloräthan) und anschließend (nach Entfernen der Lösungsmittelreste mit Wasserdampf) in Warmluft oder im Vakuum getrocknet. Nach einem anderen Verfahren wird der Rohkaffee mit Wasser extrahiert und die dabei gewonnene Lösung durch Flüssig-flüssig-Extraktion (mit Dichlormethan) von Koffein befreit; die entkoffeinierte Lösung wird anschließend getrocknet und dem Rohkaffee wieder zugesetzt. Bei der Herstellung von Schonkaffee wird der Rohkaffee meist mehrere Stunden mit Wasserdampf behandelt, wodurch u. a. Polysaccharide, Eiweißstoffe und Chlorogensäure verändert werden; daneben werden auch die v. a. in den äußeren Schichten des Rohkaffees befindlichen Wachssubstanzen teilweise entfernt. (Kaffeeextrakt)
 
 Kaffee als Getränk
 
Kaffee ist neben Alkohol und Tabak das verbreitetste Genussmittel unseres Kulturkreises. 1995 wurden in Deutschland pro Kopf rd. 165 l im Jahr getrunken. Die Wirkung des Kaffees tritt etwa 20-30 Minuten nach dem Genuss ein. Sie ist in erster Linie eine Wirkung des Koffeins (Gehalt in geröstetem Arabica-Kaffee rd. 1,2 %, bei Robusta-Kaffee 1,6-2,6 %), das an Chlorogensäure gebunden (als Kalium-Koffein-Chlorogenat) in der Kaffeebohne vorliegt. Diese Verbindung wird durch heißes Wasser gespalten, sodass das Koffein sehr schnell zur Resorption zur Verfügung steht. Kaffee wirkt u. a. harntreibend, stimuliert die Magensäuresekretion, beseitigt Müdigkeit und erhöht das Leistungsvermögen. Zu hoher Kaffeekonsum (die Menge ist individuell unterschiedlich) führt u. a. zu Herzklopfen, Unruhe und Schlaflosigkeit. Die Röstprodukte (ein sehr komplexes Substanzgemisch, in dem gaschromatographisch über 700 Stoffe nachgewiesen werden konnten) können eine Reizwirkung auf den Magen ausüben und werden bei Erkrankungen der Gallenwege häufig schlecht vertragen. Entkoffeinierter Kaffee darf nicht mehr als 0,1 % Koffein enthalten, die Schonkaffees sollen einen geringeren Gehalt an magenreizenden Röststoffen aufweisen.
 
 Krankheiten und Schädlinge
 
Kaffeesträucher und Ernteprodukt werden von zahlreichen Schadorganismen bedroht, was entsprechende Schutzmaßnahmen während Anbau, Lagerung und Transport erforderlich macht. Wichtigste Mykose ist Kaffeerost (Rostpilze), der alle Sorten befällt und sich von Ceylon aus ab 1865 über alle Anbaugebiete ausbreitete; Brasilien wurde 1970, Zentralamerika 1976 erreicht. Der Rostpilz infiziert junge Blätter, auf denen typische hellgelbe Flecke erscheinen; unter geschädigten Sträuchern findet sich ein Teppich abgeworfener Blätter. Weitere Pilzkrankheiten sind Augenfleckenkrankheit, Silberdrahtkrankheit und Anthraknose. Infolge Saugtätigkeit von Nematoden an den Wurzeln kümmern die Sträucher. Die Larven des Kaffeekirschenkäfers zerfressen die Bohnen und verursachen schwere Ernteverluste v. a. im tropischen Afrika, inzwischen auch in anderen Anbauländern. V. a. im Kongogebiet schädigen die Raupen des Kaffeezünslers durch Blattkahlfraß, in höher gelegenen Pflanzungen besonders die Raupen der Fleckenminiermotte. Stammbohrer zerstören das Kernholz; Spinnmilben schwächen die Pflanzen mit ihrer Saugtätigkeit. Wichtigster Lagerschädling ist der Samenkäfer, der die getrockneten Bohnen ausfrisst.
 
 Wirtschaft
 
Für viele der Erzeugerländer ist Kaffee eine sehr wichtige Einnahmequelle. Wichtigste Abnehmerländer für Kaffee sind die USA, Deutschland, Frankreich, Japan und Italien. In den letzten Jahren vollzog sich bei den Verbrauchern eine Trendwende in der Nachfrage zu den hochwertigen Arabica-Sorten anstelle des preiswerteren Robusta-Kaffees. Dieser Wandel hat zu Schwierigkeiten im Internationalen Kaffee-Abkommen geführt, das durch Quotenregelungen die Rohstoffpreise stützte. Auch durch den Austritt der USA (1993) als des weltgrößten Kaffeekonsumenten hat das Kaffee-Abkommen an Bedeutung eingebüßt. Es sieht lediglich ein Diskussionsforum der Export- und Importländer, aber keine Maßnahmen zur Stabilisierung der Weltmarktpreise vor.
 
 Kulturgeschichte
 
Die Früchte des Kaffeestrauchs wurden, ihrer anregenden Wirkung wegen, zuerst in Südäthiopien (Kaffa) verwendet, vielleicht bereits im 9. Jahrhundert Fausto Naironi (Ende 17. Jahrhundert) zufolge lernten erstmals 1440 Mönche eines Klosters in Kaffa von einem Hirten die anregende Wirkung kennen und stellten durch Abkochen der Früchte einen Trank her, der sie bei den nächtlichen Gebeten wach hielt. Von Äthiopien aus gelangte der Kaffeestrauch vermutlich im 15. Jahrhundert in den Jemen, von dort aus Anfang des 16. Jahrhunderts u. a. auch nach Mekka, wo 1512 Unruhen ausbrachen, als der dortige Statthalter den Kaffeegenuss aus religiösen Gründen verbot. Von Mekka aus verbreitete sich die Sitte des Kaffeetrinkens in der ganzen islamischen Welt. Der erste Bericht eines Europäers stammt von dem Augsburger Arzt L. Rauwolf, der um 1570 den Vorderen Orient bereiste und das Getränk 1582 in seinem Buch unter dem Namen Chaube, die Bohnen aber als Bunc erwähnt. Die erste botanische Beschreibung der Pflanze lieferte P. Alpino in Padua, der sie Bon, die Samen Buna und das Getränk Caova nennt. 1626 brachte Pietro della Valle den Kaffee nach Rom und Venedig, um die Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte er in die großen europäischen Seehandelsstädte. 1671 kamen (durch die niederländische Ostindische Kompanie) die ersten Kaffeesträucher nach Java, bald darauf nach Ceylon und Surinam. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts und v. a. seit dem 19. Jahrhundert breitete er sich über weite Gebiete Lateinamerikas aus (Brasilien, Kolumbien, Zentralamerika).
 
Literatur:
 
H. Becker u. a.: Kaffee aus Arabien (1979);
 
Kaffee, Tee, Kakao, hg. vom Auswertungs- u. Informationsdienst für Ernährung (1984);
 W. Franke: Nutzpflanzenkunde (51992);
 H. Baum u. D. Offenhäußer: Kaffee. Armut - Macht - Märkte. Ein Produkt u. seine Folgen (1994).

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Kạf|fee|strauch, der: Kaffeepflanze.

Universal-Lexikon. 2012.