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Altlasten
Ạlt|las|ten: stillgelegte, ungenügend gesicherte oder illegal betriebene Deponien sowie alte Industriestandorte, von denen Gefahren für Menschen u./od. die Umwelt, insbes. das Grundwasser, ausgehen.

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Altlasten,
 
Umwelttechnik: Sammelbezeichnung für Altablagerungen und Altstandorte, von denen eine konkrete Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt ausgeht. Altablagerungen sind stillgelegte Deponien, Grubenverfüllungen, Aufschüttungen und sonstige Auffüllungen. Unter Altstandorten versteht man stillgelegte Anlagen oder Fabriken, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde. Zusammenfassend werden Altablagerungen und Altstandorte auch als altlastverdächtige Flächen (Verdachtsflächen, Altlastenverdachtsflächen) bezeichnet, wenn konkrete Hinweise auf potenzielle Bodenverunreinigungen vorliegen. Sonderfälle der Altlasten sind Rüstungsaltlasten aus der Kriegs- und Rüstungsproduktion sowie militärische Altlasten auf aufgegebenen militärischen Liegenschaften.
 
Nach einer Erhebung des Umweltbundesamtes wurden bis Ende 1994 in den alten Bundesländern rd. 73 600 und in den neuen Bundesländern bis Ende 1993 rd. 69 700 Altlastenverdachtsflächen erfasst, deren Gesamtzahl auf etwa 250 000 geschätzt wurde. Hinzu kamen noch über 5 000 Verdachtsflächen auf Rüstungsaltlasten und militärischen Liegenschaften. Schätzungen, wie viele dieser Verdachtsflächen tatsächlich sanierungsbedürftig sind, gehen von bis zu 10 % der Altablagerungen und 48 % der Altstandorte aus. - Mangels einer bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelung haben einige Bundesländer, angelehnt an US-amerikanischen Vorbilder, Sanierungsfonds aus Abgaben auf Sonderabfälle gebildet, um die Sanierung von Altlasten zu finanzieren. In anderen Bundesländern existieren Kooperationsmodelle, Abgaben- und Lizenzgebührenlösungen.
 
Die Erfassung altlastverdächtiger Flächen erfolgt systematisch mittels historischen Recherchen und multitemporaler Luftbildinterpretation in Altlastenkatastern. Nach einer Erstbewertung und chemisch-analytischen Untersuchungen wurden Sanierungsprioritäten gebildet, wobei in den einzelnen Bundesländern verschiedene Bewertungsmodelle entwickelt wurden, die die Verdachtsflächen nach komplexen Punktesystemen in meist drei Prioritätenstufen einteilen; als Vorbild gelten im Allgemeinen US-amerikanische Modelle. Die Verabschiedung eines umfassenden Bodenschutzgesetzes (einschließlich einheitliche Grenzwertlisten zur Einschätzung des Sanierungsbedarfs) ist geplant.
 
Bezüglich der Sanierung ökologischer Altlasten (Altlastensanierung) in den neuen Bundesländern wurden zwischen Bund und Ländern eine Reihe von Regelungen getroffen. Das Ende 1992 geschlossene Finanzierungsabkommen mit einer Laufzeit von 10 Jahren sieht vor, dass die Kosten der Altlastensanierung bei (privatisierten) Treuhandunternehmen zu 60 % vom Bund und zu 40 % von den Ländern getragen werden. Bei einer Reihe von Großprojekten, zu denen u. a. die Berliner Industrieregion, die Werften in Mecklenburg-Vorpommern, die Areale der Buna AG und der Leuna-Werke AG sowie der Chemie AG Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und der Kalibergbau in Thüringen gehören, übernimmt der Bund 75 % der Kosten (Wismut AG).
 
Recht:
 
Das Problem der Altlasten ist bundesrechtlich nur ansatzweise geregelt. Es existiert kein Altlastengesetz. Einzelne Vorschriften sind im Abfallrecht (z.B. §§ 10, 10a Abfallgesetz vom 27. 8. 1986, §§ 10 ff. Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27. 9. 1994, gültig ab 7. 10. 1996), im Wasserrecht (z. B. §§ 22, 26 Absatz 2, 34 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz) und im Bundesimmissionsschutzgesetz (z. B. § 5) enthalten. Diese Bestimmungen greifen jedoch in vielen Altlastenfällen nicht, weil u. a. häufig die schädlichen Umwelteinwirkungen (so genannte Altfälle) bereits vor In-Kraft-Treten dieser Gesetze aufgetreten sind oder die Verursacher nicht mehr zu ermitteln sind. Soweit spezialgesetzliche Regelungen nicht anwendbar sind, wird zur Feststellung des Verursachers und zur Einleitung von Maßnahmen auch auf die Eingriffsermächtigung des Polizei- und Ordnungsrechts zurückgegriffen. Das am 1. 1. 1991 in Kraft getretene Umwelthaftungsgesetz erfasst Umweltschäden durch Altlasten nicht. In den neuen Bundesländern gilt gemäß Einigungsvertrag Art. 1 § 4 Absatz 3 Umweltrahmengesetz der DDR vom 29. 6. 1990 mit folgendem Inhalt fort: Erwerber von Anlagen, die gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, sind für durch den Betrieb der Anlage vor dem 1. 7. 1990 verursachte Schäden nicht verantwortlich, soweit die zuständige Behörde sie von der Verantwortung freistellt. Der Antrag musste bis 31. 12. 1991 gestellt sein. Eine Freistellung konnte erfolgen, wenn dies unter Abwägung der Interessen des Erwerbers, der Allgemeinheit und des Umweltschutzes geboten war. Bei Freistellung hat der Staat für die Beseitigung der Altlasten aufzukommen. Die Haftung aufgrund privatrechtlicher Ansprüche bleibt unberührt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Abfallentsorgung und Recycling
 
Abfall und Altlasten
 

Universal-Lexikon. 2012.