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Gebärdensprache
Fingeralphabet; Körpersprache; Zeichensprache; Gestensprache

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Ge|bär|den|spra|che 〈f. 19Sprache, Verständigung durch Gebärden, Zeichensprache

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Ge|bär|den|spra|che, die:
aus Gebärden bestehende Sprache; Verständigung mittels Gebärden:
auch Hörende können die G. erlernen.

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I
Gebärdensprache,
 
Verständigungsmittel durch bestimmte Ausdrucksbewegungen (v. a. des Mundes und der Hände) als Ersatz für die gesprochene Sprache, besonders bei Taubstummen (Taubstummensprache). Die Gebärdensprache bedient sich sowohl instinktiv natürlicher als auch einsichtig symbolisierender, das heißt künstlicher Ausdrucksbewegungen; sie weicht in ihrer Syntax oft erheblich von der Lautsprache ab.
II
Gebärdensprache,
 
zusätzliches Verständigungsmittel mit in einer Gemeinschaft allgemein verständlichen, konventionalisierten Gesten (z. B. Nicken als Zustimmung) und Ausdrucksgebärden. Von Schauspielern und Pantomimen zur Kunst entwickelt, spielt die Gebärdensprache auch in der Dichtung nicht selten eine Rolle (u. a. bei H. von Kleist). Gebärdensprachen kennen auch andere Kulturen, z. B. die indische (Mudra).
 
Von den Gehörlosen werden und wurden national spezielle Gebärdensprachen aus vereinbarten künstlichen Gebärden (Zeichen) als Kommunikationssysteme entwickelt, mittels derer sich Gehörlose (oder auch Menschen, deren Sprechorgane geschädigt sind) untereinander oder mit anderen die Gebärdensprache Verstehenden verständigen können. Jede Gebärdensprache ist ein visuelles Zeichensystem, das sich der Körperhaltung, der Mimik und besonders der Gebärden (Handzeichen) bedient. Die Gebärden sind aus bestimmten Handformen, Ausführungsstellen und Bewegungen regelhaft zusammengesetzte Zeichen. Sie lassen sich auf eine relativ kleine Menge von Grundelementen zurückführen. Die »gebärdete Sprache« folgt eigenen grammatikalischen Gesetzen, sie setzt grundsätzlich nicht Wörter, Grammatik und Struktur einer gesprochenen Sprache in Zeichen um, vielmehr macht sie mit komplexen eigenen (visuellen) Mitteln Aussagen. Die jetzt gebräuchlichen Systeme von Zeichen und ihre Bedeutung entstanden aus einem langen Entwicklungsprozess, der zum Teil noch andauert, da immer wieder einzelne Verbesserungen und notwendige Ergänzungen eingebracht werden. In der deutschen Gebärdensprache (Abkürzung DGS) wird in erster Linie auf rd. 30 Handformen sowie ein Dutzend markanter Ausführungsstellen zurückgegriffen, daneben auf verschiedene Bewegungsrichtungen (Richtungsgebärden), Bewegungsformen (Gerade, Wölbung, Kreis) und Bewegungsqualitäten (Tempo, Intensität, Umfang, Wiederholung). Aus dieser überschaubaren Menge von Grundelementen (primes) lassen sich regelhaft fast alle Gebärdenzeichen der DGS bilden. Die verschiedenen Teilelemente (Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegung) sind meist gleichzeitig zur Bildung eines Gebärdenzeichens erforderlich. Oft kommt noch eine bedeutungshaltige Mimik und Körperhaltung hinzu. Simultaneität ist für Gebärdensprache typisch und für ihre Anwendung von erheblicher Bedeutung.
 
Die Koordination für die DGS liegt beim Forschungsinstitut der Gesellschaft für Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser e. V. an der Universität Hamburg.
 
In die Gebärdensprache ist auch das Fingeralphabet zur Umsetzung von Lautsprache integriert, das v. a. der Übermittlung von Fachwörtern der Lautsprachen (für die aber ebenfalls eigene Gebärdezeichen geschaffen werden können) dient. Die Fingersprache wurde zur Unterrichtung in der Lautsprache um 1550 von dem Spanier Pedro Ponce de León (* 1520, ✝ 1584) in den Taubstummenunterricht eingeführt. Für jeden Buchstaben wurde eine Hand- beziehungsweise Fingerstellung festgelegt (Einhandsystem).
 
Von der komplexen Gebärdensprache sind die begleitenden Gebärden zu unterscheiden, die bei der Lautsprachmethode (Oralmethode) als Hilfen eingesetzt werden (Gehörlose).
 
Literatur:
 
G. Rammel: Die G. (1974);
 G. Rammel: Unters. zur Zeichensystematik der Gebärden u. der G. (1981);
 S. Prillwitz u. a.: Zeig mir deine Sprache. Zur Früherziehung gehörloser Kinder unter Einbeziehung der Gebärde (1984);
 P. Boyes-Braem: Eine Einf. in die G.-Forschung, auf 6 Tle. ber., in: Das Zeichen. Ztschr. zum Thema G. u. Kommunikation Gehörloser, H. 2 ff. (1987 ff.);
 G. Maisch u. F.-H. Wisch: Gebärden-Lex., auf 7 Bde. ber. (1-21988 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
nonverbale Kommunikation durch sichtbare Signale
 

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Ge|bär|den|spra|che, die: Verständigung mittels Gebärden; Zeichensprache.

Universal-Lexikon. 2012.