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Transurane
Trans|urane,
 
Bezeichnung für die Elemente mit einer Ordnungszahl Z > 92, die im Periodensystem der chemischen Elemente dem Uran (Z = 92) folgen. Sie sind radioaktiv mit verschiedenen Zerfallsarten und besitzen Halbwertszeiten von Bruchteilen einer Sekunde bis zu über 80 Mio. Jahren (beim Plutoniumisotop Pu 244). Abgesehen von geringsten Mengen einiger Nuklide der Elemente Neptunium, Plutonium, Americium und Curium kommen Transurane nicht in natürlicher Form vor. Seit 1940 sind durch Verwendung von Teilchenbeschleunigern und Kernreaktoren zahlreiche Isotope der Transurane bis zum Element 112 künstlich hergestellt worden (von den Transuranen mit Z > 100 meist nur wenige Atome). Die Transurane mit 93 ≦ Z ≦ 103 bilden zusammen mit Actinium, Thorium, Protactinium und Uran die Reihe der Actinoide, bei deren Atomen die 5f-Unterschale der O-Schale mit Elektronen aufgefüllt wird, analog zur Füllung der inneren 4f-Schale bei den Atomen der Lanthanoide. Die Transurane mit Z > 103 werden als Transactinoide bezeichnet, diejenigen mit Z > 105 außerdem auch als superschwere Elemente.
 
Die Erzeugung von Transuranen erfolgt u. a. durch Beschuss der Kerne des Urans oder der nächsten Transurane mit energiereichen Ionen leichter oder mittelschwerer Elemente aus Teilchenbeschleunigern (Schwerionenforschung). Die Herstellung wägbarer Mengen über Neutroneneinfangreaktionen in Kernreaktoren mit hohem Neutronenfluss ist nur bis zum Fermium (Z = 100) möglich. Bestimmung und Nachweis der Transurane als sehr kurzlebiger Reaktionsprodukte erfolgen mit radiochemischen und physikalischen Methoden. Verwendung finden Transurane in wachsendem Maß in Forschung und Technik; v. a. dient das Plutoniumisotop Pu 239 als Kernbrennstoff und das Isotop Pu 238 als Energiequelle von Nuklidbatterien in Satelliten und Herzschrittmachern, das Californiumisotop Cf 252 als Neutronenquelle in der Neutronenaktivierungsanalyse und bei der Krebstherapie.
 
Geschichte:
 
1934/35 glaubten E. Fermi und seine Mitarbeiter, dass die bei Neutronenbestrahlung von Uran auftretenden radioaktiven Nuklide Isotope von Transuranen seien; jedoch wiesen O. Hahn und F. Strassmann 1938 nach, dass es sich dabei um die mittelschweren Spaltprodukte der auf diese Weise von ihnen entdeckten induzierten Kernspaltung des Urans handelte. Als erste Transurane wurden 1940 von E. M. McMillan und P. H. Abelson das Neptunium und von G. T. Seaborg, J. W. Kennedy und A. C. Wahl das Plutonium gefunden. Seaborg, A. Ghiorso und ihre Mitarbeiter erhielten 1944 die Isotope 24195Am und 24296Cm des Americiums beziehungsweise Curiums durch Beschuss von Uran 238 beziehungsweise Plutonium 239 mit Alphateilchen, 1949 das Isotop 24397Bk des Berkeliums und 1950 das Isotop 24598Cf des Californiums durch Beschuss von Americium 241 beziehungsweise Curium 242 mit Alphateilchen. 1952 wurden Isotope der Transurane Einsteinium und Fermium als Reaktionsprodukte des Urans gefunden, das der hochintensiven Neutronenstrahlung einer Wasserstoffbombenexplosion ausgesetzt war und 1954 von Seaborg u. a. aus Ablagerungen isoliert wurde. 1955 erzeugten Ghiorso, Seaborg und Mitarbeiter das Mendeleviumisotop 256101Md beim Beschuss von Einsteinium 253 mit Alphateilchen.
 
Die folgenden Jahre waren durch einen heftigen Wettbewerb zwischen der amerikanischen Arbeitsgruppe in Berkeley (Calif.) und der russischen in Dubna um die Synthese der Elemente 102 bis 105 gekennzeichnet, für die von beiden Gruppen jeweils eigene Namen vorgeschlagen wurden. Isotope der Elemente 107 und 109 wurden erstmals 1981/82, des Elements 108 erstmals 1984 von der Arbeitsgruppe um P. Armbruster (* 1931), G. Münzenberg (* 1940), S. Hofmann (* 1944) u. a. bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt mit dem Schwerionenbeschleuniger UNILAC erzeugt. In allen Fällen geschah der Nachweis über den mit Halbwertszeiten von einigen ms erfolgenden Alphazerfall der entstehenden Atomkerne. Die erstmalige Erzeugung der Elemente 110, 111 (1994) und 112 (1996), für die es noch keine Namensvorschläge gibt, wurde ebenfalls in Darmstadt vorgenommen. Das Element 114 wurde 1999 hergestellt. - Nach Überprüfung von zum Teil jahrzehntealten Laborprotokollen durch die »Transfermium Working Group« der IUPAC hat deren Nomenklaturkommission 1997 für die chemischen Elemente 101 bis 109 folgende Namen festgelegt: für Element 101 Mendelevium (chemisches Symbol Md), Element 102 Nobelium (No), Element 103 Lawrencium (Lr), Element 104 Rutherfordium (Rf), Element 105 Dubnium (Db), Element 106 Seaborgium (Sg), Element 107 Bohrium (Bh), Element 108 Hassium (Hs) und Element 109 Meitnerium (Mt).

Universal-Lexikon. 2012.