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Termiten
Termiten
 
[spätlateinisch termes, termitis »Holzwurm«], Isọptera, volkstümliche Bezeichnung weiße Ameisen, Insektenordnung mit rd. 2 000 Arten, die v. a. die Tropen und Subtropen bewohnen, lichtscheu sind, die Wärme lieben und als soziale Tiere in einem Staat mit Kastengliederung leben; in Südeuropa mit nur zwei Arten vertreten, in Mitteleuropa keine einheimische Art. Termiten sind 2-20 mm lang, dünnhäutig, nur schwach sklerotisiert, meist weiß oder glasig, haben kauende Mundteile und perlschnurartige Fühler; nur die dunkelbraunen Geschlechtstiere haben Flügel (zwei untereinander fast gleichartige Paare), die aber nach dem Hochzeitsflug an einer vorgeprägten Bruchstelle abgestoßen werden. Die zehn Hinterleibssegmente sind so stark dehnbar, dass die Weibchen infolge der mächtig vergrößerten Eierstöcke (Ovarien) bis 11 cm lang werden. Ein Weibchen kann täglich mehrere Tausend Eier legen; zu einem Volk können mehrere Millionen Individuen gehören. Die Entwicklung ist paurometabol (Metamorphose). - Die Kastenbildung (Polymorphismus) ist meist stark ausgeprägt und wird durch »Sozialhormone« gesteuert. Wichtigste Gestaltformen (Kasten) sind primäre Geschlechtstiere (Männchen oder König, Weibchen oder Königin) sowie nicht fortpflanzungsfähige Arbeiter(innen) und Soldaten, jeweils beiderlei Geschlechts. Bei Verlust der Geschlechtstiere werden durch entsprechende Fütterung von jungen Larven der Arbeiterkaste Ersatzgeschlechtstiere herangezogen, die kurzflügelig oder flügellos bleiben; eine Ersatzkönigin wird nie so groß wie die Volksgründerin. Die Masse des Volkes wird von den Arbeitern gebildet, die zusammen mit den Larven alle anfallenden Arbeiten erledigen, außer der Verteidigung. Die Soldaten sind stärker sklerotisiert, haben oft viel größere Köpfe und zeichnen sich durch besonders kräftige Mandibeln (Kiefersoldaten) oder einen verlängerten Stirnfortsatz (Nasensoldaten, Drüsensoldaten, Nasuti) aus. In der Spitze des Stirnfortsatzes mündet eine große Stirndrüse, aus der zur Verteidigung ein Alarm- oder ein klebriges Wehrsekret ausgeschieden wird. Soldaten ernähren sich nicht selbstständig, sondern werden von den Arbeitern gefüttert.
 
Gewöhnlich einmal im Jahr verlassen junge Geschlechtstiere gemeinsam das elterliche Nest, bei großen Völkern in Form von massenhaftem Ausschwärmen. Nach kurzem Flug und anschließendem Flügelabwurf finden sich ein Weibchen und ein Männchen zusammen und suchen nach einem geeigneten Versteck für eine eigene Nestanlage, das meist in einer kleinen unterirdischen Höhlung oder auch im Holz liegt. Dort errichten sie eine Gründungskammer, in der auch die erste von zahlreichen Paarungen stattfindet. Königin und König bleiben lebenslang beisammen, vielfach bis zu zehn Jahren; dies v. a. bei Arten, die konzentrische Nester anlegen, in denen das Paar später in der zentral gelegenen Königinnenzelle eingemauert wird. Die ersten Nachkommen werden von dem Paar selbst aufgezogen, das sich mit der steigenden Zahl von Larven und Arbeitern schließlich nur noch dem Brutgeschäft widmet. Die Kernzelle ist umgeben von Kammern für Eier und junge Larven, weiter nach außen hin liegen die Kammern für ältere Larven und Geschlechtstiere und - falls vorhanden - für Pilzkulturen. Die nichtkonzentrischen Nester bestehen aus regellosen Gängen und Kammern; die Königin ist frei.
 
Das Baumaterial der Nester ist Erde, Holz und zerkautes Pflanzenmaterial, als Bindemittel dienen Speichel und Kot. Unterirdisch angelegte Nester ragen mit zunehmendem Alter über die Erdoberfläche hinaus, teils als ausladende Kuppeln, teils als zackige Hügel, teils als brettartige Bauten; die Nester sind zum Teil steinhart und können bis 7 m Höhe erreichen. Das Kleinklima in den Bauten wird relativ konstant gehalten. Viele Arten erreichen dies durch die Anlage von Kaminen, andere durch Transport von Wasser in den Bau, wo es durch Verdunstung kühlend wirkt; die Kompasstermiten Australiens richten die Längsachse des Nestes in genauer Nord-Südrichtung aus, wodurch eine Überhitzung der Bauten zur Mittagszeit vermieden wird. Baumbewohnende Arten errichten Kartonnester aus verklebten Pflanzenteilen.
 
Grundnahrung der Arbeiter sind cellulosehaltige Stoffe, besonders Holz, dessen Erschließung von Flagellaten unterstützt wird, die als Symbionten in einer Erweiterung des Enddarms leben. Larven, Geschlechtstiere und Soldaten werden von den Arbeitern mit Speicheldrüsensekret oder mit nährstoffreichem Kot gefüttert. Höher stehende Termiten, denen die Symbionten fehlen, ernähren sich von Pilzmyzel; die Pilze dazu werden in eigenen Pilzgärten auf zerkautem pflanzlichen Material gezüchtet. Termiten werden schädlich durch Zerfressen von Holz (Gebäude), Möbeln, Papier, Kulturpflanzen und Erntevorräten. Die Nester beherbergen oft »Gäste«, u. a. die Termitenfliegen.
 
Literatur:
 
Die T., hg. v. Hans Schmidt (Leipzig 1955);
 E. Ernst: Ordnung T., in: Grzimeks Tierleben, Bd. 2: Insekten (Neuausg. Zürich 1984);
 M. J. Pearce: Termites. Biology and pest management (New York 1997).
 

Universal-Lexikon. 2012.