Stabilitätsgesetz,
Stabilitäts- und Wachstumsgesetz, Abkürzung StWG, Kurzbezeichnung für Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, die gesetzliche Grundlage einer am Konzept des Keynesianismus orientierten antizyklischen Konjunkturpolitik. Das Stabilitätsgesetz vom 8. 6. 1967 verpflichtet in § 1 Bund und Länder, bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten; die Maßnahmen müssen im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und zum außenwirtschaftlichen Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen. Zur Erreichung dieser Ziele stehen einerseits Informations- und Koordinationsinstrumente, andererseits Steuerungsinstrumente im Sinne der Globalsteuerung zur Verfügung.
Informations- und Koordinationsinstrumente:
Die Bundesregierung muss jeweils im Januar einen Jahreswirtschaftsbericht vorlegen (§ 2 StWG), Orientierungsdaten für die konzertierte Aktion bereitstellen (§ 3 StWG), eine mittelfristige Finanzplanung durchführen (§ 9 StWG), mehrjährige Investitionsprogramme aufstellen (§ 10 StWG), alle zwei Jahre einen Subventionsbericht vorlegen (§ 12 StWG) und den Konjunkturrat für die öffentliche Hand bilden (§ 18 StWG). Auch die Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände soll den konjunkturpolitischen Erfordernissen entsprechen (§ 16 StWG).
Steuerungsinstrumente:
Die Bundesregierung hat das Recht, mit Zustimmung des Bundesrats durch VO Maßnahmen zu treffen, um eine Rezession zu überwinden oder einen Boom zu dämpfen. Hierzu zählen Änderungen der Einkommen- und Körperschaftsteuersätze um 10 % nach oben oder nach unten, die Bildung einer Konjunkturausgleichsrücklage bei Bund und Ländern und deren spätere Auflösung im Rahmen der Defizitfinanzierung sowie die Begrenzung der Neuverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden (»Schuldendeckel-VO«). Diese Rechte sollen eine raschere wirtschaftspolitische Reaktion ermöglichen, da die Verabschiedung spezieller Gesetze nicht nötig ist. Auch Maßnahmen zur Begrenzung oder Ausweitung öffentlicher Ausgaben (zum Teil über zusätzliche Kreditaufnahme) und zur Beschleunigung öffentlicher Investitionen sowie weitere steuerpolitische Maßnahmen (z. B. Festsetzung von Steuervorauszahlungen, Aussetzung von Sonderabschreibungen) sind vorgesehen.
Gegen das Stabilitätsgesetz wird vorgebracht, dass es die Erwartungen nicht erfüllt habe und oft Stabilitätspolitik mit anderen Instrumenten betrieben worden sei. Zuweilen wird auch eine Überarbeitung und Ergänzung des Stabilitätsgesetzes im Sinne neuer wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse gefordert, da die Steuerungsinstrumente des Stabilitätsgesetzes seit Mitte der 1970er-Jahre kaum noch benutzt wurden.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Finanzpolitik · Fiskalpolitik · Konjunktur · Stabilitätspolitik · Wachstum
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Konjunktur: Konjunkturpolitische Instrumente
Stabilitätsgesetz
Die Überwindung der wirtschaftlichen Rezession, die auf viele Menschen wie ein Schock gewirkt und Erinnerungen an die Weltwirtschaftskrise und ihre unglückseligen Folgen hervorgerufen hatte, war eine Hauptaufgabe der 1966 gebildeten Großen Koalition. Das »Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft« vom 8. Juni 1967 schuf die Voraussetzungen dazu, indem mit staatlichen Maßnahmen (Auftragsprogrammen) der negativen Entwicklung, die in die Krise geführt hatte, gegengesteuert wurde. Bund und Länder, die eine mittelfristige Finanzplanung zu erstellen hatten, wurden mit dem Gesetz auf die Ziele des »magischen Vierecks« verpflichtet: Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und wirtschaftliches Wachstum.
Durch eine Konjunkturausgleichsrücklage sollten in Zeiten des Nachfrageüberhanges Mittel eingebracht werden, die in einer Periode der Konjunkturabschwächung zur Wirtschaftsbelebung wieder freigegeben werden können. Die Bundesregierung hat seither jährlich im Januar einen Jahreswirtschaftsbericht vorzulegen, in dem die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung prognostiziert und zugleich zu dem jeweils zum 15. November erstellten Gutachten des Sachverständigenrates zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Stellung bezogen werden soll.
Mit dem Stabilitätsgesetz und den darin verankerten Einrichtungen wie der konzertierten Aktion und der Aufstellung eines Konjunkturrates für die öffentliche Hand vermochte die Regierung der Großen Koalition relativ rasch die Krise zu überwinden.
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Sta|bi|li|täts|ge|setz, das <o. Pl.>: Gesetz zur Konjunkturpolitik, durch das Bund u. Länder verpflichtet werden, bei ihren wirtschafts- u. finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten.
Universal-Lexikon. 2012.