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Sach|ver|stän|di|ger ['zaxfɛɐ̯ʃtɛndɪgɐ], der Sachverständige/ein Sachverständiger; des/eines Sachverständigen, die Sachverständigen/zwei Sachverständige:Person, die besondere Kenntnisse auf einem bestimmten Gebiet hat und in entsprechenden Fällen zur Beurteilung herangezogen wird:
ein vereidigter, öffentlich bestellter Sachverständiger; drei Sachverständige hatten dem Gericht ein Gutachten vorgelegt.
Zus.: Bausachverständiger, Schriftsachverständiger.
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Sạch|ver|stän|di|ge(r) 〈f. 30 (m. 29)〉 Fachmann od. Fachfrau, der bzw. die wegen seiner/ihrer Sachkenntnis von einem Gericht bei schwierigen Fragen zur Abgabe eines Gutachtens berufen wird
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Sạch|ver|stän|d|iger, der Sachverständige/ein Sachverständiger; des/eines Sachverständigen, die Sachverständigen/zwei Sachverständige:
1. (Rechtsspr.) jmd., der aufgrund seiner besonderen Sachkunde in einem gerichtlichen Verfahren als Gutachter auftritt:
ein vereidigter, öffentlich bestellter S.;
in einem Prozess als S. auftreten;
einen Sachverständigen hinzuziehen;
ein Beweis durch Sachverständige kann in allen Verfahrensarten erhoben werden.
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Sachverständiger,
(natürliche) Person, die auf einem bestimmten Sachgebiet eine besondere Sachkunde aufweist. Diese Sachkunde muss sich durch überdurchschnittlichen Kenntnisse und Erfahrungen im betreffenden Sachbereich auszeichnen. Aufgrund dieser Eigenschaften soll der Sachverständige - in der Regel durch Erstellung eines Gutachtens - bestimmte Feststellungen treffen.
Im gerichtlichen Beweisverfahren stellt der Sachverständige seine Sachkunde dem Gericht unabhängig und unparteiisch zur Verfügung. Ein solcher Sachverständigenbeweis, auf den grundsätzlich die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen anwendbar sind, ist in allen Verfahrensordnungen vorgesehen und üblich, z. B. §§ 402 ff. ZPO. Dort wird ein Sachverständiger zugezogen, um Erfahrungssätze zu vermitteln, Schlussfolgerungen aus einem Sachverhalt (z. B. auf bestimmte Ursachen) zu ziehen oder besonders schwierige Feststellungen zu treffen. Der Sachverständige wird vom Gericht ausgewählt, in erster Linie aus dem Kreis der öffentlich bestellten Sachverständigen; Einzelheiten der Bestellung ergeben sich aus § 36 Gewerbeordnung. Der öffentlich bestellte Sachverständige ist verpflichtet, für das Gericht tätig zu werden, sofern ihm nicht ein Verweigerungsrecht (z. B. § 408 ZPO) zusteht. Er kann gegebenenfalls wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Sachverständige unterliegt der Leitung und Weisung des Gerichts, dessen Gehilfe er ist; er darf keineswegs anstelle des Gerichts ermitteln oder den Auftrag auf einen anderen übertragen. Das Gutachten des Sachverständigen kann mündlich oder schriftlich erstattet werden. Ihm steht für seine Tätigkeit eine Entschädigung (Vergütung nach Zeitaufwand, Fahrtkosten, Aufwendungsersatz) nach dem Gesammelten über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung vom 1. 10. 1969 zu. Vom Sachverständigen zu unterscheiden ist der »sachverständige Zeuge« (§§ 414 ZPO, 85 StPO), der nicht als Sachverständiger, sondern als Zeuge über Tatsachen aussagt, die er aufgrund besonderer Sachkunde hat wahrnehmen können. - Bei Beauftragung außerhalb gerichtlicher Verfahren schließt er einen Werkvertrag mit dem Auftraggeber, der die (frei) vereinbarte, sonst die übliche Vergütung zu zahlen hat.
Interessenvertretung von Sachverständigen ist der »Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V.« (Sitz: Bonn), der Sachverständige in nahezu allen Bereichen des Rechts- und Wirtschaftslebens vertritt. Verzeichnisse von Sachverständigen werden u. a. bei den Handwerkskammern sowie den Industrie- und Handelskammern geführt. Für bestimmte Sachverständige bestehen landesrechtliche Sondervorschriften hinsichtlich ihrer Bestellung, Befugnisse und Pflichten.
Die Regelungen des österreichischen Prozessrechts (besonders §§ 351 ff. ZPO) über den Sachverständigen sind mit denjenigen des deutschen Rechts vergleichbar. - In der Schweiz richtet sich die Stellung des Sachverständigen nach den eidgenössischen und kantonalen Prozessordnungen.
Im weiteren Sinn sind Sachverständige diejenigen Personen, die im politisch-administrativen Bereich Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungsprozesse nehmen. Diese häufig auch als »Experten« oder »Gutachter« apostrophierten Sachverständigen sind nicht notwendig öffentlich bestellte Sachverständige. Sie stammen in der Regel aus einem Kreis von Wissenschaftlern und Technikern oder sind Interessierte eines speziellen Gebiets, auf dem sie nachgewiesene Fachkenntnisse besitzen oder durch Veröffentlichungen oder Stellungnahmen hervorgetreten sind. In einer durch Wissenschaft und Technik geprägten Welt, in der die für das Leben des Einzelnen und die Sicherheit der Allgemeinheit relevanten Sachverhalte immer weniger durchsichtig und abschätzbar sind, hat diese Personengruppe eine stetig wachsende Bedeutung erlangt. Das Forum, auf dem sie ihre Stellungnahmen unterbreiten, sind z. B. Hearings, institutionalisierte Anhörungen (z. B. im Rahmen von Planfeststellungsverfahren) oder öffentlichen Diskussionen. Von gerichtlichen Sachverständigen unterscheiden sie sich besonders dadurch, dass sie nicht Entscheidungshilfe durch Bewertung abgeschlossener Sachverhalte liefern, sondern dass sie zu bestimmten Projekten (z. B. einem Lager für giftige Abfälle) Folgenabschätzung und Folgenbewertung vornehmen. Während in den zurückliegenden Jahrzehnten das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Qualität der von Sachverständigen vorgelegten Ergebnisse groß war, ist es angesichts divergierender Urteile verschiedener Sachverständiger zu gleichen Fragen einer deutlichen Skepsis, zuweilen sogar einer Ratlosigkeit gewichen.
Der S. in der Praxis, hg. v. C. R. Wellmann u. a. (51988);
D. Wandschneider: Das Gutachtendilemma in: Verantwortung in Wiss. u. Technik, hg. v. M. Gatzemeier (1989);
W. Klocke: Der S. u. seine Auftraggeber (31995);
Praxis-Hb. Sachverständigenrecht, bearb. v. W. Bayerlein u. a. (21996).
Universal-Lexikon. 2012.