Rameau
[ra'moː], Jean-Philippe, französischer Komponist, Organist und Musiktheoretiker, getauft Dijon 25. 9. 1683, ✝ Paris 12. 9. 1764; war Organist in Avignon, Clermont-Ferrand, Dijon, Lyon und Paris, wurde 1733 Musikmeister im Privattheater des Generalpächters der Steuern, Alexandre Joseph Le Riche de la Poupelinière (* 1693, ✝ 1762), und begann mit dessen Unterstützung seine erfolgreiche Karriere als Opernkomponist. 1745 ernannte ihn Ludwig XV. zum Compositeur du cabinet du roy. Im Buffonistenstreit gehörte Rameau zu den Gegnern der Opera buffa und aller italienischen Strömungen in der französischen Musik.
In seinen Opern knüpfte Rameau bewusst an die »Tragédie lyrique« J.-B. Lullys an, differenzierte und modernisierte jedoch deren Ausdrucksmittel. Der Gesang bleibt wesentlich an der Sprache orientiert und wechselt oft frei zwischen rezitativ. und ariosen Formen. Das Orchester erhält starken Anteil am dramatischen Geschehen. Auch der Chor bildet oft ein tragendes musikdramatisches Element. Balletteinlagen unterbrechen vielfach die Handlung.
Eine Reihe von Werken weisen schon im Titel auf die Dominanz des höfischen Tanzes (»Opéra-ballet«) oder gehören teils heiteren (»Comédie-ballet«), teils pastoralen Mischgattungen an. Bereits 1706 veröffentlichte Rameau erste Cembalowerke, denen weitere Sammlungen folgten. Es sind Tänze und Charakterstücke, häufig mit Überschriften versehen, galante, affektvolle, virtuose Beispiele französischer Rokokomusik. Kantaten und Motetten ergänzen sein vokal-instrumentales Schaffen.
In seinen musiktheoretischen Schriften wurde Rameau zum Begründer der neueren Harmonielehre. Die Bestimmung von Akkorden nach ihrem Grundton, die Akkordbeschreibung als Terzenaufbau, die Unterscheidung von Grundstellung und Umkehrungen und die tonale Ordnung nach Hauptfunktionen (Tonika, Dominante, Subdominante) gehen auf ihn zurück.
Weitere Werke: Bühnenwerke: Hippolyte et Aricie (1733); Les Indes galantes (1735); Castor et Pollux (1737); Les fêtes d'Hébé (1739); Dardanus (1739, revidiert 1744); Les surprises de l'amour (1748, revidiert 1759); Daphnis et Églé (1753).
Klavierwerke: Pièces de clavecin (1706; 1724, 21731; um 1728; 1747); Pièces de clavecin en concerts (1741, 21752).
Schriften: Traité de l'harmonie réduite à ses principes naturels (1722); Nouveau système de musique théorique (1726).
Ausgaben: Œuvres complètes, herausgegeben von C. Saint-Saëns und anderen, 18 Bände (1895-1924, Nachdruck 1968); Pièces de clavecin en concerts, herausgegeben von E. R. Jacobi (Neuausgabe 1976).
Complete theoretical writings, herausgegeben von derselben, 6 Bände (1967-72).
J. A. J. Écorcheville: De Lulli à R., 1690-1730 (Paris 1906, Nachdr. Genf 1970);
M. M. Keane: The theoretical writings of J.-P. R. (Washington, D. C., 1961);
H. Pischner: Die Harmonielehre J.-P. R.s. Ein Beitr. zur Gesch. des musikal. Denkens (Leipzig 21967);
C. M. Girdlestone: J.-P. R. (Neuausg. New York 1969);
C. Kintzler: J.-P. R. (Paris 21988);
D. H. Foster: J.-P. R. A guide to research (New York 1989);
R. Klingsporn: J.-P. R.s Opern im ästhet. Diskurs ihrer Zeit. Opernkomposition, Musikanschauung u. Opernpublikum in Paris 1733-1753 (1996).
Universal-Lexikon. 2012.