Saint-Saëns
[sɛ̃'sãs], Camille, französischer Komponist, * Paris 9. 10. 1835, ✝ Algier 16. 12. 1921; konzertierte als Zehnjähriger mit anspruchsvollen Klavierprogrammen, studierte ab 1848 am Pariser Conservatoire Orgel bei François Benoist (* 1794, ✝ 1878) und Komposition bei F. Halévy. Er wirkte als Organist an den Kirchen Saint-Merry (seit 1853) und Madeleine (seit 1857) und erlangte großes Ansehen als Orgelinterpret und -improvisator. 1861-65 lehrte er an der École Niedermeyer, wo G. Fauré zu seinen Schülern gehörte. 1871 gründete er mit Romain Bussine (* 1830, ✝ 1899) die Societé Nationale de Musique, um v. a. junge französische Komponisten zu fördern. Saint-Saëns' Musik zeigt stilistische Vielfalt und Variabilität, ist jedoch in Grundzügen orientiert am Vorbild der Wiener Klassik und der deutschen Romantik. Saint-Saëns vermittelte in Frankreich ein vertieftes Verständnis der Werke J. S. Bachs, G. F. Händels und W. A. Mozarts, aber auch R. Schumanns und R. Wagners. Seine sinfonischen Dichtungen dokumentieren den prägenden Einfluss F. Liszts und die Auseinandersetzung mit neuen Ausdrucksmitteln und Gattungstendenzen. Der Höhepunkt im Schaffen Saint-Saëns' liegt in den 1870er- und 80er-Jahren. In dieser Zeit entstanden bedeutsame Werke, die die frühen Produktionen weit überragen. Wesentlich hierbei ist, dass Saint-Saëns nicht nur auf dem (das Pariser Musikleben weitgehend bestimmenden) Gebiet der Oper, sondern auch im sinfonischen, konzertanten und kammermusikalischen Bereich Kompositionen schuf, die richtungweisend für die Entwicklung der französischen Musik des späten 19. Jahrhunderts wurden. Er war ein fruchtbarer Musikschriftsteller und eine in verschiedenen sprachlichen und naturwissenschaftlichen Disziplinen fachlich versierte und universal gebildete Persönlichkeit.
Saint-Saëns schrieb 13 Opern, darunter »Samson et Dalila« (1877), »Étienne Marcel« (1879), »Henri VIII« (1883), »Ascanio« (1890); fünf Sinfonien (3. Sinfonie c-Moll, 1886; mit Orgel); vier sinfonische Dichtungen (u. a. »La danse macabre«, 1875); Violin-, Cello- und Klavierkonzerte, Kammermusik, Orgel- und Klaviermusik; »Messe solennelle« (1856), Oratorium »Le déluge« (1875), Requiem (1878). Seine gesammelten Aufsätze erschienen als »Harmonie et mélodie« (1885, deutsch »Harmonie und Melodie«) und »École buissonnière« (1913).
J. Bonnerot: C. S.-S. (1835-1921), sa vie et son œuvre (Paris 21924);
A. Dandelot: La vie et l'œuvre de S.-S. (ebd. 1930);
G. Servières: S.-S. (ebd., 21930);
J. Harding: S.-S. and his circle (London 1965);
M. Stegemann: C. S.-S. u. das frz. Solokonzert von 1850 bis 1920 (1984);
M. Stegemann: C. S.-S. (9.-11. Tsd. 1993).
Universal-Lexikon. 2012.