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Prager Schule
Prager Schule,
 
funktionẹlle Linguịstik, Funktionalịsmus, einflussreiche Richtung in verschiedenen Bereichen der Geisteswissenschaften, auch Prager Strukturalịsmus (Strukturalismus) genannt, hervorgegangen aus dem »Prager Linguistenkreis« (Cercle linguistique de Prague), der 1926 auf Initiative des Anglisten Vilém Mathesius (* 1882, ✝ 1945) gegründet worden war. Dieser knüpfte an die Auffassungen von F. de Saussure, K. Bühler und des russischen Formalismus an. Im Unterschied zu Saussure wurde die Antinomie von Langue und Parole sowie von Diachronie und Synchronie abgelehnt. Die Prager Schule, der v. a. R. O. Jakobson, N. S. Trubezkoj und J. Mukařovský angehörten, stellte den Begriff der Funktion und die funktionale Analyse des Sprachsystems (verstanden als System zielgerichteter, kommunikativen Zwecken dienender Ausdrucksmittel) und anderer Zeichensysteme in den Vordergrund. Eine erste Begründung erfuhr das Wirken des Prager Linguistenkreises in den 1929 zum I. Internationalen Slawistenkongress herausgegebenen Thesen. 1929-39 erschienen acht Bände der Zeitschrift »Traveaux du Cercle Linguistique de Prague«; 1935 wurde die Zeitschrift »Slovo a Slovestnost« Organ des Kreises. Bedeutung erlangten die Arbeiten der Prager Schule v. a. auf dem Gebiet der Phonologie und Morphologie, der funktionalen Satzperspektive, ferner - aufgrund der Betonung der unlöslichen Verbindung von Sprach- und Literaturwissenschaft - der Stilistik, der Ästhetik, der Literatursprache und -theorie sowie der allgemeinen Theorie der Zeichen, womit sie großen Einfluss auf die moderne Semiotik ausübten.
 
Literatur:
 
J. Vachek u. J. Dubský: Dictionnaire de linguistique de l'École de Prague (Utrecht 31970);
 
Grundlagen der Sprachkultur. Beitrr. der Prager Linguistik zur Sprachtheorie u. Sprachpflege, hg. v. J. Scharnhorst u. a, 2 Bde. (1976-82);
 
The Prague School. Selected writings, 1929-1946, hg. v. P. Steiner (Austin, Tex., 1982);
 
The Prague school and its legacy in linguistics, literature, semiotics, folklore, and the arts, hg. v. Y. Tobin (Amsterdam 1988);
 
P. S. Kontinuität u. Wandel, hg. v. W. F. Schwarz u. a. (1997).

Universal-Lexikon. 2012.