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Ministerialen
I
Ministerialen
 
Das Wort »Ministeriale« ist abgeleitet von »ministerium« = Dienst und bezeichnet Menschen, die durch besondere Dienste ihre Rechtsstellung verbessert haben und gesellschaftlich aufgestiegen sind. Im Mittelalter gab es keine »Gleichheit vor dem Gesetz«; jeder Mensch hatte seinen eigenen Rechtsstand, der im frühen Mittelalter vor allem durch die Geburt bestimmt war. In den Grundherrschaften von König, Adel und Kirche lebten und arbeiteten Menschen, die von Geburt her »frei« waren, neben solchen, die von »unfreien« Eltern abstammten und deshalb auch selbst unfrei waren. Die Lebensbedingungen der Freien waren in der Regel besser als die der Unfreien, über die der Grundherr die volle Disziplinar- und Verfügungsgewalt hatte. Seit dem frühen 11. Jahrhundert gab es eine Gruppe, die sich nicht nur durch eine eigene Bezeichnung - Ministeriales - abhob, sondern auch durch ein eigenes Recht, das ihnen gegenüber anderen Angehörigen der jeweiligen Grundherrschaft besondere Vorrechte sicherte. Die Salier und Staufer haben Königs- bzw. Reichsministerialen vielfältige Aufgaben im Königsgut und im Reichsdienst übertragen und versucht, die Ministerialen als Gegengewicht gegen den stets selbstbewussten und selbstherrlichen Adel einzusetzen. Aber auch für die adligen und kirchlichen Grundherren hatten die Ministerialen so große Bedeutung, dass sie sie als Entlohnung für ihre Dienste mit einem Dienstgut, mit eigenem Grundbesitz also, ausstatteten, für das die Ministerialen im Gegensatz zu den anderen Angehörigen der Grundherrschaft keine Abgaben und keine Frondienste leisten mussten. Schon diese bevorzugte Form der Landleihe näherte die ministerialischen Dienstlehen den echten adeligen Lehen an, erlaubte den Ministerialen oft einen adeligen Lebensstil. Die Ministerialen dienten ihren Herren auf vielfältige Weise: in der Verwaltung - etwa der aufblühenden Städte -, als Kaufleute, als Boten und Gesandte mit besonderen Aufträgen und auch als berittene Krieger, als Ritter, wobei sie mit der Kampfesweise auch adelig-ritterliche Lebensform annahmen. Die Könige haben versucht, aus den Ministerialen als weisungsgebundenen Bediensteten eine Art Reichsbeamtenschaft aufzubauen. Die Schwäche des Königtums im Thronstreit hat dazu beigetragen, dass dieser Versuch scheiterte. Die Ministerialen gehörten im Gesellschaftsaufbau des Spätmittelalters zum niederen Adel.
 
II
Ministerialen
 
[mittellateinisch, zu lateinisch ministerialis »im (kaiserlichen) Dienst Stehender«, »Beamter«], Singular Ministeriale der, -n, Mạnnen, im Heiligen Römischen Reich die Oberschicht ursprünglich unfreier Dienstmannen (Dienstleute) im Hof-, Verwaltungs- und Kriegsdienst; seit dem 11. Jahrhundert ritterlich lebende Dienstleute mit eigener oder delegierter Herrschaft sowie politischem Einfluss (u. a. Ausübung der Hofämter). Mit dem zunehmenden Bedarf an Hof-, Verwaltungs- und Kriegsdiensten (etwa im Investiturstreit) sowie der Festlegung ihrer zunächst unbestimmten Pflichten und Rechte in salischer Zeit (1024-1125) wurden die Ministerialen ein neuer, vielfältig differenzierter Stand. Sie erhielten (nicht vererbbare) »Dienstlehen« und leisteten dafür, erst für geistliche Herren, ritterliche Dienste. Seit König Konrad II. (1024-39) wurden sie als Vögte oder Burggrafen und Landrichter zur Verwaltung des Reichsguts und, in den Landesherrschaften, der Landesgüter herangezogen; als Reichsministerialen stützten sie die salische und besonders die staufische Reichspolitik. Im 12. Jahrhundert setzte ein Angleichungsprozess an den Stand der Edelfreien (Vasallen) ein. Die Reste der Unfreiheit schwanden allmählich, die Dienstlehen wurden zu echten (erblichen) Lehen, auch weil häufig verarmte Edelleute unter Vorbehalt ihrer Freiheitsrechte freiwillig in den Ministerialenstand übertraten. Da die Ministerialen seit dem 13./14. Jahrhundert im niederen Adel aufgegangen waren, bildeten sie seit Beginn des 15. Jahrhunderts den Kern des Ritterstandes. - Neuere Forschung betont die Vielfalt in der Formierung der Ministerialen und Zusammenhänge mit Entwicklungen in karolingischer und ostfränkischer Zeit.
 
Literatur:
 
K. Bosl: Die Reichsministerialität der Salier u. Staufer, 2 Bde. (1950-51, Nachdr. 1979);
 Die Salier u. das Reich, hg. v. S. Weinfurter u. a., Bd. 3 (1990).
 

Universal-Lexikon. 2012.