Khomeini
[xɔ'meɪni; nach seinem Geburtsort], Chomeini, Ruhollah Mussawi Hendi, iranischer Schiitenführer (Ayatollah), Gründer der Islamischen Republik Iran, * Khomein (Zentralprovinz) 17. 5. 1900, ✝ Teheran 3. 6. 1989; stammt aus einer alten Gelehrtenfamilie, studierte v. a. islamisches Recht und erwarb die Fähigkeit zur Auslegung des Rechts auf der Grundlage des Korans. Politisch bekämpfte Khomeini schon früh die Reformen Resa Schahs und Mohammed Resas, die er als Versuch der systematischen Zerstörung der islamischen Kultur wertete. Er klagte diese Herrscher der diktatorischen Machtausübung und der Abhängigkeit von ausländischen (v. a. nichtislamischen) Mächten an. 1963 wurde er verhaftet, 1964 des Landes verwiesen (Exil in Irak). Seit 1978 in Frankreich, steuerte Khomeini von dort eine Aufstandsbewegung gegen den Schah und kehrte nach dessen Sturz am 1. 2. 1979 nach Iran zurück. Nach Einsetzung eines Revolutionsrates und einer ihm ergebenen Regierung baute Khomeini ein Gesellschafts- und Regierungssystem auf, das sich - auf der Basis einer fundamentalistisch bestimmten Deutung des Korans - streng an islamischen Grundsätzen ausrichtete. Am 1. 4. 1979 rief er in Kum (Ghom) die »Islamische Republik Iran« aus. Im Zuge einer als Revolution verstandenen, auch unter Anwendung von Gewalt durchgeführten Neuordnung von Verwaltung und Wirtschaft, von Erziehungs- und Rechtswesen suchte Khomeini den Islam als allein maßgebliche Kraft durchzusetzen. In der Verfassung vom Dezember 1979 legte er die führende Rolle der schiitischen Geistlichkeit fest und fügte - gestützt auf die schiitische Auffassung vom Imamat - das Amt des »Fakih« (Führer der Nation) als letzte Instanz in allen politischen und religiösen Fragen ein. Er selbst übernahm diese Rolle.
Gestützt auf ihm ergebene Kräfte (besonders die islamischen »Revolutionswächter«) und ihm dienende Institutionen (besonders revolutionäre Schnellgerichte) ließ er die Repräsentanten der Monarchie, religiös und politisch anders Denkende (z. B. Angehörige der Bahai-Religion) inhaftieren und viele von ihnen hinrichten. Im Streit zwischen gemäßigten und radikalen Verfechtern der Islamisierung von Staat und Gesellschaft unterstützte er die Letzteren und trug damit entscheidend zur Radikalisierung des Systems der »Islamischen Republik« bei. Im Februar 1989 rief er alle Muslime zur Ermordung des Schriftstellers S. Rushdie auf, dessen Roman »Satanische Verse« er als Herabsetzung des Islam verurteilte.
In unterschiedlicher Akzentuierung war auch die Außenpolitik Khomeinis von ideologischen Gesichtspunkten bestimmt; er vollzog v. a. einen radikalen Bruch des Iran mit den USA. Die Besetzung der US-Botschaft in Teheran (4. 11. 1979-20. 1. 1981, »Geiselaffäre«) stellte er als revolutionäre Tat heraus. In der islamischen Welt gewann er als charismatischer Führer der iranischen »Revolution« eine große Anhängerschaft. Im Nahostkonflikt entwickelte er sich zu einem der entschiedensten Gegner Israels. Er bekämpfte besonders das sozialistisch-laizistische Regime in Irak. Nach dessen Angriff auf Iran (September 1980, 1. Golfkrieg) bestimmten neben militärisch-politischen Gesichtspunkten sehr stark religiöse Gesichtspunkte die Formulierung seiner Kriegsziele (Auflösung des als »gottlos« betrachteten Regierungssystems unter Präsident Saddam Husain in Irak); 1988 willigte er in einen Waffenstillstand ein.
A. Taheri: Chomeini u. die islam. Revolution (a. d. Engl., 1985);
F. Riyahi: Ayatollah K. (1986);
B. Nirumand u. K. Daddjou: Mit Gott für die Macht. Eine polit. Biogr. des Ayatollah Chomeini (1987).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Fundamentalismus: Islamischer Fundamentalismus
Universal-Lexikon. 2012.