Altkatholiken,
Alt-Katholiken, Katholiken, die sich wegen der Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit und des päpstlichen Jurisdiktionsprimats durch das 1. Vatikanische Konzil (1870) von der katholischen Kirche getrennt und selbstständige Bistümer in Europa und Nordamerika gebildet haben. Die altkatholische Kirche in Deutschland formierte sich nach dem 1. altkatholischen Kongress in München (1871). Führende Persönlichkeiten waren I. von Döllinger und J. F. von Schulte. 1873 wurde J. H. Reinkens zum Bischof gewählt und durch einen Bischof der schon 1723 von Rom getrennten Utrechter Kirche in Rotterdam geweiht. Die Altkatholiken bekennen sich zum Glauben der alten ungeteilten Kirche des 1. Jahrtausends (Anerkennung des Ehrenprimats des Bischofs von Rom, Festhalten an den dogmatischen Aussagen der ersten sieben Konzile, Anerkennung der Siebenzahl der Sakramente; Ablehnung des Pflichtzölibats für Diakone, Priester und Bischöfe). Laien haben Mitspracherecht auf der Veranstaltungsebene von Pfarrgemeinde und Diözese. Volle Sakramentsgemeinschaft besteht seit 1931 mit der Anglikanischen Kirchengemeinschaft, seit 1965 mit der »Philippinischen Unabhängigen Katholischen Kirche«, mit der »Lusitanisch-Katholischen Kirche« Portugals und mit der »Spanischen Reformierten Episkopalkirche«; mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurde 1985 eine »gegenseitige Einladung« zum Abendmahl vereinbart. Mit der katholischen Kirche in Deutschland besteht seit 1999 eine Vereinbarung, die im Falle des Übertritts die Übernahme von katholischen beziehungsweise altkatholischen Geistlichen in den Dienst der anderen Kirche regelt. 1994 beschloss die Synode der altkatholischen Kirche in Deutschland die Zulassung von Frauen zum geistlichen Amt, womit erstmals in einer altkatholischen Kirche die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und auch Bischöfinnen möglich wurde. Am Pfingstmontag 1996 wurde in Konstanz erstmals zwei Frauen die Priesterweihe erteilt. Seither wurden Frauen auch in den altkatholischen Kirchen Österreichs (1998), der Niederlande (1999) und der Schweiz (2000) zu Priesterinnen geweiht, nachdem die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz 1997 die Zulassung von Frauen zum Priesteramt in die Vollmacht ihrer Mitgliedskirchen (Utrechter Union) gestellt hatte.
Gegenwärtig (2001) hat die altkatholische Kirche in Deutschland rd. 25 000 Mitglieder. Bischofssitz ist Bonn mit altkatholischem Priesterseminar, Bischof seit 1995 Joachim Vobbe (* 1947). In der Schweiz entstand 1872 die »Christkatholische Kirche der Schweiz« (Bischofssitz Bern; rd. 12 000 Mitglieder), in Österreich 1871 die »Altkatholische Kirche in Österreich« (Bischofssitz Wien; rd. 18 000 Mitglieder). Zur 1897 gegründeten »Polish National Church of America« gehören rd. 360 000 Mitglieder. Weltweit gibt es über 6 Mio. Altkatholiken, davon rd. 500 000 in den Kirchen der Utrechter Union.
J. F. v. Schulte: Der Altkatholizismus (1887, 1965);
U. Küry: Die altkath. Kirche (1966);
W. Krahl: Ökumen. Katholizismus. Alt-kath. Orientierungspunkte u. Texte. .. (1970);
Konfessionskunde, hg. v. F. Heyer (1973);
G. Kirchgeßner: Fakten und Impulse. Leitf. für alte u. neue A. (1992);
H. J. van der Minde: Für ein offenes Christentum (1994);
Kirche für Christen heute. Eine Information über die alt-kath. Kirche, hg. v. Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit im kath. Bistum der A. in Dtl. (1994);
J. Wenge: Bewegung in Kirche, Kirche in Bewegung. 125 Jahre Kath. Bistum der A. in Dtl. (1999).
Christen heute. Alt-Kath. Kirchenzeitung (1957 ff.).
Universal-Lexikon. 2012.