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Konvergenztheorie
Kon|ver|gẹnz|the|o|rie, die (Politik):
Theorie, die eine allmähliche Annäherung kapitalistischer u. sozialistischer Industriestaaten aufgrund des Umstandes annimmt, dass beide, unabhängig von ihren verschiedenen politischen Systemen, mit den gleichen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind.

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Konvergẹnztheorie,
 
1) Psychologie: von W. Stern zum Prinzip erhobene Theorie, nach der die psychische Individualentwicklung (Intelligenz) als Zusammenwirken von Anlage und Umwelt (Anlage) zu begreifen ist.
 
 2) Völkerkunde: der Versuch, parallele Kulturerscheinungen in verschiedenen Gebieten der Erde durch die Annahme zu erklären, dass eine ähnliche Umwelt auch ähnliche Kulturelemente hervorbringe, eine Übertragung (etwa durch Diffusion) ausgeschlossen; in abgewandelter Form in der Milieutheorie weitergeführt.
 
 3) Wirtschaft und Politik: Ende der 50er-Jahre in den USA entstandenes Denkmodell, das von ökonomischen und sozialstrukturellen Tendenzen einer gegenseitigen Angleichung (Konvergenz) zwischen Kapitalismus und Sozialismus ausging. Bestimmte Funktionsabläufe und Strukturen einer Industriegesellschaft in politisch-ideologisch gegensätzlichen (divergenten) Systemen erzwingen danach die Angleichung zu einem einheitlichen Gesellschaftstyp. Der Begriff Konvergenz wurde zum ersten Male von P. A. Sorokin verwendet, der Ähnlichkeiten zwischen den Gesellschaftssystemen der USA und der UdSSR festzustellen glaubte. J. Tinbergen und J. K. Galbraith sahen in den kapitalistischen Ländern eine ständige Zunahme staatlicher Planung und eine zunehmende Bedeutung des Staatssektors auf Kosten des privaten Sektors, in den marxistisch-leninistisch beeinflussten Staaten eine wachsende Beachtung der »Marktrationalität« und die Anerkennung der ökonomischen Rolle von Geld und Zins um der höheren Effizienz der Wirtschaft willen.
 
Hauptansatzpunkte der Konvergenztheoretiker waren: 1) der wissenschaftlich-technische Fortschritt beider Gesellschaftssysteme und die damit ermöglichte Massenproduktion langlebiger Konsumgüter; 2) fortschreitende Arbeitsteilung und Verwissenschaftlichung des Berufslebens; 3) Urbanisierung; 4) Entstehung einer technokratischen Führungsschicht, die im Entscheidungsprozess ein starkes Maß an Autonomie gewinnt, im sozialistischen System gegenüber den politisch-ideologischen Führungskadern, im marktwirtschaftlichen System gegenüber den Kapitaleignern (Galbraith fand dafür den Begriff der »Technostruktur«); 5) verwandte Planungsmethoden und Wirtschaftlichkeitsrechnungen; 6) Konvergenz der Bildungssysteme und Lerninhalte; 7) Anerkennung ökonomisch-technischer »Sachzwänge«.
 
Bei der Betonung vergleichbarer Merkmale wurden jedoch grundlegende Eigenschaften beider Systeme (z. B. Eigentumsfrage, Form der Gewinnaneignung, Marktmechanismus) außer Acht gelassen. Besonders der Neoliberalismus und der Marxismus-Leninismus lehnten die Konvergenztheorie ab. Durch den Zusammenbruch fast aller sozialistischen Systeme hat die Konvergenztheorie ihre Relevanz verloren.
 
Literatur:
 
P. A. Sorokin: Russia and the United States (New York 1944);
 P. A. Sorokin: The basic trends of our times (New Haven, Conn., 1964);
 H. Meißner: K. u. Realität (1971);
 J. K. Galbraith: Die moderne Industriegesellschaft (a. d. Engl., 55.-59. Tsd. 1974);
 R. Krauss: Intersystemare Kooperation u. Anpassungsprozesse zw. westl. u. östl. Wirtschaftssystemen (1980);
 O. Šik: Wirtschaftssysteme. Vergleiche, Theorie, Politik (1987);
 H. Leipold: Wirtschafts- u. Gesellschaftssysteme im Vergleich (51988).

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Kon|ver|gẹnz|the|o|rie, die (Politik): Theorie, die eine allmähliche Annäherung kapitalistischer u. sozialistischer Industriestaaten aufgrund des Umstandes annimmt, dass beide, unabhängig von ihren verschiedenen politischen Systemen, mit den gleichen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind.

Universal-Lexikon. 2012.